Leuchtendes Land
aufzunehmen. »Tut mir leid, Mr. Price, der Schweinebraten ist ausgegangen. Wir haben aber noch gebratenes Lamm.«
»Dann eben das«, sagte Clem und sah zu, wie Vosper seinen Schweinebraten verschlang. »Heute ist einfach nicht mein Tag.«
Thora wartete den ganzen Tag im Cottage auf Clem. Dank einer übelschmeckenden weißlichen Mixtur, die Nanny ihr besorgt hatte, hatte sie gut geschlafen und fühlte sich in der Lage, ihrem Mann gegenüberzutreten. Wie üblich würde er angekrochen kommen und sie anflehen, ihm zu verzeihen, doch diesmal würde sie standhaft bleiben. Sie würde ihm sagen, was sie wirklich von ihm hielt, und ihn leiden lassen. Sie würde ihn mit der Nachricht konfrontieren, dass sie von seinem bösen Haus und den Huren wusste, und ihn dann für immer aus ihrem Leben verbannen. In Gedanken spielte sie den Racheengel. Zuerst würde sie ihn zwingen, für seine Sünden zu büßen, und ihn dann von ihrer Schwelle weisen. Die dramatische Szene, die sich in ihrer Phantasie abspielte, erregte sie. Clem war tiefer gesunken, als sie sich hatte träumen lassen, und sie bezweifelte, dass Gott ihm vergeben würde.
In selbstgerechte Gedanken versunken, aß Thora sämtliche Gänge ihres Mittagessens auf: Suppe, kaltes Fleisch mit eingelegtem Gemüse und Karamellpudding. Nanny war sehr zufrieden mit ihrem Appetit. Thora nippte sogar an einem köstlichen Weißwein, der ihre Stimmung beträchtlich hob und ihr neues Selbstvertrauen verlieh.
»Wir ziehen bald um, Nanny. Ich möchte, dass du Miss Devane davon in Kenntnis setzt.«
»Das werde ich tun. Ist das Strandhaus fertig?«
»Mein Heim wird bald fertig sein«, korrigierte Thora.
Nanny war begeistert. »Wie aufregend, in einem Haus zu leben, wo man den Ozean gleich vor der Tür hat. Ich kann mit Lydia am Strand spielen. Und Mr. Price wird auf uns acht geben.«
»Wovon redest du eigentlich? Wir brauchen niemanden, der auf uns achtgibt. Ich jedenfalls nicht. Ich bin durchaus in der Lage, meinen Haushalt ohne ihn zu führen.«
»Natürlich, Madam. Ich meinte auch nur, dass es vielleicht schön für Sie wäre, wieder mit Ihrer Familie zusammenzuleben. Und das Haus ist so viel geräumiger als das Cottage.«
»Ja, hier leben wir reichlich beengt. Warte nur, bis du die herrlichen Möbel siehst, die ich bestellt habe. Unser neues Haus wird vollkommen sein. Du bekommst ein eigenes Zimmer und Lydia auch. Mein Zimmer wird richtig edel eingerichtet. Wir brauchen Mr. Price nicht. Er wird nicht mit in dieses Haus ziehen.«
Sie sah Nannys missbilligenden Gesichtsausdruck und stieß einen mitleidsvollen Seufzer aus. »Du bist erst siebzehn und wirst noch erfahren, wie schlecht die Männer sind. Lass dich von einer Frau warnen, die es wissen muss. Halte dich fern von den Männern, sonst werden sie dich zerstören.«
»Das sagt meine Mum auch«, entgegnete Netta düster. »Sie redet von nichts anderem. Aber Mr. Price ist nett.«
»Da hast du’s! Siehst du, wie leichtgläubig du bist? Er ist nämlich einer von den Schlimmsten.« Thora lächelte zufrieden, als Nanny bei dieser Bemerkung den Mund aufriß.
Der Nachmittag zog sich dahin. Clem war noch immer nicht aufgetaucht, und Thora wurde immer aufgeregter. Sie beschloss, an Alice zu schreiben und ihr zu berichten, was sie Schreckliches in Erfahrung gebracht hatte. Sie wollte ihr erklären, dass sie mit einem so liederlichen Mann nicht zusammenleben konnte.
Den Brief begann sie mit den üblichen Begrüßungsfloskeln, in denen sie ihrer Hoffnung Ausdruck gab, dass Alice glücklich und auf Lancoorie alles in Ordnung sei, doch schon bald wurde Thora klar, dass sie Alices Heirat nicht ignorieren konnte. Sie hielt es für unverzichtbar, ihre Schwägerin, deren einzige wirkliche Freundin sie war, vor den Männern zu warnen. Alice verdiente Mitleid, da sie erniedrigende eheliche Pflichten zu erfüllen hatte, und Thora bot ihr Rat und Hilfe an. Sollte sie jemals eine Zuflucht benötigen, wäre sie in Thoras Strandhaus immer willkommen.
Thora füllte Seite um Seite. Sie berichtete über ihr göttliches Heim, das so neu und rein sei, unberührt von
ihnen
. Schrieb von Männern, an denen der Schmutz der Freudenhäuser klebte, die mit Huren schliefen, scheue junge Frauen verführten. Von Männern, die sich mit lauten, übermütigen Huren wie dieser Jocelyn einließen. Sie selbst habe sie im Zug gesehen, Nutten, leichte Mädchen, die Huren von Babylon. Gegen ihre abstoßende Zurschaustellung und die Art, wie sie die Männer
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