Letzte Nacht in Twisted River
der Ithaca umgeht«, antwortete Ketchum.
»Du bist dir vermutlich sicher, dass Carl hierherkommen wird?«, fragte ihn Dominic.
»Das ist unvermeidlich, Cookie. Er wird hauptsächlich mit Carmella reden wollen, doch er kommt, um mit allen zu reden. Wenn er euch die Geschichte nicht abkauft und es Ärger gibt, dann erschießt ihn einer von euch«, sagte Ketchum zu ihnen allen.
»Wie wissen wir, ob es Ärger geben wird?«, fragte Tony Molinari. »Woher wissen wir, ob er uns die Geschichte abkauft?«
»Tja, seinen fünfundvierziger Colt werdet ihr nicht sehen«, antwortete Ketchum. »Ihr könnt mir glauben, dass er ihn dabeihat, aber dass es Ärger gibt, merkt ihr erst, wenn ihr die Kanone seht. Wenn Carl euch den Colt zeigt, will er ihn auch benutzen.«
»Und dann schießen wir auf ihn?«, fragte Paul Polcari.
»Wer gerade in der Küche ist, sollte ihm vorher etwas zurufen«, empfahl ihnen Ketchum. »So etwas wie >He, Cowboy!< - nur damit Carl dorthin sieht.«
»Ich könnte mir vorstellen«, sagte Molinari, »dass wir eine bessere Chance haben, einfach so auf ihn zu schießen - das heißt, ehe er in die Richtung des Schützen guckt.«
»Nein, eigentlich nicht«, erklärte ihm Ketchum geduldig. »Wenn der Cowboy in deine Richtung sieht, und angenommen, du zielst auf seinen Hals, dann triffst du ihn in Gesicht und Brustkorb, in beides, und blendest ihn wahrscheinlich.«
Der Koch sah Carmella an, weil er dachte, sie würde vielleicht ohnmächtig werden. Der Hilfskellner sah aus, als wäre ihm übel. »Wenn der Cowboy erst mal blind ist, muss man sich nicht mehr ganz so beeilen, wenn man die leere Hülse rausnimmt und das Flintenlaufgeschoss einlegt. Der Schrot blendet ihn, doch mit dem Flintenlaufgeschoss verpasst man ihm den Fangschuss«, erklärte ihnen Ketchum. »Erst blendet man ihn, dann tötet man ihn.«
Der Kellnerlehrling sprintete in Richtung Küche. Sie hörten, wie er in die extragroße Spüle kotzte, in der die Tellerwäscher Töpfe und Pfannen schrubbten. »Vielleicht sollte
er
besser nicht hinten in der Küche sein«, sagte Ketchum leise zu den anderen. »Teufel auch, im Coos County sind wir genau so mit Hirschen umgesprungen. Man leuchtet sie mit der Taschenlampe an, bis das Wild einen direkt ansieht. Zuerst der Schrot, dann das Flintenlaufgeschoss.« Doch jetzt hielt der Holzarbeiter inne, ehe er fortfuhr. »Bei einem Hirsch oder Reh reicht der Schrot, wenn man nahe genug dran ist. Bei dem Cowboy wollen wir keine unnötigen Risiken eingehen.«
»Ich glaube nicht, dass wir jemanden töten können, Mr. Ketchum«, sagte Carmella. »Wir wissen einfach nicht, wie man das macht.«
»Ich hab's euch doch gerade
gezeigt!«,
entgegnete Ketchum. »Eine einfachere Flinte als die kleine Ithaca hab ich nicht. Ich hab sie beim Armdrücken in Milan gewonnen - du erinnerst dich doch noch, Cookie, oder?«
»Und ob ich mich erinnere!«, antwortete der Koch seinem alten Freund. Es war etwas Ernsteres als ein Armdrücken daraus geworden, aber Ketchum hatte am Ende die Ithaca-Flinte gewonnen, das ließ sich nicht bestreiten.
»Verdammt, ihr müsst einfach an eurer Geschichte arbeiten«, riet ihnen Ketchum. »Wenn die Geschichte nur gut genug ist, braucht ihr den Dreckskerl vielleicht gar nicht zu erschießen.«
»Bist du den weiten Weg gekommen, um uns die Flinte zu bringen?«, fragte der Koch.
»Die Ithaca hab ich
ihnen
gebracht, Cookie - die ist für deine Freunde, nicht für dich. Ich bin hier, um dir beim
Packen
zu helfen. Auf uns wartet eine kleine Reise.«
Dominic griff nach hinten, um Carmellas Hand zu nehmen - er wusste, dass sie hinter ihm stand -, doch Carmella war schneller. Sie schlang beide Arme um die Taille ihres Gamba und vergrub ihr Gesicht in seinem Nacken. »Ich liebe dich, aber ich will, dass du Mr. Ketchum begleitest«, sagte sie dem Koch.
»Ich weiß«, sagte Dominic. Es hatte keinen Zweck, ihr oder Ketchum zu widersprechen.
»Was ist sonst noch in dem Seesack?«, fragte der Hilfskellner.
Der junge Bursche war aus der Küche zurückgekommen und sah jetzt ein wenig besser aus.
»Feuerwerk, für den Vierten Juli«, antwortete Ketchum. »Danny hat mich gebeten, welches mitzubringen«, sagte er zu Dominic.
Carmella ging mit ihnen in die Wohnung am Wesley Place. Der Koch packte nicht viel ein, nahm aber die gusseiserne Bratpfanne von ihrem Haken im Schlafzimmer; Carmella wusste, dass die Pfanne für ihn vor allem symbolischen Wert hatte. Sie begleitete die beiden zu einem Mietwagenverleih.
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