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Lesereise Sizilien

Lesereise Sizilien

Titel: Lesereise Sizilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie John
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1969 in Licata geboren, schrieb den Roman mit neunzehn und wurde dann genau wie ihre Buchheldin des Ortes verwiesen. »Ich wollte Hosen« wurde ein Bestseller, verkaufte sich über zwei Millionen Mal in Europa und wurde später auch verfilmt. Er erzählt die Geschichte der Annetta, die aus den Schranken ihrer Familie und der traditionellen Rolle der Frauen ausbrechen will. Die in einem kleinen Dorf in Sizilien unter der strengen Herrschaft ihres gewalttätigen Vaters und der Bespitzelungen der Nachbarn lebt. Die, um diesem Schicksal zu entrinnen, entweder Nonne oder Nutte werden muss und all dies in dem Wunsch nach Hosen fokussiert.
    Diese »Ich wollte Hosen«-Frau scheint aber ein Einzelfall zu sein. Die Mehrzahl der Mädchen lieben ihre weibliche Rolle, wissen, dass sie mit einem Lächeln jeden Mann in der Familie um den Finger wickeln. Und Hosen ziehen die meisten Sizilianerinnen inzwischen längst schon in den kleinsten Dörfern an. Hautenge Jeans und offenherzige Blusen, lässige Kurzhaarfrisuren, grell geschminkte Lippen, alles keine Seltenheit. Allerdings bevorzugen die Schönen aus dem Süden Röcke, einfach, weil’s eleganter aussieht.

»L’Americano«
Beziehungen zu den USA
    L’Americano nennen sie Roberto noch heute, obwohl der inzwischen Siebzigjährige seit dreißig Jahren keinen Fuß mehr nach Übersee gesetzt hat. Im zarten Alter von zwölf wurde Roberto, weil zu Hause das Geld knapp war, ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu einem ausgewanderten Onkel geschickt. Dort fand der hübsche, aufgeweckte Knabe schnell seine Chance. Er schlug sich als Tellerwäscher und Kellner in einem Fast-Food-Restaurant durch, machte später sein eigenes Lokal auf. Er verdiente gut, die Frauen lagen ihm zu Füßen, seine Heimat jedoch ließ ihn nie los. »Sicilia nell’cuore«, er hatte Sizilien im Herzen. Er schickte Geld nach Hause – ein ungeschriebenes Gesetz in Sizilien besagt, dass man sein verdientes Geld wieder in der Heimat investieren muss. Die Gelder der Emigranten werden in neue Wohnungen für die Familien, bessere Schulbildung für die Kinder, Autos, Möbel, Konsum gesteckt und kurbeln so die Wirtschaft daheim an. Irgendwann wurde Robertos Sehnsucht zu groß, er fuhr nach Hause, zur mamma, und nie wieder zurück. Heiratete eine waschechte Sizilianerin und versucht vergeblich seine bambini für Baseball zu interessieren, das Einzige, was ihm an Amerika wirklich fehlt.
    Carols Mutter Maria war eine bildhübsche Sizilianerin mit tiefschwarzen, langen, lockigen Haaren und einem Gesicht wie eine Madonna, als die Alliierten auf der Insel landeten. Sie lebte in einem winzigen Bergdorf mit einer Handvoll Einwohnern, als sie ihn traf. Jo aus Connecticut. Maria holte Wasser am Brunnen, Jo plagte der Durst. So sahen sie sich am Rand des Dorfbrunnens zum ersten Mal tief in die Augen und es war um beide geschehen. Er Amerikaner, sie Sizilianerin, Verständigung gleich null, doch sie beschlossen, in Verbindung zu bleiben. Nach dem Krieg holte Jo seine Maria in seine Heimat, nach Connecticut. Irgendwann wurde Carol geboren, dunkelhaarig, glutäugig, Oliventeint, eine waschechte Amerikanerin. Laut Ausweis. Sie war noch nie in ihrem Leben in Italien, doch ist sie italienischer als so mancher Lombarde. Ein paar Brocken Italienisch spricht sie, mit starkem Akzent, that’s it. Und sie will von ihren Wurzeln auch gar nicht so viel wissen, denn es gehört in den USA nicht gerade zu den größten Auszeichnungen, wenn man ein paar Italiener im Stammbaum versteckt hat. Ist der Ruf erst einmal ruiniert … Doch wenn Carol aufgebracht ist, verfällt sie in die Gestensprache, wenn sie wütend ist, blitzt in ihren dunklen Augen das Feuer des Ätna, am liebsten isst sie pasta. Egal, was sie anzieht, sie trägt es mit der den Italienerinnen angeborenen grandezza, während die gemeine Amerikanerin ja nicht gerade als Stilikone verschrien ist.
    Zwischen 1947 und 1971 sind fast eine Million Sizilianer emigriert, nach Übersee, in den Norden. Viele haben ihre Familien zurückgelassen, als Garantie für die Rückkehr an den Ort der Tradition, der alten Werte. Und wo ganze Familien emigrierten, nahm man Strukturen und Traditionen mit. So war man zwar im Ausland, physisch und geistig aber immer noch in Sizilien.
    Bereits in den goldenen Zwanzigern entwickelten sich in den USA – begünstigt durch die Prohibition – die sizilianischen Clans zu einer ernsthaften Herausforderung für die amerikanische Demokratie. Der Alkoholschmuggel

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