Lesereise Kulinarium - Italien
Medizin benutzen durfte. In der Renaissance feierte der Pilz sein Comeback. Adelsfamilien aus Venedig ließen sich ihre Trüffeln direkt aus Gubbio schicken, Trüffeln gehörten auf jede Tafel. Lucrezia Borgia, die 1499 als päpstliche Regentin zwei Monate in Spoleto herrschte – ihr Vater Papst Alexander VI. hatte sie hierher geschickt, um sie von ihrem Gemahl Alfons von Aragon fernzuhalten –, liebte die Edelknolle. Im 19. Jahrhundert waren Trüffeln das Symbol für kulinarische Raffinesse und Luxus, und auch Napoleon soll ein wahrer Fan gewesen sein. Die Königin der Küche mit dem herrlichen Aroma hat leider einen sündhaft teuren Preis: Ein Kilo tartufo bianco kostet zwischen zweieinhalb- und dreitausend Euro. Das bedeutet für Feinschmecker: Für ein Portiönchen spaghetti mit hauchdünn gehobelten Trüffelscheiben muss man schon mit rund achtzehn Euro rechnen. Aber, mal ehrlich: Gibt es etwas Leckereres als hausgemachte goldgelbe pasta mit einem Hauch von Trüffel?
Frisch aus dem Boden gebuddelte Trüffeln halten etwa eine Woche. An der Luft verlieren die Knollen allerdings schnell an Aroma. Wer kaufen möchte, sollte zuvor den Kneif- und Schnüffeltest machen: Trüffeln sollten fest und nicht zu leicht sein. Zu weiche Trüffel waren in der Regel gefroren und schmecken nicht mehr. Sie sollten stark duften, nicht von Insekten befallen sein. Am besten, man kauft sie gebürstet. Für den Transport nach Hause wickelt man die Trüffeln in Papiertücher. Vorsicht: Nicht auf Reis lagern, das trocknet aus! Keine Echtheitsgarantie gibt’s für getrüffelte Lebensmittel – höchstens, wenn sie von Urbani kommen. Der Familienbetrieb ist so etwas wie die Agnelli-Familie unter den Trüffelbauern, sechzig Prozent des gesamten Weltmarkts beansprucht er für sich. Im Firmensitz im Valneria-Tal werden die Knollen verarbeitet – von Hand, versteht sich. Und es gibt nichts, wozu sich die Trüffel nicht verarbeiten ließe: Trüffelbutter, Trüffelöl, Mehl mit Trüffeln, Nudeln mit Trüffeln, Schokolade mit Trüffeln. Wenn allerdings Trüffeln als tartufo auf der Dessertkarte auftauchen, haben die Pilze aus dem Wald nichts damit zu tun, es handelt sich vielmehr um eine schokoladige Eisknolle. Wer die leckeren Dinger lieber im Originalzustand zu Hause haben möchte, bestellt sie einfach bei Urbani. Innerhalb von achtundvierzig Stunden wird geliefert – nach dem Preis fragt man am besten gleich gar nicht! Attenzione , es ist nicht überall reine Trüffel drin, wo Trüffel draufsteht: Es ist durchaus üblich, Trüffelmischungen wie Saucen oder Pasten mit Geschmacksverstärkern anzureichern. Umbrien ist Trüffelwunderland, die Knollen werden von hier nicht nur in alle Welt verkauft – sondern sogar auch in die »Trüffelkonkurrenzländer« Frankreich und Piemont, wo sie mitunter als einheimische Knollen auf den Ladentischen wieder auftauchen.
Wir sind bei Franco zu Hause, Berlusconi hat sich in seine Hundehütte zurückgezogen und bekommt jetzt endlich einen Knochen. Auf der Trüffeljagd soll er nicht essen, erklärt mir Franco. Seine Frau Cecilia hat schon einen riesigen Pott mit wild kochendem Salzwasser auf dem Herd stehen, der Tisch in der geräumigen Küche ist gedeckt. Franco zieht unsere Trüffel aus dem Rucksack, untersucht das Ding, bürstet es dann vorsichtig mit einer Zahnbürste. In der Zwischenzeit sind die Nudeln al dente , Franco hobelt hauchdünn Trüffel in eine Schüssel, mischt sie mit etwas Olivenöl extra vergine und einer Prise Salz und gibt sie dann über die golbgelben tagliatelle . Dieser Duft! Mhhhh! Dieser Geschmack! Erdbeermarmeladecroissants – hier könnt ihr nicht mithalten!
Natalie John
Es darf ruhig wieder Chianti sein!
Ein Tischwein landet im Barrique-Fass
Wer behauptet, dass Kulturreisen unbedingt langweilig und vor allen Dingen trocken sein müssen? Jedenfalls nicht im Chianti-Gebiet, wo Landschaft und Wein seit Jahrhunderten untrennbar miteinander verbunden sind. Wer Land, Leute und Kultur verstehen will, kommt an einem Besuch in einem Weingut – natürlich mit anschließender Degustation! – also gar nicht vorbei. »Bacchus sei Dank« weisen braungrundige Schilder mit der Aufschrift »Strada del Vino«, Weinstraße, den Bildungsdurstigen vielerorts den Weg zu Kellereien und zu gut sortierten enoteche .
Spätestens dort stellt sich jedoch heraus, dass es eine ganze Menge zu lernen gibt. Es hat sich viel verändert in den letzten Jahren im Chianti-Gebiet mit dem Chianti-Wein.
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