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Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Titel: Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Rosen
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Er… er war meine ganze Welt…«
    »Warst du nicht sehr einsam, nachdem Annie tot war?«, fragte Ernesto.
    Liberty Bell zögerte. »Manchmal, ja«, sagte sie schließlich. »Ich merkte, wie ich Worte und Gedankengänge einfach vergaß. Aber ich hatte auch Angst. Vor dem, was hinter meinem Wald sein könnte. Es war merkwürdig. Solange Annie lebte, hatte sie Angst vor… Eindringlingen. Ich war damals gar nicht ängstlich. Eher hoffte ich, dass mal jemand kommen würde. Aber dann… als Mom tot war, übernahm ich ihre Angst. Ich… ich zitterte beim Gedanken an Menschen, die mich finden könnten… – Und dann, kamst du…«
    Sie lächelte. »Zuerst fürchtete ich mich sehr. Aber…«
    Sie schwieg.
    »Aber?«, wiederholte Ernesto und hatte auf einmal Herzklopfen.
    Liberty Bell lächelte. »Du hast wahnsinnig viel zu mir gesagt. Und dabei so schnell gesprochen. Ich konnte dich zu Beginn kaum verstehen. Aber deine Augen…«
    Wieder hielt sie inne.
    »Was war mit meinen Augen?«, fragte Ernesto verwirrt.
    »Sie waren so blau wie der Himmel an guten Tagen.«
    Mehr sagte sie nicht. Stattdessen schob sie ihre Hand in Ernestos und den Rest der Fahrt steuerte er den Beetle einhändig.
    Irgendwann stellte Liberty Bell dann die Frage, die Ernesto schon viel eher erwartet hatte.
    »Ernesto, was bedeutet eigentlich Knock-Knock? Wo genau fahren wir hin?«
    Das Knock-Knock war ein altes Ferienhaus, weiter nichts. Es gehörte Ronans Eltern, aber sie fuhren nicht mehr hin, denn sie hatten inzwischen drei andere Ferienhäuser, die neuer, komfortabler und besser gelegen waren. Aber Ronan mochte das Knock-Knock, das so hieß, weil Ronan als Kleinkind mit seinem Vater dort etwa eine Million Mal das Knock-Knock-Spiel gespielt hatte, an der hinteren Fliegengittertür, die in den Garten hinausführte. Jetzt wurde das Knock-Knock von einer alten Verwalterin bewohnt und gehütet und Ronan konnte jederzeit kommen und dort Zeit verbringen, wenn er Lust dazu verspürte.
    »Geraldine, das sind Mose, Ernesto und – äh, Tiffy, Freunde von mir«, erklärte Ronan, als sie die alte Mrs Blue an diesem Abend praktisch überfielen. »Ern und Mose kennst du ja schon. Nur – Tiffy ist sozusagen ein Neuerwerb… Sie – sie ist… ja, ich glaube, sie ist tatsächlich Erns Freundin.«
    Hinterher erklärte Ronan, dass es besser sei, die alte Verwalterin nicht in einen Gewissenskonflikt zu stoßen.
    »Wenn wir ihr gesagt hätten, dass du Liberty Bell bist, bekannt aus Funk und Fernsehen sozusagen, hätte sie sich vielleicht verpflichtet gefühlt, meine Eltern anzurufen.«
    Liberty Bell biss sich auf die Lippen. »Ich bin so… eingesperrt. Dabei habe ich – doch gar nichts… getan …«, sagte sie bedrückt.
    »Das wird schon… Tiffy«, erwiderte Mose beruhigend und grinste leicht. »Wenn du endlich einen amerikanischen Ausweis hast, können sie dir alle nichts mehr, denke ich.« Dann wandte er sich an Ronan. »He, warum eigentlich ausgerechnet – Tiffy? Warum nicht Kyla oder Mandy oder etwas in der Art?«, erkundigte er sich und nahm sich ein weiteres Stück Hühnchenfleisch. Mrs Blue hatte ihnen ein rasches Abendessen gemacht, ehe sie sich zurückgezogen hatte, nicht ohne Mose zu versichern, dass es koscher sei. Mrs Blue hatte ebenfalls jüdische Wurzeln.
    Ronan grinste. »Es war einfach der erstbeste Name, der mir in den Sinn kam. Mein Meerschwein, das ich früher hatte, hieß so.«
    Sie machten es sich im Garten gemütlich. Ronan hatte sich bei seinen Eltern über Nacht abgemeldet, aber Mose rief erst jetzt zu Hause an und behauptete, bei Ernesto zu schlafen. Ernesto und Liberty Bell ließen unterdessen die Ratte frei.
    »Leb wohl, Kleiner«, sagte Liberty Bell sanft. Sie sahen dem Tier, das eilig davonhuschte, lange nach. Sein dicker, behaarter Schwanz raschelte im Gras.
    »Hoffentlich passiert ihm nichts«, sagte Liberty Bell schließlich. »Er ist ja völlig fremd hier.«
    Ernesto nickte.
    »So wie ich. Ich fühle mich immer noch überall fremd«, fügte Liberty Bell hinzu. »Danke, dass du ihn mir ins Krankenhaus gebracht hast, Ernesto. Das werde ich nie vergessen. Der Moment, als du mir das alles schenktest: die Blume, den Stein, den Tannenzapfen. Es war, als hättest du mir ein Stück Leben zurückgebracht.«
    Sie redeten lange. Zuerst noch mit Mose und Ronan, und als die beiden sich schlafen legten, ohne sie. Zwischendurch schaltete Ernesto sein Telefon wieder ein.
    »Und?«, fragte Liberty Bell besorgt. »Suchen sie uns?«
    Ernesto

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