Letzter Akt in Palmyra
drei Monaten mit schmalzigen Dramen war mein Kopf voller schräger Ideen.
Das Amphitheater war relativ klein und für dramatische Effekte wenig geeignet. Es war für Gladiatorenkämpfe und Vorführungen mit wilden Tieren gebaut worden. Zwei Tore aus schweren Holzbohlen befanden sich an den gegenüberliegenden Seiten des Ovals. Die Arena besaß zwei gewölbte Nischen an den Längsseiten. In einer hatten unsere Bühnenarbeiter eine Nemesis-Statue mit Girlanden behängt; die Musiker hockten unter ihren Röcken. Die andere Nische sollte als Rückzugsort für die Schauspieler dienen. Rund um die Arena verlief eine relativ hohe hölzerne Schutzbarriere. Darüber erhob sich ein steil ansteigender Wall mit Reihen von Holzbänken. Das Kommandeurstribunal, wenig mehr als eine Plinthe mit einigen Sitzen, befand sich auf einer Längsseite.
Die Luft vibrierte vor Spannung. Zu sehr. Die Soldaten waren unruhig. Jeden Moment konnten sie damit anfangen, ihre Bänke anzuzünden.
Es wurde Zeit, dem sich ankündigenden Tumult entgegenzuwirken, mit Musik und Tänzerinnen, die das Publikum noch mehr erregen würden. Der kommandierende Offizier im Tribunal ließ höflich ein weißes Tuch fallen.
Thalia erschien neben mir, als ich am Tor stand und das Orchester das erste Stück anstimmen hörte.
In ihre Stolen gehüllt, drängelten sich Afrania und Plancina zu uns durch. Sie trugen Kopfschmuck und die in Palmyra üblichen Schleier, waren aber unter den Stolen nur mit Glöckchen und Flitterkram behängt. Thalia nahm Plancina, die sehr nervös war, unter ihre bewährten Fittiche. Ich sprach mit Afrania.
»Das ist Ihr Abend, Falco!« Im Amphitheater hatte man unsere Mädchen erspäht. Stiefel begannen, rhythmisch zu trampeln. »Juno! Was für ein Haufen Scheißkerle.«
»Geben Sie Ihr Bestes, dann werden die zahm wie Kätzchen sein.«
»Ach, daß es Tiere sind, hatte ich mir schon gedacht.«
Plancina rannte hinaus und machte Dinge mit ihren Kastagnetten, die kaum zu glauben waren. »Nicht schlecht!« meinte Thalia.
Bald hatte Plancina mit ihrem Panflötentanz stürmischen Applaus geerntet. Ihr Körper war von erstaunlicher Geschmeidigkeit. Afrania ließ die Stola fallen, packte ihr Instrument und schoß, während ich noch blinzelte, fast nackt hinaus, um mitzutanzen.
»Donnerwetter!«
»Die wird sich mit ihrer Tibia noch wehtun«, grummelte Thalia unbeeindruckt.
Nicht lange danach drängten sich die Bühnenarbeiter am Tor mit den Requisiten, die wir für den Redseligen Geist brauchten. Bald kamen die Schauspieler in einer angespannten Gruppe aus dem Garderobenzelt. Musa stand plötzlich neben mir.
»Ihr großer Abend, Falco!«
Ich war es leid, mir das ständig anzuhören. »Es ist nur ein Stück.«
»Auch ich habe Arbeit«, sagte er ziemlich trocken; er mußte auf das Zicklein aufpassen, das Tranio braten sollte. Es zappelte heftig in seinen Armen und versuchte, wegzulaufen. Musa war außerdem für Philocrates’ Muli zuständig, das in einer Reiseszene auftreten sollte. »Und heute abend«, sagte er mit fast unheimlicher Befriedigung, »werden wir unseren Mörder überführen.«
»Wir können es versuchen.« Seine ruhige Haltung verstörte mich. »Haustiere zu betreuen, scheint mir etwas unter Ihrer Würde. Wo ist die große Schlange?«
»In ihrem Korb«, erwiderte Musa mit leisem Lächeln.
Die Musik endete. Das Orchester trat ab, um sich zu erfrischen, und die Mädchen rannten mit höchstem Tempo zum Garderobenzelt. Soldaten strömten zu einer Pinkelpause hinaus, obwohl wir nicht geplant hatten, ihnen eine Pause zu gestatten. Ich war selbst Soldat gewesen; mich überraschte das nicht.
Die Schauspieler kannten das schon. Sie seufzten und gaben den Eingang frei, bis die Horde an ihnen vorbeigaloppiert war.
Ich sah Tranio sich für seinen ersten Auftritt als vielbeschäftigter Koch vorbereiten. Er schien ganz auf seinen Auftritt konzentriert, und ich dachte, wenn ich ihm unerwartet die richtige Frage stellte, könnte ich ihn auf dem falschen Fuß erwischen. Ich wartete noch auf den geeigneten Moment, ihn anzusprechen, da zupfte mich Congrio am Ärmel. »Falco! Falco! Dieser Text, den ich da habe …« Congrios »Text« bestand aus einer Zeile; er sollte als Haushaltssklave hereinkommen und verkünden, daß die ehrbare Maid gerade entbunden hatte. (In Theaterstücken sind ehrbare Maiden meist nicht so ehrbar. Geben Sie nicht mir die Schuld; das ist nun mal die Tradition eines verderbten Genres. Der normale jugendliche Held
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