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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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fühlen.«
    »Weiter.«
    »Ich unterschätzte die Gefühle, die mit einer solchen Verletzung einhergehen können.«
    »Meine Burg hat gebebt«, die Ausdruckslosigkeit in seiner Stimme schwand. »Das nennt Ihr Unterschätzen von Gefühlen?«
    Levarda schloss die Augen. »Ich hatte in letzter Zeit nur wenig Gelegenheit, meine Energie anderweitig abzubauen. Das bin ich nicht gewohnt.«
    »Sie hat niemanden verletzt«, mischte sich Sendad zu ihrer Verteidigung ein.
    »Es hätte aber leicht passieren können.«
    Levarda öffnete die Augen. »Nein, hätte es nicht«, erklärte sie bestimmt und sah Lord Otis fest in die Augen. »Niemals würde ich einem Menschen mit meiner Energie Schaden zufügen. Darum floh ich von Eurer Burg.«
    »Und die Männer vor Eurer Tür?«, erwiderte er leise.
    Levardas Blick huschte unsicher zu Sendad hinüber. Sie wusste, dass sie den Wachen keinen Schaden zugefügt hatte. An seinem verwirrten Gesichtsausdruck erkannte sie die Falle, die ihr der erste Offizier gestellt hatte.
    »Ich verspreche – ich schwöre Euch, dass dies nie wieder vorkommen wird.«
    »Schwört Ihr es bei Eurer Göttin Lishar?«, erwiderte Lord Otis kühl.
    Levarda sah auf, musterte den Mann, unsicher, ob er seine Worte ernst meinte. Sein Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel zu. Sie straffte die Schultern, wandte ihr Gesicht nach oben, hob beide Hände gegen den Himmel. Die Macht seiner Energie traf sie und lähmte für einen Moment alle ihre Kräfte. Sie besaß kaum noch Energie, doch in solchen Fällen schützte sie normalerweise ihr Amulett – nicht diesmal. Irritiert sah sie darauf, sah auf Lord Otis, dessen Augen glühten. Wenn er es wollte, könnte er sie jetzt, in diesem Moment, töten. Das zweite Mal, seit sie auf diesen Mann getroffen war, lag ihr Leben in seinen Händen.
    Levarda ließ ihren Kopf in den Nacken fallen, brachte ihre Hände über dem Kopf zusammen, ein Zeichen dafür, dass sie die Macht der Göttin Lishar umfasste. Sie führte die gefalteten Hände gegen die Stirn, gegen den Mund und öffnend zu ihrem Herzen. Sie sah erst Sendad an, dann Lord Otis.
    »Bei der Göttin Lishar schwöre ich, dass ich keinem Menschen etwas zuleide tun werde.«
    »Das reicht nicht«, vernahm sie erneut seine Stimme, während Sendad beeindruckt schwieg. Sie wusste, dass ein Schwur an die Göttin ihre Aura leuchten ließ. Lord Otis jedoch blieb davon unberührt.
    Sie wiederholte das Ritual, und als ihre Hände am Herzen lagen, fokussierte sie ihren Blick auf Sendad. »Bei der Göttin Lishar schwöre ich, dass ich mein Schicksal, wie immer es lauten wird, annehme, ohne mich zu wehren oder einem Menschen ein Leid anzutun.«
    Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, wie Lord Otis kurz nickte. Sie wandte sich ihm zu. Ihre Augen verengten sich. »Unter einer Bedingung.«
    Seine Energie schlang sich stärker um sie, das Feuer verbrannte ihre Haut. Seine Schultern strafften sich, seine Hand lag über dem Schwert bereit.
    »Es muss Euer Schwert sein, Lord Otis, das mir den Tod bringt«, vollendete Levarda ihren Satz. Die Augen fest auf seine Waffe gerichtet, erwartete sie seinen tödlichen Stoß. Zum ersten Mal verspürte sie bei diesem Gedanken keine Angst.
    Sein verschlossenes Gesicht öffnete sich kurz. Er nickte sein Einverständnis. »So sei es.«
    Levarda schüttelte den Kopf. »Das reicht mir nicht. Schwört es bei der Göttin Lishar.«
    »Ihr wisst, dass ich Eurem Glauben nicht angehöre?«, versicherte er sich.
    »Das spielt keine Rolle für Euren Schwur. Mein Glaube reicht dafür.«
    Er hob beide Hände, wie sie es gemacht hatte, brachte sie über dem Kopf zusammen. In seinen Händen flammte das Rot des Himmels auf. Levarda zog scharf die Luft ein. Er führte die Hände zur Stirn, zu seinem Mund, und legte sie öffnend auf sein Herz.
    »Bei der Göttin Lishar schwöre ich, dass mein Schwert, geführt von meiner Hand, Euch töten wird ...«, er machte eine Pause, sein Blick verhakte sich in ihrem, »… sofern über Euch das Todesurteil gesprochen wird.«
    Sie nickte. »So sei es.«
    Ohne ein sichtbares Zeichen wendeten beide Männer ihre Pferde, machten Platz für Levarda in der Mitte. Gemeinsam ritten sie zum Burghof.
     
    Levardas Anspannung wich, ihr Schicksal war besiegelt. Es war eine Eingebung gewesen, dass sie Lord Otis diesen Schwur abverlangte. Seine Worte, sein Schwur, sie hatten Ruhe in ihr aufgewühltes Inneres gebracht.
    Sie glitt vom Pferd, klopfte ihrer treuen Stute den Hals, streifte das Halfter, das ihr ein

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