Leuchtende Sonne weites Land - Roman
nach, während er seinen Hut aufgeregt in den Händen drehte. »Siehst du, das war clever mit den sauberen Hemden«, sagte er zu seinem Kumpel. Dann sah er Ben an. »Du hast Recht gehabt.«
»Womit?«, knurrte Ben mürrisch.
»Du hast gesagt, Frauen mögen Männer, die auf ihr Äußeres achten. Ich hab das für dummes Zeug gehalten, aber dann haben Tom und ich beschlossen, es auszuprobieren, und es hat tatsächlich funktioniert.«
Ben brummelte etwas Unverständliches vor sich hin, stapfte ins Haus und schlug die Tür hinter sich zu.
Nick ging auf Tom und Cyril zu, bis er dicht vor ihnen stand. »Lasst euch bloß nicht volllaufen! Und benehmt euch, verstanden? Sonst kriegt ihr es mit mir zu tun.«
»Spiel dich bloß nicht als großer Bruder auf, Nick, das passt doch gar nicht zu dir«, erwiderte Tom dreist.
»Pass auf, was du sagst, Stevens. Ich kann ausgezeichnet mit dem Kastrationsgerät umgehen«, stieß Nick grimmig hervor.
Dann ließ er die beiden einfach stehen und marschierte zu den Ställen hinüber.
Ben saß bei einer Tasse Tee am Küchentisch, als die Freundinnen aus ihrem Zimmer kamen. Jacqueline trug einen leichten Zweiteiler in Schwarz und Weiß mit knielangem Rock und taillierter Jacke, dazu schwarze hochhackige Lackledersandaletten und eine schwarze Handtasche. Ihre Haare fielen ihr bis über die Schultern, und sie hatte sich geschminkt. Vera trug ein ärmelloses, figurbetontes gelbesKleid, dessen Farbe sehr gut zu ihren hellen Haaren passte. Jacqueline hatte ihr eine Perlenkette und weiße Schuhe geborgt.
»Wow!«, entfuhr es Ben bewundernd.
In diesem Moment kamen die Jungen, die Karten gespielt hatten, in die Küche. Beim Anblick der beiden Frauen rissen sie Mund und Augen auf.
»Ihr seht toll aus«, meinte Geoffrey. »Wo wollt ihr denn hin?«
»Ins Hawker Hotel«, antwortete Jacqueline.
»Ihr seht aus wie Geburtstagstorten«, sagte Bobby begeistert. »Zum Reinbeißen!«
Die Frauen lachten.
Vera sah Ben an. »Du bist uns doch nicht böse, oder?«
»Nein, nein«, erwiderte er, was gelogen war. »Aber nehmt euch in Acht, verstanden? Ich glaube zwar nicht, dass die zwei Trottel sich betrinken werden, aber ich hätte andererseits auch nicht geglaubt, dass ich sie jemals so geschniegelt sehen würde.«
»Geht ihr etwa mit Luxton und Stevens aus?«, fragte Geoffrey, der einen Blick nach draußen geworfen hatte, ungläubig.
»Ja, wieso?«, wollte Jacqueline wissen.
»Nun, ich … äh … ich finde, das kommt ziemlich überraschend«, erwiderte der Junge achselzuckend.
»Sie haben uns eingeladen«, erklärte Vera.
»Ach so.«
»Wir passen schon auf uns auf«, wandte sich Vera an Ben. »Falls wir zum Essen dort bleiben – nicht, dass ich verrückt auf ein Kängurusteak wäre –, könnt ihr euch selbst was zu essen machen?«
»Klar doch. Es sind noch Reste vom Mittagessen da, wir verhungern schon nicht. Viel Spaß!«
»Danke, Ben. Bis später.«
»Ja. Amüsiert euch gut.« Ben ließ sich nichts anmerken, aber er erstickte fast an diesen Worten. Er gönnte Jacqueline und Vera die Abwechslung von Herzen, aber er traute Cyril und Tom nicht über den Weg.
Die Frauen kletterten in den Fond des Jeeps. Cyril ließ den Motor an.
»Damit eines klar ist: Das ist keine Verabredung«, sagte Vera, als sie die Furt durchquerten, in der das Wasser jetzt nur noch einige wenige Zentimeter hoch stand. »Sonst brauchen wir gar nicht weiterzufahren, okay?«
Tom sah Cyril an. »Alles klar«, meinte er enttäuscht.
»Wir sind nur vier Nachbarn, die miteinander ausgehen«, ergänzte Jacqueline.
»Ganz recht«, erwiderte Cyril und starrte sie im Innenspiegel lüstern an.
Vera und Jacqueline wechselten einen besorgten Blick. Sie hatten Wilpena noch nicht einmal verlassen und fragten sich schon, ob sie nicht einen Fehler gemacht hatten.
20
Vera schürzte enttäuscht die Lippen, als sie nach Hawker hineinfuhren und praktisch keine Menschenseele zu sehen war. Auf einem Friedhof herrschte mehr Leben als in dieser Kleinstadt an einem Sonntagnachmittag.
Cyril und Tom hatten während der Fahrt darüber gesprochen, wer ihrer Meinung nach alles im Lokal anzutreffen sein würde.
»Wo sind sie denn alle?«, wunderte sich Vera.
»Bestimmt schon in der Kneipe«, antwortete Cyril im Brustton der Überzeugung.
Vera warf Jacqueline einen skeptischen Blick zu.
Das Hawker Hotel lag an der Elder Terrace. Rechteckige Säulen zierten die Straßenseite des zweigeschossigen Gebäudes. Im oberen Stock mit seinem
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