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Lesereise Sizilien

Lesereise Sizilien

Titel: Lesereise Sizilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie John
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gepredigt haben.
    In der byzantinischen Periode versank Syrakus in Bedeutungslosigkeit. Zur Zeit der Staufer und Normannen musste es an Palermo auch noch den Hauptstadt-Titel abtreten. Seuchen und Erdbeben – besonders schlimm kam es 1693 – gaben dem geschwächten Syrakus den Rest. Fortan lebte die Stadt nur noch in Erinnerung an die ruhmvolle Vergangenheit. Für die Reisenden der Goethezeit und der Romantik war Syrakus mit seinen romantisch überwucherten Trümmerfeldern, den aufrecht stehenden Säulen der griechischen Tempel und dem weißen Stein das Idealbild für ihren Traum von der klassischen Antike. Allerdings waren die Tempel nach neueren Erkenntnissen ursprünglich gar nicht klassisch weiß, sondern mit bunten, leuchtenden Farben bemalt …
    Die kleine Quelle des verfolgten Nymphchens an der Uferpromenade ist heute das Wahrzeichen der Stadt. Von einer hohen Mauer eingefasst, in der Mitte ein Papyrusdickicht, dazwischen quaken ein paar Enten. An Allerseelen verteilt der Bürgermeister von Syrakus an der Süßwasserquelle der Arethusa Geschenke an Waisenkinder. Dort, wo alles begann.

Sonntagsdörfer
Orte, an denen man vorbeifährt
    Polizzi Generosa ist ein Sonntagsdorf. Ruhig, beschaulich, heiter, in fantastischer Lage. Für Filippo ist es selbstverständlich, hier zu leben. Auf den eigenen Pferden über die Felder galoppieren, die dichten Wälder nach Stachelschweinspuren durchstreifen, den Duft von Zypressen und Zitronenbäumen einsaugen, sich in den verborgenen Winkeln des Dorfes verstecken. Er hat für uns Bikes besorgt und eine kleine Radtour zusammengestellt. Doch zuerst sehen wir uns sein Polizzi an. Ein Dörfchen, das wie eine Opernkulisse anmutet, man weiß nicht genau, ist das Realität oder Inszenierung. Alte Häuser mit kunstvoll blätternden Fassaden und hellgrünen Fensterläden, Bougainvilleen, die malerisch die Mauern hinaufklettern. Kleine Lädchen, aus deren Bäuchen Säcke mit Bohnen, Linsen, getrockneten Tomaten quellen, Packen von Wasserflaschen, Besen in Grün, Rot, Blau, dazwischen der alte knallige Plastikvorhang der Metzgerei. Vor dem kleinen Café in der Hauptstraße stehen Tische, auf denen überreife weiße Rosen im Glas schwimmen. An einem der Tische rührt ein älterer signore wie aus längst vergangenen Zeiten in seinem caffè. Den dunklen Hut hat er auf dem Tisch abgelegt, den roten Seidenschal sorgfältig über der Weste zurechtgezupft. Über seinen blanken Lederschuhen blitzen weiße Gamaschen.
    Wir bummeln weiter auf die große piazza, wo sich das Spektakel des Wochenmarktes abspielt. Paletten voller duftender Pfirsiche, Melonen, Auberginen, Oliven als Zitronenoliven, Knoblaucholiven, Kräuteroliven. Hier kaufen und verkaufen Einheimische, was gerade vom Feld kommt. Polizzi Generosa ist ein Ort, an dem man vorbeifährt. Doch neben der Faszination des Alltagslebens, das hier als ästhetisches Ereignis zelebriert wird, gibt es auch Kultur zu entdecken. Polizzi entstand im Mittelalter um das 1076 durch Roger I. errichtete Kastell, den Beinamen Generosa, die Großzügige, erhielt die Siedlung unter Friedrich II. wegen des Reichtums, den Polizzi seinen fruchtbaren Böden verdankte. Das Städtchen hat eine hübsche Altstadt und ist ein beliebtes Ausflugsziel der Palermitaner. In der Chiesa Madre, schlicht, anrührend feierlich, zum Kerzenanzünden schön, sind ein hübscher Flügelaltar eines unbekannten Flamen aus dem 15. Jahrhundert zu sehen sowie verschiedene Reliefs der Gagini-Sippe. Und das municipio, das Rathaus. Piero, der sindaco, begrüßt jeden seiner Bürger noch per Handschlag. Manchmal auch seine Gäste. Es gibt ein paar Ferienappartments im Dorf, die sind zwar spartanisch eingerichtet, doch der weite Blick aus neunhundertzwanzig Metern Höhe entschädigt für den Verzicht auf größeren Komfort.
    Nach dem Dorfbummel schwingen wir uns auf die Bikes und sausen bergab. Wir besuchen Filippos Onkel. Kurz hinter dem Ortsausgang liegt sein Olivenreich, »Frantoio Domenico«, Olivenölproduzent. Seit vielen Generationen. Die Ernte überwacht er höchstpersönlich, denn es muss vorsichtig vorgegangen werden. Sobald die zarte Hülle der Früchte auch nur ein wenig verletzt wird, sinkt die Qualität des Öls enorm. Reife Früchte schüttelt der Wind vom Baum in die großen Fangnetze, die darunter liegen. Der Rest wird von Hand gepflückt oder mit Stangen heruntergeholt. Wenn dann die kleinen, glänzenden Früchtchen anrollen, werden sie sofort weiterverarbeitet, zwischen

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