Leuchtende Sonne weites Land - Roman
wahr sein! Sie waren nicht mehr da. Sich mit beiden Händen so gut es ging bedeckend, huschte sie an den Zaun und spähte auf die andere Seite. Jacqueline geriet in Panik, als sie ihre Sachen auf der staubigen Erde liegen sah. Wie war das möglich? Es war doch gar nicht windig.
»O nein!«, jammerte sie ärgerlich.
Und was jetzt? Sie schaute sich nach einem Stock um, der lang genug wäre, dass sie sich hinüberbeugen und nach ihren Sachen fischen konnte, aber sie fand nichts Geeignetes. Ihr würde nichts anderes übrig bleiben, als am Zaun entlang und durch das Tor auf die andere Seite zu gehen. Aber wenn nun jemand kam?
Jacqueline holte tief Luft und nahm ihren ganzen Mut zusammen. Auf einmal hörte sie Schritte. Erschrocken ging sie in die Hocke und presste sich dicht an den Zaun. Falls es möglich war, am ganzen Körper rot zu werden, dann tat sie das jetzt mit Sicherheit. Sie kniff die Augen fest zu, wie ein kleines Kind, das sich dadurch unsichtbar zu machen glaubt.
Nick, der das ganze Haus nach Jacqueline abgesucht, sie aber nirgends gefunden hatte, ging wieder hinaus. Ob sie spazieren gegangen war? Als er seinen Blick in die Runde schweifen ließ, bemerkte er ein seltsames Bündel auf dem Boden am Zaun unweit des Geräteschuppens. Nick ging hin, bückte sich, hob die Kleidungsstücke auf und schüttelte sie aus. Ein Handtuch fiel herunter, und er hob es nachdenklich auf.
Jacqueline hockte auf der anderen Seite des Zauns und hielt den Atem an. Sie hatte die Augen immer noch fest geschlossen.
Nick konnte sich im ersten Augenblick keinen Reim auf seine Entdeckung machen, dann fiel ihm jedoch die alte Badewanne ein, und er musste grinsen. Er schaute über den Zaun. Die Wanne war mit Wasser gefüllt, aber es saß niemand darin. Er stutzte. Dann dämmerte es ihm. Schmunzelnd beugte er sich über den Zaun und konnte nur mühsam ein Lachen verkneifen, als er Jacquelines nackten Rücken erblickte.
»Sie haben nicht zufällig etwas verloren?«
Jacqueline erkannte seine Stimme sofort. Sie riss die Augen auf, blickte nach oben und sah entsetzt, wie Nick ihre Kleider und das Handtuch über den Zaun hielt. Sie schnappte sich ihre Sachen, blieb aber in der Hocke.
»Verschwinden Sie«, fauchte sie wütend. Sie wäre am liebsten im Boden versunken, so peinlich war ihr das Ganze.
»Aber, aber! Ich wollte Ihnen doch nur behilflich sein«, erwiderte Nick belustigt. Dass er offensichtlich seinen Spaß an ihrer misslichen Lage hatte, brachte sie noch mehr in Rage.
»Haben Sie meine Sachen hinuntergeworfen?«
»Nein, ich habe sie eben erst entdeckt.«
»Sie könnten wenigstens so viel Anstand besitzen und die Augen schließen«, zischte Jacqueline.
Nick zuckte die Achseln. »Wozu? Es ist nicht das erste Mal, dass ich Sie nackt sehe …«
»Halten Sie den Mund!«, fuhr sie ihn an. »Dann drehen Sie sich wenigstens um!«
»Von mir aus.« Übers ganze Gesicht grinsend, drehte er sich Richtung Haus und verschränkte die Arme vor der Brust.
Jacqueline richtete sich auf und wickelte sich in ihr Handtuch. Sie würde ins Haus huschen und sich dort anziehen. Sie wollte keine Sekunde länger als unbedingt nötig in Nicks Gegenwart verbringen.
»Nick!«, rief eine Frauenstimme.
»Verdammt«, brummte er. Es war Rachel Roberts, die gerade um die Hausecke bog und auf ihn zukam. Jacqueline duckte sich schnell wieder hinter den Zaun.
»Was machst du denn hier draußen?«, fragte Rachel. »Ben hat gemeint, du wärst im Haus.«
»Ach, ich, äh … ich hab gedacht, ich hätte eine Schlange gesehen«, stammelte er.
Als Jacqueline das Wort Schlange hörte, gab sie vor Schreck einen erstickten Laut von sich. Nick drehte sich unwillkürlich um.
»Was war das denn?«, fragte Rachel näher kommend.
»Das? Oh, äh … das … muss die Schlange gewesen sein.« Nick eilte ihr entgegen, legte ihr den Arm um die Schultern und drehte sie in Richtung Haus.
Rachel zog eine Braue hoch. »Schlangen geben nicht solch quiekende Laute von sich!«, entrüstete sie sich.
»Das war eindeutig ein Zischen, und es war eine sehr große Schlange. Lass uns besser zum Haus zurückgehen. Wer weiß, vielleicht ist sie giftig.«
»Willst du nicht dein Gewehr holen? Ich hab gehört, ihr habt eine neue Haushälterin. Vielleicht hat sie Angst vor Schlangen.«
»Nein, nein, sie fürchtet weder Tod noch Teufel«, erwiderte Nick.
Jacqueline konnte Nick anhören, dass er sich das Lachen verbeißen musste, und das brachte sie zur Weißglut. Sie spähte durch
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