Licht (Gone) (German Edition)
auch nur annähernd …
»Aaaah!« Gaia schrie und auf einmal begann alles zu wackeln. Wie bei einem Erdbeben, nur stärker. Sogar die Luft schien zu zittern.
Diana spürte eine Druckwelle.
Sie hörte ein Geräusch wie von einem Windstoß.
Und der Rothaarige fiel von der Leiter.
Er schlug zu Dianas Füßen auf. In der FAYZ .
Er blieb benommen liegen. Richtete den erstaunten Blick auf sie, dann auf seinen Kumpel, der mit offenem Mund dastand.
Dann grinste er. »Wahnsinn, ist das cool!«
Gaia setzte ihr kleines zähnefletschendes Lächeln auf und sagte: »Essen.«
Er hatte Pete geschlagen. Pete hatte keinen Körper mehr, und trotzdem hatte er einen Stoß gespürt, und zwar heftig. So, dass es wehtat. Und seinen Verstand durcheinanderwirbelte.
So etwas war ihm noch nie passiert. Das konnte nur einer gewesen sein. Er hatte ihn geschlagen – mit diesen grünen Ranken, die sich sonst immer nur nach ihm ausstreckten.
Der Gaiaphage. Er hatte ihm einen Hieb versetzt. Stark genug, um ihn für den Bruchteil einer Sekunde das Bewusstsein verlieren zu lassen.
Pete stand unter Schock. Er hatte nicht einmal gewusst, dass so etwas möglich war. Niemand durfte ihn schlagen! Schlagen war nicht in Ordnung. Seine Schwester hatte ihm das regelrecht eingebläut. Und seine Mutter auch. Nicht einmal dann, wenn man wütend war.
Wenn es einmal passierte, würde es immer wieder passieren. Der dunkle Verstand, der ihn vom ersten Moment an berührt und manchmal manipuliert hatte, der Pete gelegentlich Angst gemacht und ihn immer schon gefürchtet hatte, dieser ständige, wenn auch ferne Gefährte hatte ihm gerade wehgetan.
Eigentlich hatte Pete sich bereits damit abgefunden, dass er verblich. Dem Willen des Gaiaphage nachzugeben und sein Leben loszulassen, fühlte sich sogar angenehm an. Es machte ihm nichts aus zu verschwinden. Er war bereit dazu.
Aber diese plötzliche Attacke … das war falsch. Er hatte nichts angestellt.
Es war unrecht.
Und es machte Pete zornig.
Schlag mich nie wieder, dachte er.
Sonst …
Vier
76 Stunden, 52 Minuten
Sie schlossen die Tür ihrer Kabine. Da kaum Platz war, um nebeneinanderzustehen, fielen sie aufs Bett und einander in die Arme.
Sam küsste sie und versuchte den Gedanken zu verdrängen, dass es vielleicht das letzte Mal war.
Er war glücklich. Das machte es auch so schrecklich. Er war endlich glücklich. Hier und jetzt, an diesem Ort, mit diesem Mädchen an seiner Brust.
Hatte er deshalb das Gefühl, die Axt würde jeden Moment auf ihn heruntersausen? Nein, das war unlogisch. Nur weil er glücklich war, bedeutete das nicht, dass die Katastrophe an der nächsten Ecke auf ihn wartete.
»Er darf das nicht von dir verlangen«, sagte Astrid.
»Doch, darf er«, erwiderte Sam. »Oder fällt dir sonst jemand ein?«
»Du hast genug getan. Mehr als genug.«
Sie lagen so eng aneinandergeschmiegt, dass Sam ihrenAtem auf der Wange spürte und ihren viel zu schnellen Herzschlag hören konnte.
»Astrid, es ist das Endspiel«, sagte er leise.
»Du sollst es aber überleben!«
»Was soll ich denn machen? Mich hier mit dir verstecken und so tun, als wäre nichts?«
»Vielleicht. Vielleicht solltest du dieses eine Mal dem Kampf aus dem Weg gehen. Ihn jemand anderem überlassen.«
»Gaia ist mit Drake und Diana abgehauen, aber bestimmt nicht, weil sie schwach ist. Und sollte sie es doch sein: umso besser. Je eher wir sie finden, desto leichter lässt sie sich ausschalten.«
Das machte Sinn. Dem konnte sie schwer widersprechen.
»Und wenn sie nicht schwach ist, Sam? Wenn sie genau das ist, was wir vermuten? So gefährlich, wie wir befürchten? Was dann?«
»Dann greifen wir besser gleich an. Damit wir den Ort und den Zeitpunkt bestimmen können, nicht sie.« Er neigte den Kopf zur Seite, um ihren zu berühren. »Edilio hat Recht. Das weißt du.«
Als sie nichts darauf erwiderte, war er ein wenig enttäuscht. Ein Teil von ihm hatte gehofft, dass er sich irrte. Ihr Schweigen kam ihm vor wie ein Todesurteil.
Noch ein Kampf. Die nächste Schlacht. Würde er sie auch noch überstehen? Dass er noch am Leben war, war das reinste Wunder. Sollte er wirklich glauben, dass ihm eine glückliche Zukunft mit Astrid beschieden war? In dieser Welt wohl kaum.
»Ich liebe dich«, sagte er.
»Ich liebe dich auch – obwohl es mich fertigmacht.« Sie klang bitter. Wütend. Nicht auf ihn, sondern auf die Welt. Dann flüsterte sie: »Merk dir zwei Dinge: Zuerst musst du sie voneinander isolieren.
Weitere Kostenlose Bücher