Licht (Gone) (German Edition)
dann zuerst dort.«
»Ich bin hungrig. Ich will die Kojoten rufen, falls welche überlebt haben. Ein Kojote würde uns eine Zeit lang ernähren.«
»Ich glaube nicht, dass es noch viele Kojoten gibt. Ich glaube …«
»Ich hab Hunger! Ich muss essen!«, plärrte Gaia wie ein trotziges Kind. »Dieser Körper muss gefüttert werden! Du sagst mir nur, was ich alles nicht tun soll. Aber ich tue, was ich will! Ich bin der Gaiaphage!« Ihre Hände waren zu Fäusten geballt und ihr Gesicht war blass vor Wut. Diese Emotion kannte sie also.
Da Diana befürchtete, Gaia würde wieder auf sie losgehen, krümmte sie sich in Erwartung der Schmerzen zusammen. Aber es geschah nichts.
Gaias Blick ging an Diana vorbei. »Was ist das?«
Als Diana den Kopf wandte, wollte sie ihren Augen nicht trauen. Sie befanden sich in den Bergen, im nördlichen Teil der FAYZ und weit entfernt von der Stadt. Doch da, an der Barriere, standen zwei junge Männer, einer mit auffallend roten Haaren. Beide waren ungefähr zwanzig, in Bergsteigermontur und mit Kletterhaken ausgerüstet, die von ihren Gurten baumelten.
Die Männer starrten sie zuerst genauso überrascht an,doch dann grinsten sie und schienen sich zu freuen, sie zu sehen.
Diana wurde sich plötzlich bewusst, was für ein seltsames Bild sie und Gaia abgeben mussten. Ein blutbefleckter, mit Schrammen übersäter Teenager und ein kleines Mädchen mit Verbrennungen dritten Grades.
Die Bergsteiger waren im Begriff gewesen, eine klapprige Aluleiter zusammenzustecken und an die Wand zu lehnen. Doch jetzt winkten sie ihnen zu und dann kramte der Rothaarige ein iPhone aus seinem Rucksack und fing an, sie zu filmen.
Diana zeigte ihm den Mittelfinger.
Der Rotschopf lachte lautlos wie in einem Stummfilm.
»Komm, wir hauen ab«, sagte Diana.
»Nein.«
»Das sind nur zwei Idioten, die an der Barriere hochklettern und ein paar Fotos machen wollen.«
»Das schaffen sie nicht«, sagte Gaia. »Sie können Dinge an die Barriere anlehnen, aber nichts daran befestigen. Und Haken können sie auch nicht einschlagen.«
»Dann fallen sie eben herunter.«
»Hör auf zu reden. Ich muss mich konzentrieren.«
»Auf was?«
Gaia lächelte böse. »Auf Nemesis .«
Sie schloss die Augen. Ihre kleinen Hände ballten sich zu Fäusten und wurden wieder locker, dann schien sich jeder Muskel ihres Körpers anzuspannen. Ihre Haut nahm einen Glanz an, den Diana bereits kannte: ein schwaches, ekelhaft grünes Leuchten.
Die beiden Männer lehnten die Leiter an die Kuppel. Sie bemerkten nicht, was mit Gaia geschah. Sie taten so, als würden sie nicht hinsehen.
Diana riskierte ein unscheinbares Kopfschütteln, was so viel heißen sollte wie: Nicht! Haut bloß ab! Ihr müsst weg von hier!
Aber der Rotschopf stieg bereits die Sprossen hinauf und hielt die Kletterhaken bereit. Oben angekommen, versuchte er, eine Saugglocke anzubringen. Es funktionierte nicht.
Er sah Diana an und zuckte grinsend die Achseln, als wollte er sagen: Ich hatte gehofft, das würde klappen.
Als Nächstes versuchte er, einen Kletterhaken einzuschlagen. Im Inneren der Kuppel war das Hämmern nicht zu hören und Spuren hinterließ es auch keine.
Sein Kumpel reichte ihm zwei Verlängerungsteile.
Der Rotschopf befestigte sie und stieg auf dem wackeligen Ding noch zwei Meter höher hinauf.
»Besonders hell in der Birne sind die beiden nicht gerade«, bemerkte Diana.
Gaia konnte ihnen wahrscheinlich nichts tun, oder? Das kleine Mädchen, das keines war, stand mit gebleckten Zähnen da, hielt den Blick in die Ferne gerichtet und schien zu genießen, was auch immer es gerade tat.
»Nur einen Moment, Nemesis«, flüsterte Gaia.
Obwohl Diana ahnte, dass es gleich zu einer Katastrophe kommen würde, war sie von dem Anblick der Erwachsenen völlig fasziniert. Es waren nicht nur zwei richtige Männer, sie trugen auch noch saubere Klamotten, hatten ordentliche Haarschnitte und freundliche Gesichter. Zudem waren sie im Gegensatz zu den Kids in der FAYZ beide unbewaffnet.
»Du machst mich wütend«, wisperte Gaia. »Ich bin hungrig.«
Gaias Augen begannen an den Rändern zu leuchten, als wäre in ihrem Kopf ein schwaches Licht angeknipst worden. Ihre Fäuste waren wieder geballt. Als sie die Zähne aufeinanderbiss, war ein leises Knacken zu hören.
Der Rotschopf, der jetzt auf der vorletzten Sprosse stand und eine Höhe von knapp drei Metern erreicht hatte, machte Anstalten, sie zu filmen. Keine Leiter der Welt wäre hoch genug, um die Kuppel
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