Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Letzte Beichte

Letzte Beichte

Titel: Letzte Beichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
Vom Netzwerk:
mir versprochen. Nur dieses eine Mal. Du musst nichts anderes tun, als es ihm zuzustecken. Leg es zwischen ein Paar Akten, oder so. Anwälte machen das dauernd. Und dann, das verspreche ich dir, ist Schluss damit.«
    »Wenn ich nicht … Wenn ich zur Polizei gehe …«, forschte ich.
    »Ich kann dich sehen, Krissie. Du solltest nicht rauchen.«
    Ich sah mich um. Scheiße, wo war er?
    »… Robbie sieht in Rot wirklich süß aus.«
    Ich spähte bei meinen Eltern ins Fenster. Mein Vater hatte Robbie auf dem Arm und tanzte zu irgendetwas. Robbie trug seinen handgestrickten roten Lieblingspullover.
    Verdammt! Er beobachtete uns von irgendwo. Wo war er? Hinter dem Baum dort? In der Seitengasse? Er wusste, wo ich wohnte, wo meine Eltern wohnten, wo ich arbeitete, wo Robbies Kindergarten war, wo Chas arbeitete. Er wusste alles. Er konnte jederzeit zuschlagen und meinem Kleinen etwas antun – oder meinem Großen. Ich konnte beim besten Willen nicht die Polizei anrufen oder zur Wache fahren. Denn er beobachtete uns – jederzeit bereit, uns wehzutun; jederzeit bereit, zu töten.
    »Ich weiß, dass du die richtige Entscheidung treffen wirst«, sagte Billy und legte auf.

    Ich warf meine Zigarette aus dem Fenster und rief im Büro an, um zu sagen, dass ich später kommen würde. Dann fuhr ich zu Chas’ Atelier, das mit Ausnahme eines Typen, der munter an einem riesigen Steinbrocken herumklopfte, menschenleer war.
    »Er ist shoppen, mit Madeleine«, sagte er in mäßig freundlichem Tonfall. Offensichtlich waren mir Berichte von meinen Heldentaten vorausgeeilt.
    So hieß also der Drahtball: Madeleine.
    Wutbebend fuhr ich mit 130 Sachen über die M8, um genau das zu tun, was die wirklich dummen Leute im Fernsehen immer tun – Leute, denen man vom Wohnzimmer aus NEIN ! TU ES NICHT ! zuruft. Bring ihnen nicht die eine Million Dollar, sie werden sie trotzdem umbringen (haben es wahrscheinlich schon). Behalt es nicht für dich, erzähl es jemandem! Erzähl es allen!
    Aber da waren keine Menschen, die mir von ihren Wohnzimmern aus zuriefen. Sonst hätte ich vielleicht auf sie gehört und wäre nicht nach Sandhill gefahren. Ich hätte nicht geparkt, wo ich immer parkte, ein paar Papiere und zwei Ordner über Jeremy zusammengerafft, dem Besuchsaufseher meinen Namen genannt, mein Handy in ein Schließfach und meine Handtasche unter den Scanner gelegt.
    Aber da niemand mich anschrie oder aufhielt, tat ich, was die blöden Menschen tun: Ich folgte weiter meinem einsamen Weg und glaubte felsenfest daran, dass ein Besuch bei Jeremy die einzige Möglichkeit sei, für die Sicherheit meines Sohnes zu sorgen. Alles andere interessierte mich nicht mehr. Die Aussicht, meine Stelle zu verlieren oder mit meinem Freund zu streiten, war bedeutungslos angesichts Krimineller, die meinen Sohn bedrohten.
    Zum Glück war der Aufseher im Besucherraum keine Plaudertasche. Eine Unterhaltung über das Wetter oder den letzten Urlaub hätte ich nie und nimmer durchgestanden. Ich holte meinen Koffer am Ende des Laufbandes ab und ging in die Glaskabine, die den Übergang in das Paralleluniversum von Sandhill bildete.

    Die Schiebetür glitt auf, und ich nannte meinen Namen. Ich ging ins Wartezimmer, füllte ein Formular aus – mit Jeremys Namen, seiner Gefangenennummer, meinem Namen, meinem Autokennzeichen –, und dann betrat ich den Wartebereich für offizielle Besucher. Ich war oft hier gewesen in der letzten Woche, meistens wegen Jeremy, aber auch wegen James Marney, einem Drogenabhängigen und einem Fall von Trunkenheit am Steuer. Ich wusste, wie der Hase läuft.
    »Raum 12«, sagte man mir, und als ich dorthin ging, kehrte etwas von meinem alten Selbstvertrauen zurück – meine Schritte waren nicht mehr so unsicher, mein Griff war weniger verkrampft.
    Als ich die 12 erreichte hatte, setzte ich mich mit dem Rücken zur Tür und tat so, als würde ich Papiere durchgehen und Unterlagen sortieren.
    Es dauerte ungefähr fünfzehn Minuten, bis Jeremy kam. Heute sah er etwas besser aus. Die Male an seinem Hals verblassten allmählich, die Prellung in seinem Gesicht war fast verschwunden, und er wirkte weniger verletzlich.
    »In was haben Sie mich da verwickelt, verdammt noch mal?« verlangte ich von ihm zu wissen.
    »Was? Was meinen Sie damit? O mein Gott, hat Billy Mullen Sie bedroht?« fragte Jeremy.
    »Mich, meinen Partner und meinen Sohn. Wenn ich Ihnen kein Heroin mitbringe …« Ich machte eine Pause und dachte einen Moment lang nach, dann holte ich tief

Weitere Kostenlose Bücher