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Letzter Weg

Letzter Weg

Titel: Letzter Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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sie sich zum ersten Mal genauer an. »Sie sind Doktor? Sind Sie Ärztin?«
    »Ich bin auch eine Freundin von Gregs Eltern.« Grace lächelte sanft. »Ryan, bitte .«
    »Okay.« Er seufzte. »Es ist nur … Greg hat eigentlich Dope geraucht, wissen Sie?«
    »Ich weiß«, sagte Grace.
    Ein Paar mittleren Alters kam heraus, und Ryan wartete, während die beiden in die Bucht hinausschauten, traurig den Kopf schüttelten und wieder hineingingen.
    »Sprich weiter«, forderte Grace Ryan auf. »Du hast gesagt, Greg habe Dope geraucht.«
    Er winkte Grace, ihm ein Stück weiter weg von der Glastür zu folgen, näher an den Rand der Veranda. »Vor einiger Zeit«, sagte er leise, »hat er mit Koks angefangen. Ich habe ihn davor gewarnt, und nicht nur ich, auch ein paar andere Jungs. Wir alle haben ihm gesagt, er soll damit aufhören … Ich meine, wir wussten alle, in was für eine Scheiße … ’tschuldigung, in was für Schwierigkeiten er ohnehin schon steckte.«
    »Erzähl es mir, Ryan.«
    »Na ja, Greg wollte nicht hören. Er ist so auf das Zeug abgefahren, dass er nicht mehr aufhören konnte, wissen Sie? Wenn er es sich reinziehen wollte, ist er spät in der Nacht aufgestanden, wenn seine Eltern längst schliefen, hat sich sein Rad geschnappt und ist weit weg gefahren, um … na, Sie wissen schon. Dann hat er entweder am Strand geschlafen oder ist schwimmen gegangen und anschließend wieder nach Hause gefahren.«
    »Was ist in der Mordnacht geschehen?« Grace glaubte, die Erleichterung des Jungen zu sehen, sich das alles endlich von der Seele reden zu können. »Ich nehme an, du meinst den Mord am Strand nahe Surfside?«
    »Diesen Muller.« Ryan nickte. »Ich hab Greg am nächsten Tag gesehen, und er war total komisch. Ich meine, er war echt daneben, und er wollte mir nicht sagen, warum. Er wollte es keinem von uns sagen. Aber das war an dem Tag nach dem Mord, und ich weiß, dass Greg immer mit dem Rad da runtergefahren ist, in der Nähe vom Park, denn er hat sich immer hinter den Bäumen versteckt, wenn er …«
    »Ich verstehe«, sagte Grace.
    »Also hab ich mir meine Gedanken gemacht, wissen Sie?«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    »Er war total daneben, und jetzt ist er …«
    Ryan wandte sich ab, und Grace glaubte, dass er gleich in Tränen ausbrechen würde.
    »Ist schon gut«, sagte sie.
    »Gut? Gar nichts ist gut«, sagte er.
    »Das stimmt«, bestätigte sie.
    Ryan drehte sich wieder zum Haus um. Seine Augen waren gerötet. »Aber ich war nicht da. Also macht es auch keinen Sinn, den Cops was von mir zu sagen, oder? Ich kann ihnen nämlich wirklich nichts mit Sicherheit sagen.«
    »Okay.« Grace wartete einen Herzschlag lang. »Ryan, ich werde das nur einer Person gegenüber erwähnen, und zwar meinem Mann. Er ist Detective in Miami Beach …«
    »O Gott!«
    »Keine Bange«, versuchte sie, Ryan abermals zu beruhigen. »Aber eruntersucht den Muller-Mord, und das bedeutet, dass er davon erfahren muss.«
    »Aber da gibt es nichts zu erfahren«, flehte Ryan.
    »Vermutlich nicht.« Sanft legte Grace ihm die Hand auf den Arm. »Aber selbst wenn Detective Becket dir ein paar Fragen stellen will, Ryan, gibt es nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest.« Sie hielt kurz inne. »Es sei denn, du weißt, wo Greg seine Drogen herbekommen hat.«
    »Nein«, beeilte Ryan sich zu versichern. »Nein.«
    »Okay«, sagte Grace. »Dann ist das in Ordnung.«

28.
    Verkaufspersonal in Bekleidungsfachgeschäften ist so manchen Anblick gewöhnt: fette Männer und Frauen, die versuchen, ihre dicken Hintern in viel zu enge Jeans zu quetschen; flachbrüstige Mädchen, die Wonderbras über ihre winzigen Titten stülpen; alte Frauen, die Jogginganzüge anprobieren, und alte Männer, die in Sporthosen klettern. Die erfahreneren Verkäufer hüten sich davor, bei diesem Anblick auch nur zu lächeln. Sie wissen, dass ein Hauch von Spott ausreicht, um nicht nur den Kunden zu verärgern, sondern – schlimmer noch – auch einen Verkauf zu vereiteln.
    Maria Rivera war stolz darauf, eine hervorragende Verkäuferin zu sein. Das maß sie nicht nur am Umsatz, sondern auch daran, dass ihre Kunden glaubten, sie sei ehrlich daran interessiert, ihnen die richtige Kleidung zu verkaufen, weshalb sie immer wieder zu ihr kamen. Maria wusste, dass man bisweilen lügen oder die Wahrheit zumindest verschleiern musste; aber es gab auch Situationen, da man einem Kunden nicht gestattete, den Laden mit einem Kleidungsstück zu verlassen, in dem er

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