Leuchtende Sonne weites Land - Roman
betrachtete die Schlafende und versuchte, sich über seine Gefühle klar zu werden.
»Komm, Vera«, sagte er dann. Sie rührte sich nicht. »Vera? Muss ich dich etwa hineintragen?« Keine Antwort.
Ben kletterte auf die Ladefläche, hob Vera kurz entschlossen hoch und trug sie auf seinen Armen ins Haus. Nick hatte Jacqueline bereits in ihr Zimmer gebracht.
Als Ben durch die Haustür trat, öffnete Vera die Augen und lächelte verträumt. »Ich hab dich vermisst«, flüsterte sie. Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und schmiegte dann ihr Gesicht an seinen Hals.
Ben, der froh war, dass sie wohlbehalten wieder zu Hause war, erwiderte ihr Lächeln. Innerlich allerdings schäumte er vor Wut. Cyril und Tom sollten sich die nächste Zeit besser nicht auf Wilpena blicken lassen. Plötzlich kam ihm ein Gedanke, der ihn bedrückte. Hatte Vera ihn etwa mit Mike verwechselt, als sie sagte, sie habe ihn vermisst?
Er legte sie sachte auf ihr Bett und deckte sie zu, was Nick bei Jacqueline bereits getan hatte. Die beiden Männer sahen auf die schlafenden Frauen hinunter.
»Als könnten sie kein Wässerchen trüben«, bemerkte Ben. »Die werden morgen einen schönen Kater haben. Aber Hauptsache, sie sind wieder da. Was hatten Cyril und Tom zu ihrer Verteidigung zu sagen?«
»Nichts, ich hab sie nämlich nicht gesehen.«
»Soll das heißen, sie sind gegangen und haben Jackie und Vera allein im Lokal zurückgelassen?«, knurrte Ben zornig.
»Das glaube ich nicht, aber in dem Getümmel drinnen konnte ich sie nirgends entdecken. So voll war die Kneipe noch nie. Sally meint, Jackie und Vera seien die Attraktion gewesen. Sie hätten sich blendend amüsiert, hätten getanzt und Billard und Darts gespielt. Aber die Männer waren schon ziemlich zu, als ich hinkam, und die Situation drohte außer Kontrolle zu geraten. Es hätte nicht viel gefehlt, und ich hätte mich mit Bob Fitzpatrick geprügelt, weil er Jackie so bedrängte.«
»Na ja, es ist ja noch mal gut gegangen«, sagte Ben und ging zur Tür. Er schüttelte den Kopf. »Aber oft möchte ich so etwas nicht durchmachen. Ich glaube, ich werde allmählich zu alt für so viel Aufregung!«
Nick löschte das Licht und folgte seinem Bruder in die Küche. »Ja, das war wirklich ein nervenaufreibender Abend.«
Er beobachtete Ben, wie er Wasser für eine Kanne Tee aufsetzte. Man konnte ihm ansehen, dass die Sorge um die beiden Frauen ihn ziemlich mitgenommen hatte.
»Du hast Vera sehr gern, nicht wahr?«, fragte Nick leise. Er begriff inzwischen selbst nicht mehr, wie er auf Bens Beziehung zu Jacqueline hatte eifersüchtig sein können, und fragte sich nach dem Grund dafür.
»Ja, das stimmt«, gestand Ben leicht verlegen. »Sie ist eine wunderbare Frau, und wir verstehen uns blendend.«
Nick setzte sich an den Tisch. Ben schenkte zwei Tassen Tee ein und setzte sich dann ebenfalls.
»Vielleicht solltest du noch einmal heiraten, großer Bruder«, sagte Nick nachdenklich. »Ich weiß, ich weiß«, fügte er hastig hinzu und hob beschwichtigend beide Hände, »Cindy liegt noch nicht lange unter der Erde, aber du wirst auch nicht jünger.«
Ben nickte. »Mir kommt die Zeit seit ihrer Beerdigung offen gestanden wie eine Ewigkeit vor.«
»Nun, wenn dir die Richtige über den Weg läuft, wäre es dumm, sie wieder gehen zu lassen.«
»Ich hätte nie gedacht, dass ich noch einmal ans Heiraten denken würde.« Ben seufzte. »Aber mir fehlt Cindys Gesellschaft, und ich fühle mich wirklich wohl in Veras Nähe. Solange ich draußen bin und arbeite, komme ich gut zurecht, aber die Abende und die Nächte sind unerträglich lang und einsam. Ich habe geglaubt, ich würde mich irgendwann daran gewöhnen, aber es wird immer schlimmer statt besser.« Das hatte Ben noch keiner Menschenseele anvertraut.
Nick hatte schon bemerkt, dass sein Bruder abends oft mit Vera zusammensaß und sich gut mit ihr verstand. »Du könntest Vera bitten hierzubleiben.«
»Ich weiß nicht, was für Pläne sie hat«, antwortete Ben ausweichend. »Und außerdem hat sie es nach dem Fiasko mit Mike bestimmt nicht eilig, eine neue Beziehung einzugehen.« Er konnte ihr das nicht einmal verdenken.
»Mit der Zeit wird sie schon darüber hinwegkommen.«
»Ich will mir keine Illusionen machen«, erwiderte Ben. »Ich bin zu alt, um noch eine Enttäuschung zu erleben.« Er schwieg einen Augenblick. »Was ist eigentlich mit dir? Meinst du nicht, es ist an der Zeit, eine Gefährtin zu suchen?«
»Ich finde, es ist an der
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