Lennox 02 - Lennox Rückkehr
Sorgen, dass er unter dem Gewicht meines Fedoras zusammenbrechen könnte. Ich sagte zu ihm, ich sei mit Mr. Barnier verabredet, und er nickte in Richtung eines großen Mannes, der mit dem Rücken zu mir an der Bar stand. Es hätte ein Weltzeitalter gedauert, mich von dem Pagen durch die Lounge führen zu lassen; deshalb bedankte ich mich bei dem greisen Piccolo und gab ihm zwei Shilling Trinkgeld, denn das Gewicht einer halben Krone würde ihn wahrscheinlich in mehr als nur einer Hinsicht zum Schwanken bringen.
»Monsieur Barnier?«, fragte ich den Rücken des Mannes, und er drehte sich zu mir um. Alain Barnier sah nicht so aus, wie ich es erwartet hatte. Zum einen war er groß und hellhaarig, aber nicht richtig blond, und hatte grünliche Augen. Mir kam er eher wie eine Skandinavier oder ein Deutscher vor, weniger wie ein Südfranzose. Auch seine Haut war nicht dunkel, sondern nur leicht gebräunt, obwohl er ein paar Jahre in Glasgow gelebt hatte, wie ich wusste. Andererseits konnte niemand so blass sein wie ein Glasgower. Schotten sind die weißesten Menschen auf diesem Planeten, und Glasgower haben einen blassblauen Teint, wenn sie nicht scharlachrot gebrannt sind, weil sie auf völlig ungewohnte Weise der großen Feuerkugel am Himmel ausgesetzt waren, die bis vor zwei Stunden einen geheimnisvollen sommerlichen Auftritt gehabt hatte. Barnier war ein stattlicher, gut aussehender Mann mit tiefen Fältchen unter den Augen, die darauf hindeuteten, dass er oft lachte, aber seine Züge hatten auch etwas leicht Grausames. Ich schätzte ihn auf ungefähr vierzig.
Von dem leicht goldenen Hautton abgesehen gab es noch zwei andere Dinge, die verrieten, dass Barnier Ausländer war. Seine Kleidung war teuer, aber nicht protzig. Und nicht aus Tweed. Sein Anzug war außerordentlich gut maßgeschneidert, aus blassgrauem, leichtem Flanell, durch das sich ein kaum sichtbarer weißer Nadelstreifen zog. Der Schnitt wirkte nicht britisch. Außerdem war der Mann makellos frisiert und trug einen sauber gestutzten Schnurrbart sowie ein Ziegenbärtchen, das seinem Kinn eine Spitze verlieh.
»Mein Name ist Lennox, Monsieur Barnier«, sagte ich auf Französisch. »Wir haben heute Nachmittag telefoniert.«
»Ich habe Sie erwartet. Etwas zu trinken?« Er winkte den Barkeeper mit jener beiläufigen Autorität herbei, die Schotten so schwerfällt. »Zwei Cognac«, sagte er auf Englisch.
Dann wandte er sich wieder mir zu. »Bitte ...«, fuhr er fort, wobei er wieder in seine Muttersprache verfiel, und wies auf eine der feudalen Sitznischen im hinteren Teil der Lounge-Bar. Wir setzten uns. »Sie sprechen sehr gut Französisch, Monsieur Lennox. Aber, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, Sie haben einen starken Akzent. Und Sie sprechen langsam wie ein Bretone. Ich nehme an, Sie sind Kanadier.«
»Richtig. Aus New Brunswick. Die einzige offiziell zweisprachige Provinz Kanadas«, sagte ich und war erstaunt über den Stolz, der in meiner Antwort mitschwang.
»Aber Sie selbst sind kein Frankokanadier?«
»Ist das so offensichtlich?«
Barnier zuckte mit den Schultern und verzog das Gesicht. Er war Franzose. Ich hatte es erwartet. »Nein ... nicht offensichtlich. Aber Sie haben einen starken Akzent. Deshalb nahm ich an, dass Englisch Ihre erste Sprache ist.«
»Woher stammen Sie, Monsieur Barnier?«
Unsere Cognacs kamen. »Toulon. Das heißt, ursprünglich aus Marseille.«
Ich trank den Cognac und spürte, wie sich etwas Warmes, Goldenes in meiner Brust ausbreitete.
»Gut, nicht wahr?«, fragte er. Sein Lächeln ließ die Fältchen um seine Augen tiefer werden. »Ich liefere ihn. Er gehört zu den Besten.«
»So schmeckt er auch. Ich habe Bourbon getrunken, den Sie Jonny Cohen geliefert haben. Auch der war ausgezeichnet.«
»Ach ja. Sie erwähnten, dass Sie Monsieur Cohen kennen ...« Barnier musterte mich über den Rand seines Cognacschwenkers hinweg. »Übrigens haben Sie meine Miss Minto sehr erzürnt.«
»Wirklich?« Ich zog die Augenbrauen hoch und versuchte so unschuldig auszusehen wie im Alter von sechzehn, als mein Vater mich zu verschwundenen Zigaretten und fehlendem Whisky vernommen hatte. »Dabei schienen wir so gut miteinander auszukommen. Ich habe ein neues Wort gelernt – Kielan – oder sind es zwei Wörter?«
Etwas an meiner Frage schien Barnier tief zu treffen, doch er verbarg es rasch. »Sie sollten Miss Minto nicht Unrecht tun. Sie ist eine sehr entschlossene Dame, die unverzichtbar ist für den effizienten
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