Leuchtende Sonne weites Land - Roman
sachlich.
»Sie haben Recht. Trotzdem tut es weh, behandelt zu werden, als ob man … nichts wäre.« Sie schluckte schwer.
»Ja, das kann ich verstehen.« Ben war unbegreiflich, wie ein Mann so schäbig zu einer Frau sein konnte.
»Ich dachte, wir seien glücklich«, sagte sie mit brüchiger Stimme. »Wir waren zehn Jahre verheiratet und hatten nie ernsthafte Probleme.« Ein Schluchzen stieg in ihrer Kehle auf. »Was habe ich nur falsch gemacht?«
Wie war es möglich, dass sie nicht gemerkt hatte, dass Henry sie nicht mehr liebte? Er hatte ihr mindestens alle zwei Wochen Blumen mitgebracht. Sie waren oft ausgegangen, hatten in romantischen Restaurants bei Kerzenlicht gegessen. Er hatte immer an ihren Hochzeitstag gedacht und ihr jedes Mal Schmuck geschenkt. Wann hatte er aufgehört, sie zu lieben?
»Ich bin sicher, dass Sie nichts falsch gemacht haben, Jackie«, sagte Ben. »Suchen Sie die Schuld nicht bei sich. Die Trennung von Ihnen ist ein Verlust für ihn, nicht für Sie. Er hat den größten Fehler seines Lebens gemacht, auch wenn ihm das vielleicht noch nicht klar ist.«
Jacqueline putzte sich die Nase und wischte sich die Tränen ab.»Ich habe nicht gewusst, wie sehr er sich eine Familie wünscht. Er hat immer gesagt, es spiele keine Rolle, dass wir keine Kinder haben. Und dann verlässt er mich, weil er mit einer anderen eine Familie gründen will.«
»Hat er das gesagt?«
Sie nickte. »Er spielt bereits den Stiefvater für ihren kleinen Sohn. Ist das zu fassen?« Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen.
»Warum haben Sie keine Kinder adoptiert?«, fragte er nach einem Augenblick. »Für Cindy und mich war das so erfüllend – wie eigene Kinder zu haben.«
Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Wir führten ein ausgefülltes Leben, hatten zahlreiche gesellschaftliche Verpflichtungen, waren viel unterwegs … Für jemanden mit einer großen Familie hört sich das egoistisch an, nicht wahr?«, fügte sie mit einem Seitenblick auf Ben hinzu. »In Ihrem Leben ist kein Platz für Ichbezogenheit und oberflächliche Vergnügungen.«
Ben bekam allmählich eine Vorstellung davon, was für eine Art Leben Jacqueline geführt hatte. »Ich konnte es mir nie erlauben, nur an mich zu denken. Wenn es nicht die Jungs sind, die mich brauchen, dann sind es meine Tiere.« Er sagte das ohne Bedauern. Ben war zufrieden mit seinem Leben. Wäre Cindy noch da, wäre es schlicht und einfach perfekt.
Er sah Jacqueline nachdenklich an. Dass sie sich in den letzten Tagen solche Mühe gegeben hatte, es allen recht zu machen, zeigte, dass sie durchaus imstande war, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen. »Ich weiß, Sie wollen das jetzt nicht hören, Jackie, aber Sie müssen nach vorn schauen, nicht zurück. Es wird nicht einfach sein, aber Sie schaffen das.«
»Mir bleibt ja wohl nichts anderes übrig«, murmelte sie bitter. Wie sollte sie nach allem, was Henry ihr angetan hatte, je wieder einem Mann vertrauen können?
»He, wie wär’s, wenn ich heute Abend kochen würde?«, sagte Ben betont munter. »Es gibt meine Spezialität.«
»Und das wäre?« Jacqueline war der Appetit gründlich vergangen.
»Überbackene Käsebrote. Und weil ich auch hervorragend mit dem Büchsenöffner umgehen kann, gibt’s Tomatensuppe dazu.«
Statt einer Antwort fing sie wieder zu weinen an. Ben brach es fast das Herz. Er ging zu ihr und legte ihr unbeholfen den Arm um die Schultern. »Nicht weinen, Jackie. Das hat dieser Mensch nicht verdient.« Obwohl er Henry Walters nicht kannte, war er ihm jetzt schon zutiefst unsympathisch. »Wollen wir uns heute Abend mal den Morris ansehen? Ich hab das alte Mädchen schon lange nicht mehr angekurbelt.«
Jacqueline versuchte zu lächeln, aber es wollte ihr nicht gelingen. »Dass er mir nicht wenigstens eine einzige Zeile geschrieben hat!«, flüsterte sie gedrückt. »Wenigstens ein ›Wie geht es dir, Jacqueline?‹ oder ›Kommst du zurecht so ganz allein?‹«
»Er ist ein fieser, herzloser Dreckskerl«, knurrte Ben grimmig.
Jacqueline sah verblüfft zu ihm auf.
»Oh! Entschuldigung, das ist mir so herausgerutscht. Eigentlich wollte ich das nicht laut sagen.«
Jetzt huschte doch ein Lächeln über ihr Gesicht. »Ich wünschte, ich hätte es zuerst gesagt.«
Als Henry durch die Hotelhalle ging, sprach der Empfangschef ihn an.
»Entschuldigen Sie, Mr. Walters, aber ich habe hier einen Brief für eine Mrs. Walters . Ist das Ihre Frau, Sir?«
Henry wusste nicht, was er antworten
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