Lichterspiele
und dann einhängte.
Leicht verwirrt legte er den Hörer auf und sagte sich, daß er sich den merkwürdigen Unterton in ihrer Stimme eingebildet haben mußte. Seufzend ging er in die Küche, um Eis für seinen Drink zu holen.
Er kam absichtlich etwas zu spät, doch als er vor Janes Haus vor fuhr, parkte immer noch ein kleiner blauer Fiat vor ihrer Tür. Er hupte wie gewohnt zweimal und stieg aus, die Flasche Wein in der Hand. Gleich darauf ging die Haustür auf, und Jane stand da, in einer ausgebleichten rosa Baumwollhose und einem ärmellosen Oberteil. Sie wirkte ungewohnt hektisch, die Haare fielen ihr ins Gesicht, sie machte verzweifelte Gesten mit der Hand und deutete nach oben.
Er küßte sie belustigt. „Was ist los?“
Sie nahm ihm die Weinflasche ab. „Sie ist noch da. Sie will nicht gehen. Sie hört einfach nicht auf zu quatschen. Und jetzt wo du gekommen bist, werden wir sie ganz bestimmt nicht mehr los.“
„Wir sagen, wir wollen ausgehen und sind sowieso schon spät dran.“
„Schön, versuchen wir's.“ Sie hatten sich flüsternd unterhalten. Jetzt sagte sie mit klarer, förmlicher Stimme: „Ich war nicht sicher, ob du es bist oder nicht. Komm rauf.“
Er folgte ihr die schmale, steile Treppe hinauf. „Dinah, das ist Robert Morrow...“ Nach der Begrüßung ging Jane mit dem Wein in die Küche. Er hörte die Tür des großen Kühlschranks auf- und zuklappen, als sie die Flasche wegstellte.
Dinah Burnett saß auf Janes großem Sofa am offenen Fenster, die Beine hochgezogen, mit einem Gesichtsausdruck, als erwarte sie einen Fotografen oder einen zukünftigen Liebhaber. Sie war ein schönes Mädchen, reif und blühend, und Robert stellte fest, daß keine Fotografie ihr voll gerecht werden konnte. Sie hatte kupfer rote Haare, blaßgrüne Augen und Proportionen, die gemeinhin als „üppig“ bezeichnet werden. Sie trug ein kurzes Hemdkleid in einem Grün, das zu ihren Augen paßte - es war offensichtlich ent worfen worden, um soviel wie möglich von ihren glatten, wohlge rundeten Armen und endlos langen Beinen zu zeigen. Ihre Füße steckten in Holzsandalen, an den Handgelenken klimperten gol dene Armreifen, und riesige Goldkreolen schimmerten durch die Fülle ihrer Haare. Ihre Zähne waren weiß und ebenmäßig, ihre Wimpern lang und pechschwarz. Es war kaum zu glauben, daß ihr Leben in Barnsley begonnen hatte.
„Guten Abend“, sagte Robert. Sie reichten sich die Hand. „Ich habe gerade alles über Sie in der Abendzeitung gelesen.“
„Ist das Foto nicht fürchterlich?“ Man hörte immer noch die lie benswerten Spuren eines Yorkshire-Akzents heraus. „Ich seh aus wie eine heruntergekommene Barfrau. Aber immerhin, ich finde, es ist besser als nichts.“
Sie lächelte strahlend, bot ihren gesamten weiblichen Charme auf, um einen neuen, attraktiven Mann zu ködern, und Robert, von ihrer Freundlichkeit geschmeichelt und angetan, setzte sich ans andere Ende des Sofas. Sie fuhr fort: „Ich sollte eigentlich gar nicht hier sein, aber Jane richtet mir meine neue Wohnung ein, und heute hab ich dieses sagenhafte Badezimmer in einer amerikanischen Zeitschrift entdeckt, und da mußte ich einfach nach der Probe herkom men und es ihr zeigen.“
„Wie geht's mit dem Stück voran?“
„Oh, es ist sehr aufregend.“
„Wovon handelt es?“
„Also, es...“
In diesem Augenblick erschien Jane wieder aus der Küche und unterbrach sie brüsk: „Wie wär's mit was zu trinken? Dinah, Robert und ich müssen leider bald aufbrechen, aber es bleibt gerade noch Zeit für einen Drink, bevor Sie gehen.“
„Oh, das ist lieb von Ihnen. Ich hätte gern ein Glas Bier.“
„Und du, Robert?“
„Hört sich gut an, aber laß mich's holen...“
„Nein, laß, ich steh sowieso.“ Sie ließ den Verschluß einer Bierflasche aufschnappen und schenkte gekonnt ein Glas ein, ohne Schaumkrone. „Dinah, Robert ist Kunsthändler, er arbeitet bei Bernstein in der Kent Street.“
„Oh, wirklich?“ Dinah Burnett machte große Augen und wirkte interessiert, aber nicht viel klüger als vorher. „Sie verkaufen Bilder und so...?“
„Hm, ja...“
Jane brachte Dinah ihr Bier, zog einen kleinen Tisch heran und stellte das Glas darauf.
„Robert ist ein sehr dynamischer Mann“, sagte sie. „Dauernd flitzt er nach Paris oder Rom, um enorme Geschäfte abzuschließen, stimmt's, Robert?“ Sie ging zu ihrem Getränketablett zurück. „Di nah, Sie sollten sich von ihm ein Bild für Ihre neue Wohnung aussuchen
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