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Letzte Beichte

Letzte Beichte

Titel: Letzte Beichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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zum Abwinken Details aus meinem Privatleben preisgegeben, etwas, das ich niemals wieder tun würde. Trotzdem hatte ich Jeremy nie Anlass zu der Annahme gegeben, ich wolle mit ihm eine Affäre beginnen oder sein »bestes Mädchen« sein.
    »Mein bestes Mädchen!« hatte er gesagt, als ich den Anmeldebereich von Sandhill betreten hatte.
    Ich hatte Amanda in der Eingangshalle zurückgelassen und Bob, den Sozialarbeiter im Gefängnis, gebeten, sein Kreuzworträtsel kurz beiseitezulegen und mich in den Anmeldebereich zu begleiten, wo Jeremy darauf wartete, dass ich ihn in die Freiheit führte.
    Der Anmeldebereich war ein Bürocontainer voller Kabinen, die an Umkleiden in alten Schwimmbädern erinnerten. Hier kehrten Männer in die Freiheit zurück – oder umgekehrt. Zehn Männer warteten mit unübersehbarem Grinsen auf ihre Entlassung. Sie hielten ihre Besitztümer in den Händen, und ihre Köpfe waren voller guter Absichten – von denen sich freilich viele im Alkoholausschank an der Lee Street in Nichts auflösen würden.
    Jeremy hatte nicht das breite, optimistische Grinsen seiner Kollegen aufgesetzt. Er stand in Freizeitkleidung da, sah wirklich ziemlich gut aus, und die blauen Flecke und Schnitte in seinem Gesicht waren fast verschwunden.
    Er berührte mich am Arm und lächelte. »Vielen Dank, Krissie. Sie haben mich gerettet.«
    Er sah anders als sonst aus, ganz anders. Größer, aufrechter, mit gelassenem Blick.
    »Ich war bei der Beichte«, sagte er.
    »Sehr gut!« sagte ich und umarmte ihn. Er war jetzt schließlich kein Krimineller mehr. Kein Klient von mir.
    »Amanda wartet in der Eingangshalle. Aber ehe ich sie holengehe, sagen Sie mir bitte, was ich mit den Drogen machen soll, Jeremy. Ich will nicht, dass Sie deshalb Ärger bekommen.«
    Er ignorierte meine Frage. »Ich will sie nicht sehen.«
    Ich hatte angenommen, dass er es gar nicht erwarten könne. Dass er zu ihr rennen würde und ich das Resultat meiner angestrengten Arbeit herumwirbeln und sich zwischen Küssen zulächeln sehen würde.
    »Aber warum? Sie ist ganz aufgeregt«, sagte ich und hatte vor Überraschung die Drogen in meiner Küche ganz vergessen.
    Er beugte sich zu mir. »Sie hat mit ihrer Mutter geschlafen.«
    »Ich weiß. Aber es war ja nicht so, dass sie …«
    »Ich hatte sehr viel Zeit zum Nachdenken, und ich wollte ihr verzeihen, aber ich kann es nicht.«
    »Jeremy, Sie müssen mit ihr reden und reinen Tisch machen. Es war eine schreckliche Zeit, aber …«
    »Ich fühle mich so verwirrt«, unterbrach er mich. »Aber Sie haben recht, ich muss mit ihr reden. Können Sie mir einen Gefallen tun?«
    »Natürlich.«
    »Können Sie bei mir bleiben, wenn ich mit Amanda rede? Es könnte schwierig werden. Vielleicht brauchen wir Sie.«
    Ein Sitz in der ersten Reihe bei Tragödien, die noch nicht vorbei sind. Das ist mein Job – mit gesalzenem Popcorn dazusitzen und zuzuschauen. Diesmal Jeremy, wie er in einem kleinen Besucherraum in Sandhill Amanda das Herz bricht.
    Als sie ihn umarmte, herrschte einen Moment lang Stille, aber dann zog er den Kopf in plötzlichem Ernst zurück.
    »Ich kann nicht bei dir bleiben, Amanda.«
    Amandas Gesicht zerfiel in fassungslose Einzelteile.
    »Es ist so viel passiert. Ich wäre wahrscheinlich mit allem klargekommen, wenn du das nicht getan hättest. Das mit Bridget, meine ich. Ich glaube nicht, dass ich jemals darüber hinwegkommen werde. Wir waren in den Flitterwochen! Aber letztlich ist das gar nicht die Hauptsache.«
    Amanda stand wie vom Blitz getroffen da.

    »Was ist die Hauptsache?« fragte sie.
    »Die Hauptsache ist, dass ich mich in jemand anders verliebt habe.«
    »Wie bitte?«
    Ich glaube, wir stellten beide gleichzeitig diese Frage und wunderten uns, in wen um Himmels willen er sich im Gefängnis verliebt haben könne – in einen Cracksüchtigen aus Halle C? In Pater Moscardini, im Dienstraum des Kaplans?
    Als die Stille anhielt, drehten sich zwei Augenpaare zu mir um, und als er es sagte, wusste ich, was er sagen würde:
    »Krissie. Ich habe mich in dich verliebt, Krissie.«
    Ich sagte ihm natürlich, dass das absurd sei. »Jeremy! Wovon reden Sie da?« fragte ich.
    Er lief dunkelrot an.
    »Es tut mir leid, wenn ich einen falschen Eindruck erweckt haben sollte.«
    Amanda rannte aus dem Raum, und ich wusste nicht, was ich tun sollte.
    »Jeremy, Sie sind ein guter Mensch, und ich verstehe, dass Sie eine gewisse … Dankbarkeit empfinden, aber …«
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich komme mir

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