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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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schlafe. Es ist schlecht für meine Verdauung. Sprich mit ihm.«
    »Für den Augenblick wäre es besser, nichts zu sagen, mein Lieber. Henery wird sicher noch weitere Gäste empfangen und möchte ihnen vermutlich keinen Anlass für Gerede bieten.«
    »Das Gerede interessiert mich nicht«, knurrte Robert. »Man sollte sich nicht vom Klatsch des einfachen Volkes beunruhigen lassen. Du bringst mir doch vor dem Schlafengehen heiße Milch, Brandy und meine Massagelotion, ja? Ich hoffe, du hast sie eingepackt.«
    »Ja. Geh jetzt, während ich deine Sachen auspacke.«
    Zu Lillians großer Freude war Robert eifersüchtig. Er hatte natürlich bemerkt, wie herzlich Henery Lil nach der Landung umarmt und wie unverschämt lange er sie geküßt hatte.
    »Lillian«, hatte Henery schmeichelnd gesagt, »Sie sehen aus wie das blühende Leben! Robert, du solltest besser ein Auge auf die Burschen in Perth haben, sonst bist du diese Schönheit los.«
    Robert wäre vermutlich am liebsten sofort wieder an Bord gegangen, doch Henerys Kutsche wartete bereits, um sie zu ihm nach Hause zu bringen.
    Lillian gefiel das Zimmer, das Henery ihr gegeben hatte, ausnehmend gut. Es bot einen schönen Ausblick auf die Straße, in der es recht lebhaft zuging. Dieses Zimmer war nicht zu vergleichen mit jenem, das sie seinerzeit in Merles Pension bewohnt hatte. Lil war eigentlich ganz froh, dass sie es nicht mit Robert teilen musste.
    »Man könnte denken, er sei neunzig«, murmelte sie, »so, wie er seine Wehwehchen pflegt. Er braucht seinen Schlaf, aber mir zieht er ständig die Bettdecke weg und weckt mich mit seiner Schnarcherei. In diesem Zimmer hier fühle ich mich wie im Paradies.«
    Natürlich dachte sie nicht im Traum daran, irgendetwas an ihrer Situation zu ändern. Minchfield war ihr und Carolines Zuhause. Ihre Tochter wuchs zu einem hübschen Mädchen heran, das fröhlich durch die Gegend sprang und vom Personal vergöttert wurde. Lillian fragte sich noch immer, ob es gut gewesen war, sie allein zu lassen, doch sie wusste sie bei der Köchin in besten Händen.
    Robert interessierte sich kaum für das Kind, was Lillian ganz recht war. Auf die Einmischung eines Junggesellen, der keine Ahnung von Kindererziehung hatte, konnte sie gut verzichten. Caroline gehörte ihr allein. Sie sollte es im Leben einmal leichter haben als ihre Mutter. Um dieses Ziel zu erreichen, würde Lillian zur Not auch mit hundert Roberts schlafen. Caroline würde die besten Schulen besuchen und die richtigen Leute kennenlernen. Sollte sie je ihrer Schwester, die im Luxus von Lancoorie aufwuchs, begegnen, so dürfte sich bei Caroline nicht der Eindruck festsetzen, dass das Schicksal sie benachteiligt hätte. Manchmal hatte Lillian das Gefühl, sie müsse darum kämpfen, dass Caroline gegenüber ihrer Schwester nicht ins Hintertreffen geriet.
    Ihre Tage in Perth waren ausgefüllt. Wenn Henery keine Gäste hatte, gingen sie einkaufen, besichtigten die Sehenswürdigkeiten der Stadt, besuchten das Regierungsgebäude und wurden sogar zusammen mit hundert anderen Gästen zu einer Soiree ins prächtige Government House eingeladen. Henery führte sie zu einer Varietévorstellung ins Odeon-Theater, die Robert ebenso sehr missfiel, wie sie Lillian und ihren Gastgeber begeisterte. Die beiden lachten sich halb tot und stimmten fröhlich mit ein, als die Dame im grünen Kleid das Publikum zum Mitsingen animierte.
    »Es ist mir unbegreiflich, dass ein Mann in deiner Position an einer derart gewöhnlichen Vorstellung Gefallen finden kann«, klagte Robert, als sie das Theater verließen, doch Henery lachte nur. »Das war die beste Show seit Jahren. Sei doch nicht immer so schlecht gelaunt. Sieh dir Lillian an, sie hat Bauchweh vor Lachen.«
    Vor dem Schlafengehen rieb Lillian Robert den Rücken ein, der, so zankte er, vom Sitzen auf den harten Theaterstühlen völlig verspannt sei. Robert hatte eine fürchterliche Laune.
    »Du scheinst dich gut mit Henery zu verstehen.«
    »Das muss ich. Schließlich ist er unser Gastgeber.«
    »Bei dieser Show hast du wie eine Hyäne gelacht!«
    Sie drückte sein Gesicht ins Kissen, klatschte ihm die Lotion auf den Rücken und massierte ihn sanft ein – vor allem, damit er sich endlich beruhigte, denn sein wabbliger, weißer Rücken bedurfte ihrer Behandlung eigentlich gar nicht.
    »Ich habe den Eindruck, du hast Henery wirklich gern«, beklagte er sich. Lillian entgegnete offen: »Wieso nicht? Er ist unser Freund und ein überaus unterhaltsamer

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