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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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Arbeitsunfall. Ich muss eine Entschädigung bekommen. Vier Monate ohne Lohn. Kaputter Magen, kaputtes Bein, kaputter Hintern – für immer.«
    » Bwana Jonas sagt, du hättest nicht gearbeitet.«
    »Ich habe mit einem Projektmotorrad Zigaretten für die Frau des Projektbosses geholt. Wenn es keine Arbeitszeit gewesen wäre, hätte man mich wegen Motorraddiebstahls anzeigen müssen. Und dann wäre die Polizei gekommen und hätte mich ins Gefängnis geworfen, sogar ohne Bein. Man hätte mich gefeuert und von mir Schadensersatz gefordert.«
    »Davon weiß ich nichts.«
    »Das Projekt hat meine Medizin bezahlt. Also muss es doch in der Arbeitszeit passiert sein, also ist es ein Arbeitsunfall. Ich muss eine Entschädigung bekommen.«
    »Dazu kann ich nichts sagen«, sagt der Buchhalter. »Darüber musst du mit bwana Jonas sprechen.«
    »Und was ist mit meinem Lohn aus den vier Monaten?«
    »Du hast nicht gearbeitet, wieso solltest du Lohn bekommen?«
    »Ich bin fast gestorben, und jetzt hungere ich.«
    »Du musst mit Jonas reden.« Aber Jonas ist für drei Monate nach Schweden in die Sommerferien geflogen, um mit dem Boot der Korruption zu segeln und weit weg vom Neger zu sein. Das Glück der Babylonier erwächst aus den Tränen der Leidenden.
    Glücklicherweise kommen zwei Gäste aus Schweden, die das Haus gemietet haben. Ich berate sie über Afrika und kann mit ihnen essen. Einer der Burschen ist jung und sehr nett. Er nimmt mich abends mit, oder er kauft Getränke, und wir sitzen auf der Veranda. Wir reden, trinken und essen. Ich werde sehr schnell betrunken, weil mein Magen keinen Platz mehr für Nahrung hat und mein Körper nicht mehr viel wiegt – er besteht fast nur noch aus Haut und Knochen; die Muskeln sind verschwunden, als ich im KCMC lag.
    »Du solltest wieder Motorrad fahren«, sagt der Bursche.
    »Aber ich habe einen Gips und gehe mit Krücken.«
    »Das ist egal. Du kannst hinten sitzen und das Bein ausstrecken. Sonst fängst du nie wieder an zu fahren.«
    Wir tun es. Ich habe große Angst.
    Zu Hause übe ich mit den Krücken. Gott ist in der Nähe, weil ich meine Operationen überlebt habe. Aber es wird sich zeigen, ob mein Fuß überhaupt mit dem Bein zusammenarbeiten will.
    »Du musst daran glauben«, sagt Claire. Es ist schwer. Ich humpele zur Garage – auf dem Boden liegt die Unglücksmaschine, krumm wie ein Flitzebogen –, fertig, aus. In der Ecke steht eine andere alte klapprige Yamaha. Ich muss daran glauben. Ich beginne zu arbeiten. Sitze mit ausgestrecktem Bein auf einem Schemel. Baue die Maschine auseinander, alles. Schraube und reinige, spanne, flicke. Zwei Leichen vereinen sich zu einer lebendigen Maschine. Sie fährt ganz gut.
    Ich humpele umher und durchsuche das ganze Haus. An den merkwürdigsten Stellen finde ich kleine bhangi -Joints, ich finde hinter Regale gestopfte Dollar-Scheine, ich finde Papiere und Kontoauszüge mit großen Zahlen, die Jonas gehören – weit mehr, als er bei der SIDA verdient haben kann. Und ich finde das Foto meines Schokoladenbabys. Ist es ein Junge oder ein Mädchen? Ich weiß es nicht. Aber es ist mein Baby. Ich nehme das Bild zusammen mit einem hübschen Foto von Tita mit in mein Ghetto.
    Ich bin fast tot gewesen, aber nun lebe ich. Meine Pumpe strotzt. Immer. Sie hat zu lange geschlafen und vermisst die Aktivitäten im weißen Garten. Aber Claire kommt zu mir, und schwarze Rosen blühen auch.
    ETHIK DER KORRUPTION
    Mein Training funktioniert. Ich bewege mich inzwischen nur noch mit einer Krücke. Nach vier Wochen gehe ich ins Krankenhaus, um den Gips wechseln zu lassen. Aber der Arzt aus der Pfingstkirche will mich nicht anfassen.
    »Dein mzungu hat mir eine Ladung Holz für mein Haus versprochen«, sagt mzee Kinabo. »Darum hast du zwei Beine. Aber das Holz ist nicht angekommen.« Ich entschuldige mich.
    »Aber der Gips muss ab«, sage ich.
    »Dann musst du mir das Holz geben.« Ich kann kein Holz beschaffen, wenn ich nicht arbeite. Jonas hat die Ethik der Bestechung zerstört, doch ihm ist es egal. Der weiße Mann ist nur ein Tourist. Wenn er krank wird, fliegt er nach Schweden. Wenn es in Tansania Unruhen gibt, werden Militärflugzeuge aus Europa auf dem Golfplatz der TPC landen, alle Skandinavier einsammeln und ohne eine Schramme nach Hause fliegen. Ich humpele an meiner Krücke im KCMC herum, am ganzen Körper kaputt, und dazu das mürrische Gesicht von mzee Kinabo. Immerhin finde ich Doktor Jackson, den amerikanischen Praktikanten. Er wechselt den

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