Leuchtendes Land
Gesellschafter. Du musst zugeben, dass man sich mit ihm niemals langweilt. Er kennt so viele Leute. Die Menschen in Perth sind viel netter als unsere eingebildeten Nachbarn. Das hast du selbst gesagt.«
Er rappelte sich hoch. »Warum tust du mir das an? Habe ich etwa nicht für dich gesorgt? Habe ich mich nicht deiner angenommen?«
»Was tue ich dir an?«, fragte sie unschuldig.
»Du bist lieber mit Henery als mit mir zusammen. Das ist ganz offensichtlich, und ich fühle mich gedemütigt. Glaube nicht, dass ich es nicht merke«, jammerte er, den Tränen nahe. »Er versucht, dich mir wegzunehmen. Seit dem Tod seiner Frau ist er ein sehr einsamer Mann. Eine Frau wie du könnte ihm das Haus besser führen als diese Hexen, die er beschäftigt. Und du ermutigst ihn auch noch.«
Lillian lehnte sich seufzend zurück. »Guter Gott, Robert. Du redest, als wollte ich dich verlassen. Ich muss zugeben, dass Henery hier in der Stadt ein aufregenderes Leben führt als wir in Minchfield, aber das sollte dich nicht beunruhigen.«
»Tut es aber. Wo ist dieser Cornish eigentlich abgeblieben?«
»Wer?«, Die Frage überraschte sie.
»Dein Mann.«
»Ach so. Ich habe keine Ahnung. Ich habe dir ja schon einmal erzählt, dass er mich verlassen hat, worüber ich im Nachhinein auch froh bin. Meine Mutter hatte mich von Anfang an vor ihm gewarnt.«
»Offensichtlich hatte deine Mutter mehr Verstand als du.«
»So ist es wohl. Darüber kann ich nicht mit dir streiten.«
»Ich streite ohnehin nicht gern.«
»Tut mir leid. Haben wir etwa gestritten? Was ist los mit dir, Liebster? Vielleicht hättest du auf die geschmorten Zwiebeln verzichten sollten, sie bekommen dir nicht.«
»Zum Teufel mit den Zwiebeln!«, Er stieg aus dem Bett und zog seinen Morgenmantel an. »Ich sprach von diesem Kerl, mit dem du verheiratet bist. Ich möchte, dass du ihn loswirst.«
»Ich bin ihn los.«
»Aber du bist nicht offiziell von ihm geschieden. Ich werde mit dir einen Anwalt aufsuchen und der Sache ein Ende bereiten. Dein Mann hat dich immerhin verlassen.«
Lillian blieb äußerlich ruhig, doch ihr Herz schlug schneller. Schon oft hatte sie erwogen sich scheiden zu lassen, doch wusste sie weder, wie man eine Scheidung in die Wege leitete, noch, was sie kosten würde. Ein Mann hatte es da viel leichter als eine Frau. In ihrem Fall würde sich jedoch ein wohlhabender Mann für sie einsetzen.
Sie schüttelte skeptisch den Kopf. »Ist das möglich?«
»Auf mein Wort. Am Montag gehen wir zu meinem Anwalt. Aber Henery darf nichts davon erfahren. Hast du gehört? Wir lassen uns eine Ausrede einfallen und gehen allein aus.«
»Robert, wenn du das für mich tust, bin ich dir unendlich dankbar.«
»Das solltest du auch sein. Es heißt aber nicht, dass du nach der Scheidung sofort zu Henery laufen und ihm davon erzählen sollst.«
»Warum denn nicht? Er wäre sehr verletzt, wenn wir ihn außen vor ließen.«
»Weil du nicht Henery, sondern mich heiraten wirst. Es geht ihn einfach nichts an.«
In dieser Nacht war es Lillian, die zur Abwechslung einmal die Initiative ergriff. Sie streichelte, liebkoste und erregte Robert mit einer Leidenschaft, die ihn vor Lust aufstöhnen ließ. In den frühen Morgenstunden schlich sie sich triumphierend in ihr Zimmer zurück. Wenn Robert nicht vor Eifersucht blind gewesen wäre, hätte er bemerkt, dass Henery ein wahrer Lüstling war, der seine Hände von keiner Frau lassen konnte.
Da unerwartet viele Gäste zugesagt hatten, fand der Abschiedsempfang nicht wie geplant im
Esplanade Hotel
, sondern im Rathaus statt. Henery war in Perth überaus beliebt. Zweihundert Personen waren zum Essen geladen. Anschließend würde man die Tische wegräumen, und dann sollte ein achtköpfiges Orchester aufspielen.
Schon Tage vorher hatte Robert Lampenfieber und veranstaltete beim Schneider ein großes Theater wegen seines Anzugs. Er bestand darauf, Lillians Kleid auszusuchen. Sie erhob keine Einwände, da Robert in dieser Hinsicht einen ausgezeichneten Geschmack hatte. Er lehnte das rote Satinkleid, das die Besitzerin der exklusiven französischen Boutique vorschlug, kategorisch ab – denn es sei »gewöhnlich«. Auch das Argument, die Farbe betone Lillians dunkles Haar, ließ er nicht gelten. Die helleren Kleider bezeichnete er als »fade«. Der goldene Taft war ihm zu aufdringlich, und das weiße Kleid mit den roten Perlen erinnerte ihn angeblich an ein Varietékostüm.
Je störrischer sich Robert gebärdete, desto
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