Liberty: Roman
Besorgungen zu erledigen, um dann mit leeren Händen nach Hause zu kommen. Aber mit roten Wangen und einem glückseligen Lächeln. Josephina und Gottes Hausmädchen sind jetzt nur noch Erinnerungen, das Haus versinkt im Chaos, und ich komme mit meiner Arbeit nicht nach – und sämtliche Beschwerden richten sich an meine Ohren.
Wieder ein Vormittag, an dem Katriina etwas zu erledigen hat und im Haus Land unter ist. Das Telefon klingelt. Ein Anruf der ISM . Es gibt Ärger mit Solja, sie hat einen anderen Schüler so geschlagen, dass er blutet, wo sind die Eltern? Ich muss sie auf dem Motorrad abholen. Ich gehe ins Büro, wo Solja mit einem sehr traurigen Gesicht sitzt.
»Ich will nur von meinen Eltern abgeholt werden«, sagt sie zum Rektor, als sie mich sieht. Wir arbeiten an einer simplen Mathematikaufgabe – auch ich kann sie ausrechnen. Sie provoziert Ärger, um die Aufmerksamkeit ihrer Eltern zu erlangen. Und wenn ich mich an die Zeit vor Rebekkas Geburt erinnere, kann ich mir auch ausrechnen, wo Katriina ihre Besorgungen erledigt.
»Dann fahren wir jetzt und suchen deine Eltern«, sage ich zu Solja. Sie geht wortlos mit und setzt sich hinten aufs Motorrad. Ich fahre direkt zum Wohngebiet des KCMC und zu dem Haus. Dort steht das Auto der Larssons. Ich halte in der Einfahrt und hupe, bevor ich die Maschine abstelle.
»Das ist unser Auto«, sagt Solja.
»Doktor Freemans Haus«, sage ich. »Rebekkas Geburtshelfer.«
»Was macht sie hier?«
»Das musst du sie selbst fragen«, sage ich, als die Haustür aufgeht. Katriina kommt mit zerwühltem Haar heraus.
TODESERKLÄRUNG: STEREO
Die Boombox landet am Flughafen. Fabelhafter Wohlklang. Wenn dir im Leben ein Weg versperrt ist, musst du einen Ausweg finden. Ostermann gibt sechs Monate Garantie, wenn die Stereoanlage durch den Transport beschädigt sein sollte. Die Quittung und den Garantiebeleg trage ich zweihundert Kilometer weit bis zu einer autorisierten Pioneer-Werkstatt in Nairobi, es ist die nächste. Offiziell ist die Grenze geschlossen, aber an allen Grenzübergängen gibt es einen Markt im Niemandsland. Ich nehme den Bus nach Rongai und gehe durch das Niemandsland auf die andere Seite. Ein Neger auf der einen Seite der Grenze sieht aus wie ein Neger auf der anderen Seite, außerdem sprechen sie dieselbe Sprache. Die Zöllner belassen es bei Stichproben. Und wie trage ich die Stereoanlage, die im Flugzeug beschädigt wurde? Ich nehme sie gar nicht erst mit – denn wie willst du eine Stereoanlage mit dem Bus von Moshi bis nach Nairobi transportieren, ohne dass sie dir geklaut wird? Und sie ist ja bereits total kaputt, sie muss aus dem Flugzeug auf die Erde gefallen sein. In der Pioneer-Werkstatt in Nairobi erkläre ich, wie die Stereoanlage pulverisiert wurde.
»Aber wo ist sie?«, fragt der Mann.
»Hier sind die Papiere«, sage ich und gebe sie ihm. Sie sind zusammengefaltet. »Du musst zwischen den Seiten lesen.«
»Einen Moment«, sagt der Mann und geht ins Hinterzimmer. Zwischen den Papieren findet er sein Geschenk. Er gibt mir die Unterlagen zusammen mit seiner autorisierten Nachricht an Ostermann zurück: ›Diese Stereoanlage ist tot.‹ Und ich bekomme das Geld von Ostermann als Guthaben zurück, die diesen Marcus bald leid sein müssen, der trotz allem nicht total pleite ist. Und die Stereoanlage ist in Moshi, sie funktioniert gut. Ich habe meinen Sound wieder.
DROHUNGEN
»Und was sollen wir machen, wenn sie eine Evaluierungskommission schicken?«, fragt Gösta auf der Veranda – fast hysterisch.
» Das machen die nicht«, sagt Jonas. »Und wenn, dann verstehen die Leute von der Botschaft doch genau, dass man hier und da ein wenig schmieren muss, um in Tansania etwas zu bewegen.« Ich wasche in der Nähe den Wagen und beobachte Gösta. Er schüttelt den Kopf.
»Ich rede nicht von der Botschaft. Ich rede von einer Evaluierungskommission aus Schweden. Ich glaube kaum, dass die von Korruption so begeistert sind. Und schon gar nicht, wenn unsere Maschinen ständig ausfallen, obwohl sie angeblich erst zwei Jahre alt sind. Wir waren es, wir haben sie gekauft.«
»Beruhig dich«, sagt Jonas – doch seine Stimme ist nicht mehr so sicher wie vorher. »Es wird schon irgendwie gehen.« Aber es geht nicht gut, denn Andreas hat in der Zeitung eine falsche Wahrheit geschrieben. Das ganze schwedische Volk war glücklich, weil ihre Landsleute dem Neger mit Geld helfen, das die Schweden warmherzig gespendet haben. Und nun werden die schwedischen Herzen
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