Leuchtende Sonne weites Land - Roman
überhaupt nichts Furchteinflößendes mehr.
Ben griff nach dem leeren Eimer. »So, jetzt können Sie gefahrlos wieder reingehen und die Eier einsammeln.«
Jacqueline riss die Augen auf. »Ich werde ganz sicher nicht noch einmal da hineingehen!«
»O doch, das werden Sie«, konterte Ben und drückte ihr den Eimer in die Hand. »Nun machen Sie schon.« Er öffnete das Tor und nickte mit dem Kopf in Richtung der kleinen Holzhütte. »Es müssten ungefähr ein Dutzend Eier im Stall sein. Passen Sie auf, dass Sie keines zerbrechen.«
Jacqueline sah ihn kläglich an, aber Ben ließ sich nicht erweichen. »Nun gehen Sie schon. Solange sie fressen, sind Sie in Sicherheit«, fügte er spöttisch hinzu. Er fasste sie am Arm, schob sie in den Pferch zurück und machte das kleine Tor wieder zu.
»Gehen Sie ja nicht weg«, bat sie mit einem nervösen Blick über die Schulter zum Futtertrog hin.
»Nein, nein, ich warte hier.« Ben wusste, dass diese Härte der einzige Weg war, sie zu zwingen, ihre Ängste zu überwinden.
Immer wieder ängstlich zu den Hühnern hin spähend, huschte Jacqueline hinter ihnen vorbei zum Hühnerstall, wo sie in aller Eile die Eier einsammelte. Schnell lief sie zum Tor zurück.
»Schon fertig?«, wunderte sich Ben.
Sie nickte. »Machen Sie auf. Schnell!« Die Tür hatte nicht nur innen, sondern auch außen einen Riegel.
Als Ben geöffnet hatte, schlüpfte sie hastig hinaus und gab ihm den Eimer. Angewidert betrachtete sie ihre Schuhsohlen.
»Nehmen Sie künftig eine Hand voll Körner mit, wenn Sie reingehen, dann sind die Hühner abgelenkt«, riet Ben. »Und Sie brauchen sich nicht vor gefährlichen Schnabelhieben zu fürchten«, fügte er grinsend hinzu.
Jacqueline warf ihm einen finsteren Blick zu. Im Hintergrund konnte sie Bens Söhne lachen hören. »Vielleicht sollte ich lieber eine Axt mitnehmen«, knurrte sie.
»Das können Sie machen, wenn Brathähnchen auf dem Speiseplan steht.«
Jacqueline machte ein entsetztes Gesicht. »Ich werde ganz bestimmt kein Huhn töten! Nichts und niemand wird mich dazu bringen!«, erwiderte sie heftig.
Erst als sie das Zucken um Bens Mundwinkel bemerkte, wurde ihr klar, dass er sie auf den Arm genommen hatte.
»Und jetzt gehen wir zu den Hunden«, sagte er.
Der große Zwinger befand sich hinter dem Schuppen, in dem die Generatoren untergebracht waren. Die hölzernen Hundehütten standen auf Backsteinen und lagen vor Wind und der Nachmittagssonne geschützt im Schatten des Schuppens.
»Warum haben sie keine Decken in ihren Hütten?«, wollte Jacqueline wissen.
»Das sind Arbeitstiere, keine Schoßhunde«, erwiderte Ben.
»Ein Grund mehr, sie gut zu behandeln«, gab sie zurück.
Cindy hatte ihnen einmal im Winter Decken in die Hütten geworfen, aber die Hunde hatten nichts Besseres zu tun gehabt, als sie an einem Regentag, als sie nicht gearbeitet hatten, in den Dreck zu zerren. »Ich schneide das Fleisch für die Hunde klein und bewahre es in einem Kühlschrank in der Waschküche auf. Sie können ein paar Essensreste daruntermischen.«
Jacqueline blickte skeptisch drein. »Tun sie mir auch nichts?«
»Nein, die sind völlig harmlos.«
»Wer weiß. Immerhin haben sie Zähne«, bemerkte sie bissig.
Ben seufzte entnervt. »Ich sage doch, die tun Ihnen nichts. Sie arbeiten hart, deshalb muss ich sicher sein, dass sie anständig gefüttert werden. Sorgen Sie dafür?«
Jacqueline nickte widerstrebend.
»Ach, noch etwas. Die Hühner fressen auch altes Brot und Gemüseabfälle wie Schalen und Kohlblätter.«
»Dot wird mir doch beim Füttern zur Hand gehen, oder?«
»Ja, ja«, antwortete Ben zerstreut. Jacqueline sah ihn scharf an, aber Ben war mit seinen Gedanken schon wieder woanders.
»Haben Sie Nick eigentlich gestern Abend noch getroffen?« Er lief voraus in Richtung Haus.
Jacqueline blieb abrupt stehen. »Nick?«
»Ja, meinen Bruder. Ich habe ihm gesagt, Sie seien im Haus, und er meinte, er wolle Sie gern kennen lernen. Er ist danach nicht mehr auf die Grillparty zurückgekommen. Wahrscheinlich ist er anschließend gleich ins Bett gegangen.«
Jacqueline spürte, wie ihr das Blut in den Ohren rauschte. »Ach so, ja, Nick, ja, den habe ich gestern Abend noch getroffen«, stotterte sie und beeilte sich, Ben zu folgen. Sie hatte Nick gesehen, und danach war er tatsächlich gleich ins Bett gegangen, und zwar mit ihr.
Sie betraten das Haus durch den Hintereingang. Kaum standen sie im Flur, kam Nick herein. Er hatte sich umgezogen.
»Guten
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