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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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des Zimmers zwischen sich, die einzigen lebendigen und beweglichen Wesen: kein Mensch rührte sich, die Zeiger der Uhr auf dem Kaminsims standen still, und obgleich die Flammen im Kamin flackerten, verzehrten sie die Scheite nicht.
    »Wie können Sie es wagen! Weihnachten! Am Weihnachtsmorgen! Gehen Sie!« Nie in seinem Leben hatte er solchen Zorn gefühlt.
    Der Reiter sagte leise: »Beherrsche dich.« In der Alten Sprache war sein Akzent plötzlich viel deutlicher. Er lächelte Will an, ohne dass sich die Kälte seiner blauen Augen änderte. »Ich kann deine Schwelle überschreiten, mein Freund, und unter deinem Stechpalmenzweig hindurchgehen, denn ich bin eingeladen worden. Dein Vater hat mich in gutem Glauben gebeten einzutreten. Und er ist der Herr dieses Haus und du kannst nichts machen.«
    »Doch«, sagte Will. Er starrte in das hämisch lächelnde Gesicht und versuchte mit aller Macht, die Gedanken dahinter zu lesen, zu erfahren, was der Reiter hier wollte. Aber er stieß gegen eine schwarze Wand von Feindseligkeit, die nicht zu durchbrechen war. Will war erschüttert; er hatte nicht geglaubt, dass dies möglich sei. Wütend suchte er in seinem Gedächtnis nach den vernichtenden Worten, mit denen ein Uralter in der äußersten Gefahr, aber auch nur dann, die Macht der Finsternis brechen konnte. Aber der Reiter lachte.
    »O nein, Will Stanton«, sagte er heiter. »Das geht nicht. Solche Waffen kannst du hier nicht gebrauchen, ohne deine Familie aus der Zeit herauszukatapultieren.« Er warf einen lüsternen Blick auf Mary, die ihm am nächsten stand, den Mund noch halb offen, denn sie war gebannt worden, als sie eben mit ihrem Vater sprach.
    »Das wäre doch schade«, sagte der Reiter. Dann wandte er sich wieder Will zu und jetzt war das Lächeln von seinem Gesicht verschwunden, wie weggeblasen, und die Augen waren schmale Schlitze. »Du kleiner Narr, glaubst du, dass du mit all deiner Weisheit von
Gramarye
mich beherrschen kannst? Du solltest bescheidener sein. Noch bist du keiner der Meister. Du kannst manches erreichen, aber die großen Kräfte beherrscht du noch nicht.
Und auch mich nicht.«
    »Du hast Angst vor meinen Meistern«, sagte Will plötzlich. Er wusste nicht genau, was das bedeutete, wusste aber, dass er die Wahrheit sagte. Das Gesicht des Reiters rötete sich. Er sagte leise: »Die Finsternis steht auf, Uralter, und diesmal soll sich uns nichts in den Weg stellen. Dies ist die Zeit unseres Aufstandes und in den nächsten zwölf Monaten werden wir endlich die Herrschaft erlangt haben. Sag das deinen Meistern. Sag ihnen, dass nichts uns aufhalten wird. Sag ihnen, dass wir ihnen die Zeichen der Macht, die sie zu besitzen glauben, abnehmen werden, den Gral und die Harfe und die Zeichen. Wir werden euren Kreis brechen, bevor ihr ihn schließen könnt.
Und niemand wird den Aufbruch der Finsternis aufhalten!«
    Diese letzten Worte rief er mit hoher Stimme wie einen Triumphgesang und Will erzitterte. Der Reiter starrte ihn an, seine hellen Augen glitzerten; dann streckte er verächtlich die Hand gegen die Stantons aus; sofort erwachten sie wieder zum Leben, auch das weihnachtliche Getümmel erwachte wieder und Will konnte nichts tun.
    »— diese Dose?«, sagte Mary.
    »— Mitothin, dies ist unser Will.« Mr. Stanton legte Will die Hand auf die Schulter.
    Will sagte kalt: »Guten Tag.«
    »Ich wünsche dir fröhliche Weihnachten, Will«, sagte der Reiter.
    »Ich wünsche Ihnen das Gleiche, was Sie mir wünschen«, sagte Will.
    »Sehr logisch«, sagte der Reiter.
    »Ich finde es sehr gestelzt«, sagte Mary und warf den Kopf in den Nacken. »So ist er manchmal. Papa, für wen ist das Döschen, das er mitgebracht hat?«
    »Mr. Mitothin ist nicht ›er‹«, sagte ihr Vater automatisch.
    »Es ist eine Überraschung für deine Mutter«, sagte der Reiter.
    »Etwas, das gestern Abend nicht rechtzeitig fertig geworden ist und das dein Vater deshalb nicht mitnehmen konnte.«
    »Von Ihnen?«
    »Ich glaube von Papa«, sagte Mrs. Stanton und lächelte ihren Mann an. Sie wandte sich an den Reiter. »Wollen Sie mit uns frühstücken, Mr. Mitothin?«
    »Das geht nicht!«, sagte Will.
    »Will!«
    »Er merkt, dass ich es eilig habe«, sagte der Reiter höflich. »Nein, vielen Dank, Mrs. Stanton, aber ich bin unterwegs zu Freunden, mit denen ich den Tag verbringe, ich muss mich beeilen.«
    Mary sagte: »Wo wohnen die Freunde?«
    »Nördlich von hier ... Was für langes Haar du hast, Mary. Sehr hübsch.«
    »Danke«,

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