Liberty: Roman
beginnen die Verfolgung in die Richtung, in der das Motorrad davonfuhr. Ibrahim fährt wahnsinnig schnell. Aber ist das Motorrad geradeaus gefahren oder auf die Sokoine Road oder in die Büsche? Niemand weiß es. Auf dem Polizeirevier zeigen wir den Überfall, den Raubüberfall, an.
Ibrahim fährt mich in mein Ghetto. Oh, verflucht – meine Tür wurde aufgebrochen. Die Boombox ist weg. Und meine guten schwedischen T-Shirts. Wer macht so etwas? Der Akrobat Edson, dem Geld für die Miete fehlt, weil er die Sekretärin meines GM dick gemacht hat?
Ich kann kaum laufen, aber am nächsten Tag gehe ich ins Büro und erzähle von dem Unglück.
»Kannst du beweisen, dass du es nicht selbst gestohlen hast?«, fragt mich der GM .
»Es gibt Zeugen«, sage ich. »Und ich habe den Überfall sofort bei der Polizei angezeigt.«
»Diese Zeugen – sind das Bekannte von dir?«
»Ja. Meine Freundin und ein Kumpel.«
»Vielleicht stecken sie ja mit dir unter einer Decke – ihr verkauft das Motorrad des Projekts und teilt euch dann das Geld.« Ich ziehe mein Hemd hoch und zeige die Wunde von dem Stein, die blauen Flecken des Knüppels. »Vielleicht haben deine Freunde dich verprügelt, damit es echt aussieht. Ich will einen Beweis der Polizei.« Ich kann meinen Job verlieren, muss vielleicht obendrein das Motorrad bezahlen und könnte ins Gefängnis kommen. Also gehe ich zur Polizei, sehr ängstlich, denn die Polizei kann dich auch verprügeln, wenn du nicht der Dieb bist. Du hast dein Motorrad verloren, und dann musst du auch noch die Polizei bezahlen, damit sie allen erzählt, dass du die Wahrheit sagst: Es gab Diebe. Die Polizei fährt zu mir nach Hause, untersucht mein Ghetto: kein Motorrad.
Aber glücklicherweise ist gleichzeitig etwas Ähnliches mit drei, vier anderen Motorrädern passiert, auch einem weißen Experten vom KCMC ; die Polizei weiß also, dass so etwas geschieht. Sie fahren mich zum Projekt und erklären, die gestohlenen Motorräder würden draußen in Merelani am Flughafen verkauft, wo nach Tansanit gegraben wird. Die violetten Schmucksteine sind nur an dieser einzigen Stelle auf der Welt zu finden. Und die Typen, die mit den Steinen handeln, haben immer Bargeld zur Hand. Jonas ist im Büro. Er sagt: »Dann müsst ihr eben dort suchen.«
»Wir haben keine Autos, die nach Merelani fahren können, die Straße ist sehr schlecht«, sagt die Polizei. Jonas leiht ihnen ein Fahrzeug des Projekts mit Fahrer. »Wir haben kein Benzin«, sagt die Polizei.
»Wir tanken den Wagen auf«, sagt Jonas. Die Polizei fragt mich: »Erkennst du das Motorrad wieder?«
»Ja.«
»Wir nehmen dich morgen mit.«
Am nächsten Morgen fahren wir früh los; im Auto sitzen zwei mit Gewehren bewaffnete Polizisten in Zivil, denn in Merelani gibt es keine Regierung, keine Polizei, nichts – es ist Irrsinn. Vom Flughafen fahren wir die Schotterpiste zum Dorf Merelani, das ein paar Kilometer von der Minengegend entfernt am Fuß der Blauen Berge liegt. Auf der Straße halten wir an einem Posten der Distriktpolizei, der mitten im Nirgendwo steht. Wir bitten um Hilfe. Sie geben uns einen Polizisten in Uniform, aber in Merelani will er den Wagen nicht verlassen, denn die Wilden haben auch Waffen; alles Mögliche könnte passieren. Überall fahren Motorräder herum. Unsere Polizisten müssen ihre Gewehre notgedrungen auf dem Boden des Wagens verstecken, damit sie nicht die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die beiden Polizisten in Zivil und ich gehen unbewaffnet in diesem Gangsternest zwischen den Häusern und Schuppen umher; die berühmte Gegend, in der es jede Menge Motorräder gibt. Wir gehen zu den Werkstätten, in denen sie Motorräder reparieren; hier blutet die Erde Öl. Die Maschinen sehen alle gleich aus: An einem Tag verlierst du dein Fahrzeug – und am nächsten ist es schon umgebaut. Sie nehmen Teile der einen Maschine und bauen sie einer anderen ein. Wechseln den Benzintank, den Sitz, die Blinker – alles, worauf du normalerweise schaust, ist vermischt. Wir haben keinen Erfolg. Glücklicherweise bekomme ich keine weiteren Probleme, denn die Polizei erzählt meinem GM alle Geschichten über die Motorraddiebstähle. Allerdings muss ich eine Woche das Bett hüten, mit schmerzenden Waden und Knien wie Ballons. Rosie hat sich nicht so verletzt. Sie kommt mich in meinem Zimmer besuchen.
»Ich habe einen Praktikumsplatz im Mount Meru Hotel in Arusha«, sagt sie.
»Herzlichen Glückwunsch!« Das Mount Meru ist ein sehr schönes großes
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