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Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg

Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg

Titel: Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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seine Selbstbeherrschung gekostet hatte.
    Jil seufzte. Ein Ausdruck der Verzweiflung trat auf ihr Gesicht. Ray sah das Wechselspiel der Emotionen in ihrem Blick. Sie sah sich nach allen Seiten hin um, als suche sie nach einem Weg, ihm wieder zu entwischen.
    »Du brauchst dich gar nicht erst umzusehen, diesmal entkommst du mir nicht«, sagte Ray. »Und noch einmal lasse ich mir von dir sicher nicht in die Eier treten.«
    Mit der linken Hand umfasste er Jils Schulter, die andere legte er auf ihre Stirn. Sofort begannen seine Fingerkuppen zu kribbeln und er spürte den reißenden Strom ihrer Gedanken. Es war wie eine große Last, die ihm jemand von den Schultern nahm. Endlich hatte er getan, was längst hätte getan werden müssen. Jil würde sich nie wieder an die Existenz der Sedharym und Vartyden erinnern und ihr sorgloses Leben weiterführen, als sei sie niemals fort gewesen. Ray seufzte. Er hingegen würde mit der Schmach auf ewig leben müssen. Er würde die Jahrhunderte überdauern und immer daran denken müssen, dass eine junge Draufgängerin einst den größten Krieger der Vartyden dazu gebracht hatte, seine Prinzipien aufzugeben.
    Ray löste seine Hand von ihrer Stirn und wandte sich mit hoher Geschwindigkeit von ihr ab. Für das Auge eines Menschen war er nicht viel mehr als ein Luftzug oder ein flüchtiger Schatten. Binnen eines Sekundenbruchteils hatte er sich mehrere Yards entfernt und stapfte nun mit gesenktem Kopf den Bürgersteig entlang zurück zum geheimen Eingang nach Varyen.
    »Hey, Ray!«, rief eine Stimme hinter ihm. Er fuhr herum. Jil stand auf dem Gehsteig und warf ihm einen verwirrten Blick zu. Sofort machte er kehrt und stürzte auf sie zu. Er packte sie an den Schultern. »Woher kennst du meinen Namen? Du solltest ihn nicht mehr kennen.« Seine Augen verengten sich zu Schlitzen.
    »Ich wollte nur fragen, wie lange es dauert, ehe der Zauber wirkt. Ich mache mir irgendwie Sorgen, dass er Nebenwirkungen haben könnte. Ich möchte mich nicht auf den Heimweg machen und unterwegs den Verstand verlieren. Nachher steckt man mich noch als sabbernde Irre in die Nervenheilanstalt.«
    Ray fuhr ein Schreck durch die Glieder. Der Zauber hatte überhaupt nicht gewirkt. »Der Zauber wirkt unverzüglich. Und es gibt keine Nebenwirkungen«, presste er hervor. Er packte sie am Oberarm und zerrte sie zu sich heran. »Und wie mir scheint, nicht einmal eine Wirkung«, fügte er leiser hinzu.
    »Lass mich los.« Jil wand sich in seinem Griff. »Ich schreie um Hilfe, wenn du mich jetzt nicht loslässt.« Ihre Augen funkelten ihn böse an. Ihr hübsches Gesicht legte sich vor Zorn in Falten.
    »Schrei doch, die Menschen werden dir nicht helfen können. Und wenn, dann wird es ihnen nicht bekommen.«
    Ray fühlte sich hilflos. Weshalb hatte der Zauber keine Wirkung bei ihr gezeigt? Was zur Hölle stimmte nicht mit diesem Weib? Dann schoss ihm die Erkenntnis wie ein Blitz in den Kopf. Sie hatte berichtet, dass sie schon einmal bei den Sedharym in Gefangenschaft war. Vielleicht hatte dieser Abschaum damals ebenfalls vergeblich versucht, ihr das Gedächtnis zu löschen. Es sah diesen Feiglingen nämlich nicht ähnlich, einen Menschen freiwillig mit dem Wissen um ihre Existenz laufen zu lassen. Und auch Ray konnte dies nicht riskieren. Er stieß ein verärgertes Knurren aus.
    »Scheiße, jetzt muss ich dich noch länger ertragen. Und ich hatte mich schon gefreut, mir deinen Geruch endlich von der Haut zu waschen.«
    »Vor nicht einmal zwei Stunden machte es aber gar nicht den Anschein, als würde es dir so schwer fallen, mich zu ertragen.«
    Ray ignorierte ihre Stichelei. Er zerrte Jil beharrlich hinter sich her, bis sie die Treppe zur geheimen Tür erreicht hatten. Niemand hatte sie beachtet, als sie die belebte Straße verlassen und das brach liegende Gelände betreten hatten. Ray wollte sich nicht auf eine Diskussion mit Jil einlassen. Sie erinnerte ihn unablässig an seinen unverzeihlichen Ausrutscher und stach immer wieder in die Wunde. Sie war wie ein Fluch, den er nun nicht mehr loswerden konnte.
    Zu seiner Verwunderung wehrte sich Jil nicht, als er sie durch die Tür in den dahinter liegenden Gang bugsierte.
    »Und was kommt als nächstes?«, fragte sie.
    Ray ließ ihren Arm los. Sie folgte ihm freiwillig, als er den Rückweg zu seinem Quartier antrat. »Das soll der Oberste unseres Ordens entscheiden. So furchtbar es auch für mich ist, ich werde dich nicht länger verstecken können. Mir bleibt nichts anderes

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