Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
Lord Bradford dich gebeten hat, auf seine Tochter aufzupassen, will mir vorkommen, als hätte er einen Fuchs beauftragt, den Hühnerstall zu hüten. Es ist ohne jede Vernunft, nicht mehr und nicht weniger. Es gibt nur einen Grund, der plausibel erscheint: Dass du die Absicht hast, sie zu heiraten.«
» Nun, tut mir leid, dass ich dich enttäuschen muss, Mutter. Ich hege nicht die Absicht, in nächster Zeit zu heiraten. Und ich kann dir versprechen, wenn ich es tue, dann garantiert nicht eine Frau wie Lady Amelia Bertram.«
Die Brauen der Viscountess hoben sich. » Und was wäre so falsch daran?«
Die Falle war so geschickt aufgestellt worden, dass Thomassie nicht bemerkte, bis er hineintappte. Er lächelte zögerlich.
» Das ist eine Frage, die du mir ganz einfach auch ohne dieses Vorgeplänkel von wegen Heirat hättest stellen können.«
Lady Armstrong lächelte, sah nicht im Geringsten zerknirscht aus. » Bei einer direkten Frage wärst du mir ständig ausgewichen. Wie du es immer tust, wenn ich mich nach den Frauen in deinem Leben erkundige.«
» Amelia Bertram gehört keinesfalls zu den Frauen in meinem Leben. Sie ist lediglich die Tochter eines Freundes. Und die Frau meines Lebens lernst du kennen, sobald ich sie gefunden habe– dann, wenn ich heiraten will.«
» Nun, kannst du mir zumindest erklären, was sich zwischen euch beiden abspielt?«, fragte seine Mutter hartnäckig.
» Nichts weiter«, erwiderte Thomas und rutschte in seinem Sessel unbehaglich hin und her. » Und ich glaube, ich habe dir bereits erklärt, in welcher Zwickmühle Harry Bertram mit seiner Tochter steckt.«
Die Viscountess neigte den Kopf zur Seite und schaute ihn so an, wie sie es bereits in seiner Kindheit zu tun pflegte, wenn sie ihm ein Geständnis entlocken wollte. Aber das war lange her.
» Ja. Aber warum werde ich den Eindruck nicht los, dass du die entscheidenden Einzelheiten geflissentlich verschweigst?«
Thomas zuckte die Schultern, nahm das Glas und trank vorsichtig einen Schluck. » Ich weiß nicht, was du meinst. Es gibt sonst nichts zu sagen.«
Die Viscountess hörte nicht auf, ihn aufmerksam und mit zweifelnder Miene zu beobachten. » Nachdem ich sie gesehen habe, bin ich überaus geneigt zu glauben, dass ihr Vater kaum jemand Besseren hätte finden können, um sich um sie zu kümmern. Obwohl ich wusste, dass sie recht hübsch sein soll, war ich überrascht, dass sie zudem so… selbstbewusst wirkt. Eigentlich nicht gerade eine junge Frau, die man unter solch strenge Aufsicht stellen muss.« Sie schwieg eine Weile, bevor sie weitersprach.
» Und was hat es zu bedeuten, dass sie ohne Anstandsdame reist? Du weißt doch, dass ich euch zwei hier nicht guten Gewissens allein lassen kann. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was die Leute sagen.«
Thomas schlug die Beine übereinander und lehnte sich im Sessel zurück. » Ja, das stimmt. Damit habe auch ich nicht gerechnet. Aber keine Angst, vor deiner Abreise finde ich bestimmt noch eine angemessene Aufsicht für sie.«
Die Schwierigkeit bestand nicht darin, jemanden zu finden, sondern diese Heilige auch zu halten, nachdem sie Amelia kennengelernt hatte. Natürlich gab er sich nicht der Illusion hin, dass es sich um eine einfache Aufgabe handelte. Wie hatte Harry ihn nur in diese Lage manövrieren können, ohne ein Wort darüber zu verlieren, dass die Anstandsdame ausfiel?
Um seine Mutter zu beruhigen, fügte er hinzu: » Jedenfalls werde ich dafür sorgen, dass Amelia als dein Gast erscheint«, sagte er.
» Aber in vier Wochen reise ich ab.«
» Eine unvorhersehbare Unpässlichkeit, die sie daran hindert, sich dir und den Mädchen auf der Reise nach Amerika anzuschließen. Überraschend für ihren Vater, der sie dort erwartet hat. So werden wir es einfach darstellen.«
Als die Viscountess ihn anschaute, entdeckte er in ihren grünen Augen ein Flackern, das er nicht recht einordnen konnte. Sie tätschelte ihm den Unterarm. » Offenbar hast du an alles gedacht. Ich hoffe nur, dass die ganze Sache nicht unerwünschte Folgen nach sich zieht.«
Thomas lachte unfroh. » Du machst dir einfach zu viele Sorgen. Während deiner Abwesenheit werde ich nichts unternehmen, was Amelias Ruf schädigt.«
Falls seine Mutter irgendein Klatschmagazin zur Hand nahm, erfuhr sie ohnehin, dass bereits Gerüchte über Amelia im Umlauf waren. Mehr als vier Wochen waren seit Lady Stantons Ball verstrichen, und die Salons in London labten sich nach wie vor genüsslich an dem Vorfall wie
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