Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren
das noch staubig von den Erlebnissen auf der anderen Seite der Palastmauer war, bis er darauf bestanden hatte, dass sie hineinging. Als seine Schwester sich entfernte, hörte er sie laut schluchzen.
»Ich brauche eine Antwort, Hauptmann, und wenn ich dafür hinüber zum Palast des Erzherzogs gehen und sie persönlich einfordern muss.« Was er tun würde, ungeachtet ihrer mörderischen Prächtigkeiten, der streitlustigen Wachen und der Unruhen. Zu seinem Sekretär: »Bereiten Sie eine weitere Kopie meiner Nachricht vor.« Zum Hauptmann: »Rufen Sie vier Wachen – oder so viele, wie Sie für nötig erachten, um eine Nachricht hinüber zum Palast zu bringen. Ich möchte nicht noch einen Kurier in dieses Chaos schicken. Beauftragen Sie die Männer, eine halbe Stunde auf Antwort zu warten, und falls es keine Antwort gibt, zurückzukommen und mir Meldung zu erstatten.«
»Ja, mein … « Rupertis stockte und wandte sich um, als fünf Gestalten am äußeren Torweg auftauchten. Schützend stellte er sich vor Fejelis. Der wehrte sich nicht – das hatten Lapaxo und er vor Stunden bereits geklärt. Doch als die Gestalten aus dem Licht traten, erkannte er drei Kadetten der Wache, Mistress Tempe und Floria Weiße Hand. Florias weiße Kleidung war zerrissen und durchnässt, die Haut von Prellungen übersät, ihr Haar lag wie eine feuchte Locke auf ihrer Schulter, und ihre Augen hatten diesen wilden, glasigen Ausdruck, den er schon seit Stunden in fast allen Gesichtern sah. Den er aller Wahrscheinlichkeit nach auch im Spiegel sehen würde, hätte er denn Zeit dafür. »Mistress Weiße Hand. Schön, Sie zu sehen.«
Ihr Lächeln hatte etwas Irrsinniges an sich. »Prinz Fejelis. Schön, auch Euch zu sehen.«
Tempe machte Meldung, dem Prinzen und dem Hauptmann gleichermaßen: »Wir fanden sie bei dem Versuch, vor dem Bolingbroke-Bahnhof den Mob aufzuhalten, im Alleingang. Wir kamen gerade an, als man sie vom Brunnen zerrte, um sie zu ertränken.«
»Die Scharniere der Bahnhofstore wollten schon nachgeben«, schnarrte Floria und hustete. »Prinz, ich war in der Residenz des Erzherzogs. Der Letzte, mit dem ich gesprochen habe, bevor man mich gehen ließ, war Herzog Sachevar Mycene. Er behauptete, er habe die Leitung des Regentschaftsrates im Namen des erzherzoglichen Erben übernommen und Sejanus Plantageter läge aufgrund einer ihm magisch zugefügten Verletzung im Sterben. Er sagte, Vladimer Plantageter habe einen Nervenzusammenbruch erlitten – obwohl ich erst Stunden zuvor mit dem Mann gesprochen hatte und er sich bester Gesundheit erfreute. Doch Mycene war seiner Sache sicher.« Ihr Blick suchte in seinem Gesicht, wonach, konnte er nicht sagen. »Ich habe noch weitere Informationen, aber die würde ich Ihnen lieber an einem privateren Ort unterbreiten.«
»Wenn es das ist, was Sie in Ihrem Brief an Magister Tammorn geschrieben haben, so bin ich darüber informiert.«
Ihre Schultern sanken ein wenig herab, doch wusste er nicht, wieso. Er kannte sie noch nicht annähernd gut genug und vertraute auf seines Vaters Einschätzung, der sie als unerschütterlich loyal betrachtet hatte. Würde er Widersprüchlichkeiten in ihrem Verhalten bemerken, die auf eine Verhexung hindeuteten, falls nicht? Das nutzloseste Wort der ganzen Sprache – »falls« , wie sein Vater oft genug gesagt hatte. Er musste wissen, ob ihre Verhexung noch anhielt. Er brauchte Tam oder Perrin – und er war froh, dass die Türen hinter ihnen weit offen standen und die Vorhalle mit Sonnenlicht fluteten.
»Gehen Sie und ziehen Sie sich um, Mistress Floria.« Der frisch verheilten Wunde an ihrer Stirn entnahm er, dass sich bereits ein Magier ihrer angenommen hatte. Die Leibgarde war stolz auf ihre Unerschütterlichkeit. »Wir sprechen bald.«
Es kostete sie einige Mühe, leichten Schrittes hinauszugehen, was jedoch außer ihm und ihren Kameraden niemandem auffallen würde. Rupertis winkte einen Kadetten und eine Wache heran, sie zu eskortieren, was klug war angesichts des Umstands, dass sich die Gerüchte um ihr Fehlverhalten tiefer in den Köpfen festgesetzt hatten als die Nachricht davon, dass er den Haftbefehl für ungültig erklärt hatte.
Tempe sagte: »Sie wollte auf dem Weg hierher keine Fragen beantworten. Ohne einen Haftbefehl.«
Das frustrierte die Justiziarin merklich. Fejelis kam der Gedanke, dass dieser Schutzzauber, der nichts anderes als die Wahrheit zuließ, zu Schwierigkeiten in der Liebe führen konnte.
Als Fejelis nicht auf den Hinweis
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