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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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entdecken, dass die Wahrheit ein Betrug ist. Sie werden blutdürstig werden – wer ist der Schuldige?
    FLÜCHTLINGSLAGER
    Das Nebenzimmer steht leer, nachdem das Hausmädchen Gottes fortgejagt wurde, aber nur für kurze Zeit – dann wird es ein Flüchtlingslager. Einer der Bosse der ISM kommt, um mit Katriina zu reden.
    »Wir können Christians Vater nicht erreichen, daher …«, sagt der Mann.
    »Ja, er ist vermutlich auf einer Projektsitzung in Dodoma. Wo liegt das Problem?«
    »Nun ja … Christian kam betrunken zur Schule, wir haben ihn für vierzehn Tage suspendiert. Aber wir möchten ihn nur ungern allein zu Hause lassen. Wir wissen nicht, was wir mit ihm anfangen sollen.«
    »Ah ja«, erwidert Katriina.
    »Wir werden die Suspendierung aussetzen, bis sein Vater zurückgekommen ist, er kann also in die Schule kommen. Aber wir möchten nicht, dass er allein zu Hause wohnt. Daher würde ich gern wissen, ob Sie wissen, wer Christians Vater nahesteht und sich vielleicht einige Tage um Christian kümmern kann, bis wir Kontakt zu seinem Vater bekommen haben?«
    »Er kann gern hierbleiben«, sagt Katriina.
    »Ich will Sie aber keinesfalls unter Druck setzen. Es gibt sicher noch andere Lösungen.«
    »Okay, ich hole ihn.«
    »Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar«, sagt der Mann. »Ich fahre auf dem Rückweg vorbei und sage ihm Bescheid.«
    Katriina sagt, wir sollen Christian ein Bett in dem leeren Zimmer im Ghetto herrichten, denn im Haus ist kein Platz für ihn. Ich glaube, sie möchte nicht, dass Christian mitbekommt, was im Haus passiert. Sie schickt mich, Christian zu holen. Er kommt aus einer Familie, wo der Krieg zwischen Mann und Frau zu einer Auflösung geführt hat. Jetzt soll er in ein Haus, wo der Krieg tobt. Ich finde ihn bei Zigaretten und Cola vor der Tür.
    »Hej, Nachbar«, sagt er und lacht.
    »Warst du heute Morgen betrunken?«
    »Nein. Ich hab nur auf der Straße vor der Schule Krach gemacht, als gestern Abend eine Fete stattfand. Meiner Ansicht nach ist das meine eigene Sache.« Die Provokation eines misslaunigen Kindes – tsk .
    »Und was jetzt?«, frage ich ihn. Er zuckt die Achseln. Wir fahren zu mir. Die ganze Familie Larsson ist im Club. Wir gehen in ein einheimisches Restaurant im Zentrum. Trinken Bier und essen. Bevor wir schlafen gehen, rauchen wir noch einen Joint.
    Am nächsten Tag fahre ich den bösen Jungen in die Schule.
Christian
    Vater ist unterwegs. Heute Abend findet im Kilele eine Fete statt – dem Wohnhaus der großen Internatsschülerinnen der ISM , das einige hundert Meter von der Schule entfernt liegt. Samantha behandelt mich wie Luft, obwohl sie keinen Freund hat. Ich halte es nicht aus. Ich setze mich ins Wohnzimmer und trinke einen großen Gin Tonic. Und noch einen. Starte das Motorrad und fahre in der Dunkelheit zur Lema Road – ich spüre den Fahrtwind. Biege auf die Shanty Town Road, halte am Zaun um Kilele und klappe den Stützfuß heraus. Steige ab. Finde einen Joint in der Hosentasche und zünde ihn an. Samantha kommt an den Zaun, sie hat das Motorrad gehört.
    »Hej, Samantha«, sage ich. »Willst du ’n bisschen bhangi ?« Ich trete an den Zaun und stecke das Ende des Joints durch den Maschendraht. Ein finnischer Lehrer kommt aus dem Tor und geht auf mich zu.
    »Christian. Du hast augenblicklich vom Schulgelände zu verschwinden. Montag um acht Uhr erscheinst du im Büro bei Owen«, sagt er.
    »He, du bestimmst nicht, was ich mache. Ich bin ein Mann auf der Straße, der sein Kraut raucht. Ich bin eine Privatperson. Du hast keinerlei Rechte mir gegenüber.« Ich nehme noch einen Zug, ziehe ihn tief in die Lungen und sehe dabei den Lehrer an, dann blase ich in seine Richtung. Der Lehrer tritt an mich heran. Ich hebe meine rechte Hand und balle sie, so dass die Glut des Joints zwischen Zeige- und Mittelfinger herausragt. »Wenn du mich anfasst, fasse ich dich auch an«, sage ich. Der Lehrer bleibt stehen. Ich lache ihn aus, stecke den Joint in den Mund, setze mich aufs Motorrad und lasse ihn stehen. Dumm.
    Montag. Ich bin von der Schule suspendiert, aber das Urteil tritt nicht in Kraft, weil sie herausgefunden haben, dass ich allein bin, wenn Vater herumreist und verschiedene Abteilungen des Nordic Projects bewertet. Am Kilimandscharo läuft das Projekt allmählich aus – es funktioniert ohnehin nicht: In der Genossenschaftsbewegung treibt die Korruption immer wildere Blüten, und die Bauern werden nie für ihre Ernten bezahlt. Sie ernten nur noch für ihren

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