Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leuchtende Sonne weites Land - Roman

Titel: Leuchtende Sonne weites Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser
Vom Netzwerk:
Michael nahm einen Koffer und wollte sich einen zweiten unter den Arm klemmen, damit er auch Jacquelines Gepäck tragen konnte, aber die Koffer waren zu groß und zu schwer. Sie könne ihren selbst tragen, er sei ganz leicht, versicherte Jacqueline ihm.
    »Mein Auto steht dort drüben«, sagte Michael und ging voraus.
    »So hässlich, wie du prophezeit hast, ist er aber nicht«, sagte Tess zu Jacqueline.
    Michael hörte es und drehte sich zu den Frauen um. Er hatte rote Ohren bekommen. Vera lächelte ihm freundlich zu, stieß Tess aber ärgerlich mit dem Ellenbogen in die Seite.
    »Wieso? Stimmt doch!«, fuhr Tess ungerührt fort. »Hoffentlich sieht Tim Edwards genauso gut aus.«
    Vera verdrehte genervt die Augen, grinste dann aber wie die Katze, die von der Sahne genascht hat. »Schsch!«, machte sie. »Nicht so laut!«
    Tess zuckte mit den Schultern. »Soll er doch weghören.«
    Vera warf ihrer Freundin einen gereizten Blick zu, aber im nächsten Moment lächelte sie schon wieder. Sie konnte einfach nicht anders.
    Auf dem Parkplatz vor dem Bahnhof steuerte Michael auf einen ziemlich ramponierten Pick-up zu. Nachdem er die Koffer auf die Ladefläche gewuchtet hatte, drehte er sich zu den drei Frauen um, die alle schick angezogen waren, weil sie einen guten Eindruck zu machen hofften.
    »Das ist Ihr Auto?«, fragte Jacqueline ungläubig. Die Farbe konnte man nicht mehr erkennen, so verrostet und zerbeult und staubig war das Fahrzeug.
    »Ganz recht.« Ein Hauch von Stolz schwang unerklärlicherweise in Michaels Stimme mit. »Ich konnte ja nicht ahnen, dass ihr zu dritt kommt, deshalb habe ich den Ute genommen. Drei passen gut vorne rein, für vier wird es zu eng, und ich muss fahren, weil die Schaltung ein bisschen knifflig ist.« Er hoffte inständig, dass der Motor anspringen würde, damit er nicht wie der letzte Trottel dastand.
    »Den Ute?«, wiederholte Tess verständnislos.
    »Ja, so heißen diese Pick-ups hier bei uns«, erklärte Michael.
    »Haben Sie denn keine Limousine?« Jacqueline konnte es nichtfassen, dass Michael seine mögliche zukünftige Frau in so einem Schrotthaufen abholen kam.
    »Mit einer Limousine kann man auf einer Farm nicht viel anfangen. Ich habe noch einen Austin A 70, aber das ist auch ein Pick-up, und da passen nur zwei Personen hinein. Aber er ist ein richtiges Arbeitstier. Mit dem kann ich Baumstümpfe aus dem Boden ziehen oder einen Berg Heuballen auf die Ladefläche türmen, und er läuft und läuft und läuft!«
    Michael versuchte ganz offensichtlich, die Frauen zu beeindrucken, aber Jacqueline war zum Weinen zumute. Eine von ihnen dreien würde auf der Ladefläche Platz nehmen müssen, und es war nicht schwer zu erraten, wer das sein würde. Sie streifte Vera und Tess mit einem flüchtigen Blick und schlug dann vor, ein Taxi nach Wilpena Station zu nehmen. Das Geld wollte sie sich von Ben Dulton zurückholen.
    »Um diese Zeit werden Sie keinen Taxifahrer finden, der in die Berge hinausfährt«, erwiderte Michael.
    Er schien ein wenig erstaunt über ihren Vorschlag. Es gab nur zwei Taxis in Port Augusta, und deren Fahrer waren am späten Nachmittag in der Kneipe anzutreffen. Jacqueline wusste nicht, was sie davon halten sollte.
    »Ich weiß, was wir machen«, sagte Tess und sah dabei Vera an. »Ich setze mich mit Jacqueline nach hinten, und du bleibst vorne bei Michael.« Sie hätte sich zwar gern nach vorn gesetzt, damit sie Michael über Tim Edwards hätte ausfragen können, aber sie wollte Jacqueline nicht allein auf der Ladefläche fahren lassen. Und Vera war bestimmt froh, dass sie Michael eine Weile für sich allein hatte. »Das wird lustig, du wirst sehen«, fügte sie an Jacqueline gewandt hinzu.
    »Lustig!«, entfuhr es Jacqueline. Sie fragte sich, ob Tess zurechnungsfähig war. Sie wollte keine Spielverderberin sein, aber sie dachte nicht im Traum daran, sich auf die Ladefläche dieser Rostlaube zu setzen.
    »Dann wäre das ja geklärt«, beendete Michael die Diskussion.
    Er klappte die hintere Ladeklappe herunter, nahm Jacqueline ihren Koffer aus der Hand und warf ihn neben den von Vera und Tess. Jacqueline riss fassungslos Mund und Augen auf. Die Ladefläche war übersät mit Strohbüscheln, bedeckt von einer dicken roten Staubschicht und undefinierbarem Unrat, den sie sich lieber nicht aus der Nähe ansehen wollte. Und dieser Mensch hatte ihren sündhaft teuren Vintage-Yankee-Clipper-Koffer aus einem Fachgeschäft in Manhattan in diesen Dreck geschleudert, als

Weitere Kostenlose Bücher