Leuchtende Sonne weites Land - Roman
fest auf dem Boden stand und sie mindestens noch zwei Kinder miteinander haben wollten. Auch ihre Eltern mochten ihn. Anfangs waren sie zurückhaltend gewesen, aber als sie merkten, wie gut er und Verity zusammenpassten, und erfuhren, dass er ihrer Tochter und ihrem Enkel ein angenehmes Leben bieten konnte, schlossen sie ihn in ihr Herz und boten ihm jede nur denkbare Unterstützung bei der Beendigung seiner »unglücklichen« Ehe an.
»Verity?«, wiederholte Jacqueline ungläubig. Was für ein Name für eine langbeinige Blondine.
»Nicht so laut!«, zischte Henry verlegen.
Sie schlug ihm mit der flachen Hand auf die Brust. »Was fällt dir ein! Ich rede so laut, wie ich will! Hast du Angst, jemand könnte von deiner schmutzigen kleinen Affäre erfahren? Oder dass du mich einfach wegwirfst wie eine alte Zeitung, weil ich keine Kinder bekommen kann?«
»Lass uns nicht streiten, Jacqueline.« Henry wich zur Seite, weg von der Tür. »Das hat doch keinen Sinn. Ich liebe dich nicht mehr, das ist nun mal nicht zu ändern.«
»Oh, wie reizend von dir! Ich soll mich heimlich, still und leise davonschleichen, damit du mit deiner Verity glücklich werden kannst! Was erwartest du von mir? Dass ich irgendwo im australischen Busch verschwinde, nachdem ich in die Scheidung eingewilligt habe?«
Er zuckte mit den Schultern. Seine Gleichgültigkeit machte sie rasend. »Ist es dir so egal, was aus mir wird?«, kreischte sie. »Ich bin fremd hier, ich kenne niemanden, ich habe weder Freunde noch Familie hier!«
»Ich habe dir doch gesagt, du bekommst eine großzügige Abfindung«, erwiderte er ungerührt. »Damit kannst du erster Klasse nach New York zurückfahren, wenn du das willst.«
Sie starrte ihn an. Sie konnte nicht glauben, dass er so kaltschnäuzig sein konnte. Sollte sie nach Hause zurückkehren und ihrem Vater und all ihren Freunden erzählen, dass ihr Mann sie wegen einer anderen Frau verlassen hatte, noch bevor sie Melbourne erreicht hatten? Was für eine Demütigung!
»Ich habe dir zehn Jahre meines Lebens geschenkt, und als Dank dafür, dass du immer ein schönes Zuhause und ein gutes Essen hattest, wirfst du mich weg für diese … diese …«
»Es war ja nicht so, dass du hättest putzen und kochen müssen, Jacqueline. Dafür hatten wir eine Haushälterin.« Er wollte nicht sograusam sein, sie darauf hinzuweisen, dass man das Arrangieren von Blumensträußen wohl kaum als Hausarbeit betrachten konnte.
»Aber ich war diejenige, die alles organisiert hat, Henry.«
Wut und Enttäuschung trieben Jacqueline Tränen in die Augen. Sie würde ihm allerdings nicht den Gefallen tun, in seiner Gegenwart zu weinen. Hastig wandte sie sich ab, bückte sich, zog ihren Koffer unter dem Bett hervor und fing an, ihre Sachen aus Schubläden und Schrankfächern zu reißen. Erbost faltete sie die Kleidungsstücke zusammen und warf sie hinein.
Henry schaute ihr einen Augenblick zu. »Was tust du denn da?« Er dachte, sie wolle vielleicht in eine andere Kabine umziehen. »Du kannst ruhig hierbleiben, Jacqueline. Ich werde …«
»Ich will aber nicht hierbleiben«, stieß sie grimmig hervor. Jetzt konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten.
»Ich glaube nicht, dass du für eine Nacht noch eine andere Kabine bekommen wirst«, gab Henry zu bedenken.
»Ich will keine andere Kabine. Ich will nur fort von diesem Schiff und von dir und von diesem Flittchen mit den schäbigen Absätzen.«
»Wir sind doch erst morgen da«, stammelte Henry.
»Ich will aber heute noch von Bord«, fauchte sie.
Sie würde keinen Tag länger auf diesem Schiff verbringen, zusammen mit Henry und seiner Geliebten. Jacqueline knallte den Kofferdeckel zu, obwohl sie erst einen kleinen Teil ihrer Sachen eingepackt hatte.
»Das … das kannst du doch nicht machen!«, stotterte Henry.
»Das werden wir ja sehen!« Wütend ließ sie die Schlösser einrasten.
»Jacqueline, ich bitte dich! Wir haben doch bis nach Melbourne gebucht und … und wir müssen doch den ganzen Papierkram wegen der Scheidung erledigen!«
»Ich muss gar nichts!«, geiferte sie wutschäumend. »Du bist derjenige, der die Scheidung will, also kümmere du dich gefälligstauch um den Papierkram!« Sie schnappte ihre Handtasche, nahm ihren Koffer und stürmte an Henry vorbei aus der Kabine.
Er folgte ihr in den Korridor. »Jacqueline! Jacqueline, warte doch!« Panik erfasste ihn. »Wo willst du denn hin? Du kannst jetzt nicht von Bord gehen!«
Jacqueline antwortete nicht. Ohne
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