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Leuchtende Sonne weites Land - Roman

Titel: Leuchtende Sonne weites Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser
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hörbar.
    Ihr Vater sprach bis heute nicht darüber, daher hatte sie nie verstanden, warum der Pöbel ihre Mutter für den Tod eines schwarzen Mädchens verantwortlich gemacht hatte. Sie selbst hatte die schmerzliche Erinnerung so gut es ging verdrängt. Erst seit einigen Jahren konnte sie darüber sprechen, ohne gleich in Tränen auszubrechen.
    »Das ist ja furchtbar«, sagte Vera mitfühlend.
    »Ohne Mutter aufzuwachsen war bestimmt schwer«, fügte Tess teilnahmsvoll hinzu. »Das muss ein schrecklicher Verlust gewesen sein.«
    Jacqueline nickte. »Ja, das war es. Dad hat mich allein großgezogen, obwohl er ein viel beschäftigter Mann war, tat er sein Bestes, um mir Vater und Mutter gleichzeitig zu sein. Er wusste, wie sehr ich meine Mom und Mitchell, meinen Bruder, vermisste.«
    Dass sie selbst alles getan hatte, um ihren Vater nicht mit ihrem Kummer zu belasten, und dass sie nach Kräften versucht hatte, ihre Mutter zu ersetzen, erwähnte sie nicht. Nach ihrem Umzug nach New York hatte ihr Vater zwar eine Haushälterin eingestellt, aber es war Jacqueline, die dafür sorgte, dass das Essen so zubereitet wurde, wie er es mochte, und die ihm jeden Wunsch von den Augen ablas, als könnte sie seinen Schmerz dadurch lindern.
    »Das Leben kann schon grausam sein.« Vera tätschelte Jacquelines Hand. Als wäre der Tod von Mutter und Bruder nicht schon hart genug gewesen, war sie jetzt auch noch mit einem untreuen Ehemann gestraft worden. »Aber Sie werden sehen, das Beste kommt noch«, fügte sie mit einem tröstlichen Lächeln hinzu.
    »Meinen Sie?« Jacqueline blickte auf das flache Land, das sich erstreckte, so weit das Auge reichte.
    »Lebt Ihr Vater noch?«, fragte Tess.
    »Ja, er wohnt immer noch in New York. Er ist jetzt im Ruhestand, aber noch rüstig und aktiv für sein Alter. Er ist Mitglied in verschiedenen Klubs und hat einen großen Bekannten- und Freundeskreis, aber er hat versprochen, Henry und mich zu besuchen, sobald wir …« Sie brach mitten im Satz ab. Ihr schnürte sich die Kehle zu, als sie daran dachte, dass sie ihrem Vater würde schreiben müssen, was passiert war.
    Vera tätschelte Jacqueline abermals beruhigend die Hand. Die Frauen schauten wieder aus dem Fenster. Im Nordosten erstreckte sich eine kupfrig schimmernde Bergkette, die aus der Ferne völlig kahl und vegetationslos erschien.
    »Sind das die Flinders Ranges?«, fragte Jacqueline bedrückt beim Anblick der unwirtlichen Gegend.
    Vera, die ihr gegenüber und gegen die Fahrtrichtung saß, blickte über ihre Schulter. »Ja, ich denke schon. Man hat uns gesagt, sie erstrecken sich fast fünfhundert Meilen weit in den Outback hinein. Das ist der größte Gebirgszug South Australias. Unser Ziel liegt irgendwo in der Mitte, glaube ich.«
    »Na, großartig«, murmelte Jacqueline.
    »Mr. Cavendish hat uns von den Tieren erzählt, die dort leben«, sagte Tess aufgeregt. »Ich kann’s kaum erwarten, sie zu sehen. Es gibt mehrere Känguru- und Wallaby-Arten und eine unglaubliche Vielzahl von Vögeln, unter anderem Papageien, Galahs, Emus und Keilschwanzadler. Ich freue mich schon auf die Kängurus, die sehen auf Fotos so süß aus. Zum Knuddeln!«
    »Hat er auch gesagt, dass es dort Schlangen gibt?«, fragte Jacqueline. Sie hatte viel über die Giftschlangen in Australien gelesen. Henry hatte ihr versprochen, sie würden in der Stadt wohnen, wo es keine Schlangen gab. Und jetzt war sie auf dem Weg in eine Gegend, die ihr wie ein Paradies für Schlangen vorkam. »Habt ihr gewusst, dass es in Australien einige der gefährlichsten Giftschlangen der Welt gibt?«
    Vera und Tess sahen sich unsicher an. Dann sagte Tess ausweichend: »Ich weiß, dass es alle möglichen Eidechsen gibt.«
    »Die kann ich auch nicht ausstehen«, murmelte Jacqueline niedergeschlagen. »Und ich hab gehört, dass sie in Australien ganz schön groß werden können.«
    »Es ist doch schön, unbekannte Tierarten kennen zu lernen. Das gehört nun einmal dazu, wenn man in einem fremden Land ein neues Leben anfängt«, erwiderte Vera geduldig. Sie konnte dennoch verstehen, dass Jacqueline nach all ihren negativen Erfahrungen Neuem gegenüber nicht unbedingt aufgeschlossen war.
    Jacqueline verzog schmerzlich das Gesicht.
    »Nach den Regenfällen im Winter verwandeln sich die Berge in ein wahres Blütenmeer, hat Mr. Cavendish erzählt. Die Leute fahren anscheinend hunderte von Meilen, nur um sich die Blütenpracht anzusehen«, sagte Tess.
    Jacquelines Miene hellte sich ein wenig

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