Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lennox 01 - Lennox

Titel: Lennox 01 - Lennox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
Vom Netzwerk:
fünfzig Meter entfernt auf der anderen Straßenseite. Ich spannte die Muskeln, um loszurennen.
    An der Beifahrerseite stieg ein großer Polizist aus und ging zu den Reihenhäusern. Er beugte sich über das Geländer vor den Kellertreppen und blickte zu den Türen hinunter. Erneut blickte er nicht in meine Richtung. Während der Constable jeden Kellerabgang prüfte, folgte ihm der Streifenwagen im Schritttempo. Ich war erleichtert, dass sie sich mir nicht näherten; gleichzeitig bewegten sie sich so langsam, dass ich nicht von der Stelle kam. Und das war ein Problem, weil schon sehr bald mehr Polizeiwagen kämen und mehr Plattfüße in jeden Winkel und jede Nische blicken würden.
    Noch immer musterte der Polizist gewissenhaft die Kellertreppen, noch immer fuhr der schwarze Wolseley auf gleicher Höhe neben ihm her. Ich beschloss zu handeln: Ich kletterte rasch über den Zaun und ließ mich herunter. An den ausstreckten Armen baumelnd, hingen meine Beine gut drei, vier Meter über dem Gebüsch. Erneut dachte ich kurz an meine armen Fußgelenke; dann ließ ich mich fallen. Ich krachte ins Unterholz, aber nicht so laut, dass die Polizisten mich gehört hätten. Mit gierigen Fingern krallten die Büsche nach mir, und ich kam zwischen den Sträuchern zur Ruhe. Wieder kein gebrochener Fuß, aber mein Rücken beschwerte sich mit stechendem Schmerz. Ich kämpfte mich durchs Gebüsch und gelangte auf einen Weg, der zum Glück leer war. Wieder klopfte ich mir den Anzug ab, brachte den Borsalino in Form und setzte ihn mir in einem Winkel auf den Kopf, dass er mein Gesicht hoffentlich vor den Passanten verbarg.
    Ich hatte mich gerade entstaubt, als ich Stimmen in der Nähe hörte. Auch am Morgen eines Werktags wäre es vollkommen normal gewesen, im Kelvingrove Park anderen Menschen zu begegnen, doch ein alter Instinkt riet mir, in Deckung zu gehen.
    Zu meinem Glück hatten die Behörden entschieden, gleich vor der Stelle, an der ich mich befand, eine gewaltige Statue zu errichten. Zu meinem noch größeren Glück waren die Geländer, die man während des Krieges vermutlich eingeschmolzen hatte, um die Munitionsfabriken zu versorgen, noch nicht wieder ersetzt worden. Ich eilte um den massigen rechteckigen Sockel der Statue herum und drückte mich mit dem Rücken gegen das kunstvolle heroische Fries auf der Plattform: kühne Soldaten des British Empire, die auf der ganzen Welt dankbare Eingeborene von der Last der Selbstbestimmung befreiten. Ich blickte zu der Figur hoch, die mich überragte. Ein missmutiger alter General hoch zu Ross schaute über den Kelvingrove Park zur Universität und darüber hinaus, wahrscheinlich zu dem Empire, von dem ihm niemand gesagt hatte, dass es nicht mehr existierte. Sein Hengst beäugte mich verächtlich.
    Die Stimmen verstummten, doch ich hörte Schritte auf Kies. Von mehr als einem Paar Schuhe. Ich drückte mich näher an das Standbild und wartete, bis die Schritte vorübergezogen waren. Als ich hinschaute, sah ich die Rücken von drei Polizisten. Sobald sie um die Ecke bogen, verschwand ich in die entgegengesetzte Richtung. Ich musste rasch weiter: Nicht mehr lange, und der Park wimmelte von Highlandern in Uniform, die mit Stöcken auf die Büsche einschlugen. Ich habe nie begriffen, weshalb es zu jeder polizeilichen Suchaktion gehörte, dem Unterholz eine deftige Abreibung zu verpassen. Vielleicht fühlten die Typen sich dadurch in ihre Kindheit in Stornaway oder Strathpeffer zurückversetzt, wo sie das Heidekraut verdroschen, eine unterwürfige Körperhaltung zeigten und sich unter die Schrotsalven duckten, wenn die ansässigen feinen Pinkel Moorhühner schossen.
    Ich folgte dem Pfad im Laufschritt. An Biegungen wurde ich langsamer, falls ich jemandem begegnete: An Leute, die rennen, erinnern sich die Passanten. Und woher wollte ich wissen, ob die Polizisten, denen ich begegnet war, die Einzigen waren, die den Park unsicher machten?
    Ich erreichte das Nordtor. Am Ausgang des Parks zur Eldon Street stand ein Polizist Wache. Ich suchte mir einen Weg zwischen den Bäumen hindurch, hielt mich dicht am Ufer des Kelvin und duckte mich unter der Brücke an der Gibson Street hindurch. Schließlich überquerte ich den Fluss an der alten Botanic Station Bridge, kletterte über das Geländer und ließ mich auf der anderen Seite fallen, wodurch ich ein paar Fußgänger auf mich aufmerksam machte. Ich zog mir den Borsalino tief in die Stirn und ging rasch zu der Stelle, wo die Great Western Road sich mit

Weitere Kostenlose Bücher