Leuchtende Sonne weites Land - Roman
zurück.
Sie war innerlich viel zu aufgewühlt, um zur Ruhe zu kommen. Früher hatte sie sich immer in einem ausgiebigen Bad entspannt, aber diesen Luxus konnte sie sich auf Wilpena nicht leisten. Oder vielleicht doch? Sie dachte an die ausrangierte Badewanne hinter dem Geräteschuppen. Dort wäre sie völlig ungestört. Aber Ben würde sicherlich zornig werden, wenn sie Wasser für ein Bad verschwendete. Ach was, sagte sie sich dann. Ein einziges Bad! Die anderen würden sowieso nichts merken, die würden die nächsten Stunden mit Essen und Trinken beschäftigt sein.
Jacqueline ging noch einmal hinaus und vergewisserte sich, dass die Hunde Wasser hatten – füttern würde sie sie später. Zurück in der Küche suchte sie nach einem Lappen, um die Badewanne vor dem Füllen zu putzen. In diesem Moment kamen Vera und Tess aufgeregt plappernd herein und gingen in ihr Zimmer. Jacqueline folgte ihnen und streckte den Kopf zur Tür hinein.
»Was habt ihr denn vor?«
»Wir packen, wir werden bald abreisen. Unser neues Zuhause wartet«, sagte Vera fröhlich.
»Oh«, machte Jacqueline enttäuscht.
»Was hast du denn?«, fragte Tess.
»Ach, nichts. Es ist nur … Ihr werdet mir ganz schrecklich fehlen«, fügte sie bedrückt hinzu.
Vera und Tess wechselten einen schuldbewussten Blick. In ihrer überschwänglichen Freude hatten sie keinen Gedanken mehr an Jacqueline und deren Gefühle verschwendet.
»Wir sind doch nicht aus der Welt«, tröstete Tess sie. »Ben hat uns versprochen, dass er dich so oft wie möglich zu uns fährt.«
»Trotzdem«, murmelte Jacqueline geknickt. »Ich weiß nicht, wie ich ohne euch hier zurechtkommen soll. Das wird eine einzige Katastrophe werden.« Wenn sie nur ans Kochen dachte, noch dazu für so viele Personen. Sie würde darauf bestehen, dass diese Dot das übernahm.
»Du schaffst das schon.« Tess legte ihr einen Arm um die Schultern.
Jacqueline war sich da nicht so sicher. Bens Söhne konnten sie nicht leiden, das Verhältnis zu Nick war getrübt, und Ben schien entschlossen, sie wie eine Sklavin zu halten. Könnte ich doch mein altes Leben zurückhaben!, dachte sie. Sie wünschte sich inständig, alles wäre wieder so wie früher. Ihr war nach Weinen zumute, aber sie kämpfte tapfer gegen die Tränen an. Sie wollte Vera und Tess nicht ihren Hochzeitstag verderben. »Kommt ihr mich auch besuchen?«, fragte sie kläglich.
»Sooft es geht«, versicherte Tess, während sie ihren Koffer aufklappte.
»Tim und Mike haben ja auch Funkgeräte zu Hause, wir drei können also jeden Tag miteinander plaudern«, meinte Vera.
Das war nicht das Gleiche wie miteinander unter demselben Dach zu wohnen, aber Jacqueline sagte nichts.
»Du kommst schon klar, das klappt schon, du wirst sehen«, fuhr Vera aufmunternd fort.
»Wie weit seid ihr denn weg?«, fragte Jacqueline und merkte selbst, dass sie sich wie ein kleines Mädchen anhörte.
»Nur ein paar Meilen«, erwiderte Vera.
»Was sagst du zu Tims Heiratsantrag, Jacqueline?«, fragte Tess erwartungsvoll. »War das nicht süß?«
»O ja, das war es wirklich«, entgegnete Jacqueline. Sie versuchte so viel Begeisterung zu zeigen wie möglich. »Wer hätte gedacht, es könnte so romantisch sein, wie ein Stier mit dem Lasso eingefangen zu werden?«
»Also, ich nicht! Ich war so perplex, dass es mir glatt die Sprache verschlagen hat, und das sieht mir gar nicht ähnlich.«
»Das stimmt allerdings«, warf Vera ein. »Tess ist wirklich nicht auf den Mund gefallen. Und je glücklicher sie ist, desto besser funktioniert ihr Mundwerk. Der arme Tim tut mir jetzt schon leid!«
»Ach, du!« Tess schlug im Spaß nach ihr. »Tim hat mir erzählt, er habe mich von dem Moment an heiraten wollen, als er gesehen habe, dass ich mich fürs Lassowerfen interessiere. Jetzt werde ich natürlich auch in Zukunft so tun müssen, als ob mich das faszinieren würde.« Sie verdrehte in gespielter Verzweiflung die Augen. »Aber er hat auch gesagt, dass er mich unwiderstehlich und wunderschön findet«, fügte sie strahlend hinzu. »Die Mühe lohnt sich also.«
»Und er hat wirklich so lange nach einem Schimmel suchen müssen?«, fragte Jacqueline.
Das war schon bemerkenswert. Sie hatte gar nicht gewusst, dass es Männer gab, die sich so sehr bemühten, eine Frau glücklich zu machen. Sie hatte noch keinen getroffen.
»Ja, er musste bis nach Peterborough – das liegt weiß Gott wie viele Meilen weit weg. Deshalb dachten alle, er hätte kalte Füße gekriegt und
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