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Letzte Haut - Roman

Letzte Haut - Roman

Titel: Letzte Haut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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schließlich wäre ich nur für die Geheimpolizei zuständig, in der Stadt Lublin! Also für politische Sachen. Und politisch ist der Sau ja nichts vorzuwerfen. Na ja, stimmt ja auch, aber trotzdem! Der Kerl ändert dauernd seinen Aktionsbereich. Er läuft zwischen den Verwaltungseinheiten herum, sodass niemand zuständig für ihn ist. Das ist ein Fuchs, diesbezüglich hat er eine gute Taktik gewählt!“
    „Wie meinen Sie das, Hauptsturmführer?“
    „Na ja, ist doch klar. So kann ihn niemand erwischen. Ermittelt in dem einen Gau einer gegen ihn, dann siedelt er in den nächsten über. Wird man da auf ihn aufmerksam, nimmt er sich ein anderes Versteck. Der kennt sich gut aus auf unseren neuen Karten, das wird ihm bestimmt alles aus Berlin gesteckt. Na, ich habe mir ja schon die Finger dabei verbrannt, aber nun sind Sie ja da! Ihnen kann er nicht entgehen, Sie können doch überall ermitteln, oder? Sie können sich einfach auch versetzen lassen, wenn er abhaut. Sie sind doch nicht gebunden an bestimmte Aufgaben, oder?“
    „Nein“, sagte Schmelz nachdenklich: „Das nicht, das ist eine gute Idee. Ich könnte mich an seiner Wade festbeißen und dranbleiben, bis er stolpert und hinschlägt.“
    Müller sprang auf und schlug Schmelz begeistert auf die Schulter: „Ja, Sie sind ein Kerl nach meinem Geschmack. Schaffen Sie mir diese Plage vom Hals! Tun Sie uns allen einen Gefallen. Ich meine, die toten Juden und Polen sind mir ja so was von egal, aber der hat zwei meiner besten Spione getötet, zwei meiner treuesten Kameraden, Drecksack, ich sage es deutlich: Ein Drecksack ist er, wie er in der Bibel steht. Alle Plagen in einer ist er! – Falls ich Ihnen mit meinem kleinen Apparat irgendwie helfen kann, dann rufen Sie einfach an. In der Geheimpolizei bin ich kein Unbekannter, ich habe auch einige gute Kontakte.“
    „Ein Problem aber bleibt, Hauptsturmführer Müller“, sagte Doktor Kurt Schmelz.
    „Welches?“
    „In den Unterlagen stand, er wäre kein Mitglied der SS?“
    „Das stimmt, das ist ja das Unfassbare. Trotzdem kann er walten und schalten wie er will.“
    „Und ich bin nur SS Ermittlungsrichter, also für Verbrechen innerhalb der SS zuständig.“
    „Ja, das ist ein Problem, verdammt, wie drehen wir das? Wie drehen wir das nur? Ich lass uns noch eine Kanne Kaffee bringen, Moment!“
    Müller überlegte, während er stand, ob er anrufen oder gleich zur Tür gehen solle, entschied sich dann aber für den direkten Weg. Er rief seinem Sekretär von der geöffneten Tür aus zu, er brauche noch Kaffee, ehe er sie wieder schloss und plötzlich durchs riesige Zimmer auf Kurt Schmelz zustürmte.
    „Ich habe eine Idee“, sagte er und grinste Schmelz an: „Dirlewanger ist also ein normaler Verbrecher, nichts weiter als ein normaler. Wäre er ein politischer Verbrecher, wäre ich als Gestapo dafür zuständig, aber die normalen, die werden ganz normal von der Kriminalpolizei abgearbeitet. Sie müssen ein Beamter der Kripo sein, dann können Sie innerhalb und außerhalb der SS Hebel in Bewegung setzen wie Sie wollen!“
    „Aber wie soll ich das anstellen, die werden mich da nicht einfach so nehmen“, sagte Schmelz und sah Müller ernst an, der immer noch grinste und jetzt sogar den Finger hob: „Lassen Sie mich machen! Denn wie es der Zufall will, sind Sie bei mir ganz genau richtig. Gruppenführer Nebe, Chef der Kripo, der hat eine Leiche im Keller und nur ich weiß davon! Den Trumpf spiele ich aus.“
    „Das ist Ihnen die Sache wert?“
    „Auf jeden Fall! Sagen Sie noch nichts zu niemandem, lassen Sie mich erst einmal machen, gut?“
    „Gut!“, sagte Schmelz: „Meinem Vorgesetzten werde ich Bericht erstatten müssen, aber von Arthur Nebe erwähne ich erst einmal noch nichts, richtig?“
    „So machen wir es!“
    Kurt Schmelz verzichtete dann doch auf den frischen Kaffee, erhob sich und quittierte den Empfang der Akten, die Müller über Dirlewanger zusammengetragen hatte. Obwohl er sich ausreichend Notizen gemacht hatte, las er die Unterlagen auf dem Rückweg nach Krakau und kam zu dem Schluss, dass alles stimmen musste, was Müller erzählt hatte. Alles war aber und abermals protokolliert, bewiesen und ordnungsgemäß abgeheftet worden. Kurt Schmelz strahlte auf der Autorückbank übers ganze Gesicht. Er hatte seinen großen Fall! Wenn er diese Brigade vor Gericht bringen könnte, dann wäre er nicht nur der erste sondern auch der für alle Zeit beste Korruptionsjäger! Euphorisch verstaute er die

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