Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)
sie ihr in diesem Moment das einzig Logische zu sein. Das Flattern im Magen kroch ihr bis zum Hals hinauf und schickte ein fürchterliches Kribbeln auf ihre Haut. Da war etwas in ihr. Und es wollte nach draußen. „Lass mich los!“, brüllte sie.
„Nein!“
Elíns Kehle spannte sich schmerzhaft an. Sie fuhr zu Ju herum, starrte drohend auf seine Pranke und fühlte ihre Wut mit einem Rausch aus sich herausbrechen.
„Eine Akkadia fasst man nicht an!“, donnerte sie ihm, dem Brüllen eines Löwen gleich, entgegen und schien es selbst gar nicht wahrzunehmen. Elíns Augen glühten vor Wut und ihre Kräfte wuchsen erschreckend schnell.
Thanju musste sich beeilen. Auch wenn das Blut des Fuchses seinen Hunger gedämpft und die Wunde verschlossen hatte, würde es nicht lang genug vorhalten, um ihr Einhalt zu gebieten. Dafür hatte Tierblut die falsche Zusammensetzung.
Er versetzte ihrem Zwerchfell einen kleinen Stoß, der ihr für einen Moment die Luft nahm, drehte sie auf den Rücken und presste den schlanken Körper gegen seine Brust. Elín knurrte und er konnte nicht leugnen, dass es ihr stand.
„Lass mich los, Unwürdiger!“, brüllte ihre Bestie.
„Elín“, flüsterte er. „Elín, hör mir zu.“
Sie stemmte sich mit mehr Kraft, als man ihr zutrauen würde, gegen seine Umklammerung und grunzte fortwährend, schenkte seinen Worten keine Beachtung. Und ehe er sich versah, hatte sie eine Hand befreit, krallte sich in seinen Unterarm und saugte seinen vom Fuchs blutigen Zeigefinger in ihren warmen Mund ein.
Jus Magen zog sich zusammen, seine Eingeweide verkrampften, sein ganzer Körper erstarrte. Elíns Zunge leckte das Blut des Tieres von seinen Fingern. Sie stöhnte, wie ein Mädchen, das ein Eis im Hochsommer verschlang, und seine Kehle dörrte aus, als sie einen Finger nach dem anderen in die feuchte Höhle ihres Mundes führte.
Er schluckte und spürte ein Verlangen in seinen Lenden erwachen.
Vielleicht sollte er ihr den Fuchs in rohem Zustand anbieten.
„Ju?“ Elíns Stimme war plötzlich wieder menschlich. „Warum zur Hölle hältst du mich fest?“
Er ließ abrupt von ihr ab. Sie drehte sich um und blickte mit großen Augen zu ihm auf. An ihren Lippen trockneten Reste des Blutes, doch darauf würde er sie mit Sicherheit nicht hinweisen.
„Du bist ohnmächtig geworden und ich konnte dich gerade noch auffangen.“
„Aha.“
„Ich muss dich sicher nicht noch einmal darum bitten, etwas zu essen.“
Sie knabberte an ihrer Unterlippe und stöhnte genervt. „Ich weiß, ich werd das so was von bereuen. Mir ist jetzt schon schlecht.“ Elín schmatzte auf ihrer Zunge herum und streckte sie ihm kurz entgegen. „Ich hab irgendwie nen komischen Geschmack im Mund. Haben wir was zu trinken hier?“
„An meinem Platz liegt eine Wasserflasche.“
„Braver Ju!“
Als wäre nichts gewesen, schlich sie auf Socken zu seinem Lager, nahm die lederne Flasche zur Hand und trank, wischte sich die feuchten Lippen mit dem Handrücken trocken und verschmierte die Blutreste auf ihrer Wange.
Das Bild faszinierte ihn. Dieses feenhafte Geschöpf schaute ihn mit himmelblauen Augen an, mit Augen, die keiner Seele etwas zu leide tun wollten, und hatte verschmiertes Tierblut auf der Wange. Als würde man ein unschuldiges Kind beim Spielen mit Innereien beobachten, ohne dass es wusste, was es da in den Händen hielt.
Er zweifelte, was das Richtige wäre, um ihr diese Welt möglichst schonend näherzubringen. Warum nur hatten die Götter ihn ausgewählt?
Während sie es sich an seinem Platz bequem machte, befestigte Ju den Fuchs über dem Feuer und ließ ihn von allen Seiten anrösten. Elín hatte ihre Socken ausgezogen und begutachtete ihre Füße. Es waren schöne Füße, gestand Ju sich ein. Recht groß, für eine Frau, aber schlank und kräftig und nackt. Ju rieb sich die Augen. Seit wann interessierte es ihn, ob eine Frau nackt war?
„Kopfschmerzen?“
„Hmm?“ Er sah auf.
Sie hatte die Arme nach oben ausgestreckt und beugte sich langsam nach rechts, dann nach links, wobei ihre Windjacke so weit nach oben rutschte, dass er einen Blick auf ihre weißen Hüften erhaschen konnte.
Ju fuhr sich mit der Hand übers Gesicht „Nein. Nur müde. Und ich glaube, das Fleisch ist durch.“
„Na, da bin ich aber froh“, log sie und rückte wieder ans Feuer heran.
Ju nahm das Tier vom Spieß und schälte mit dem kleinen Messer, das er immer bei sich trug, ein Stück Fleisch vom Rücken herunter.
Elín
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