Lichtschwester - 8
überall. Was, wenn Lady Amniset etwas von einem blonden Mädchen und einer Kriegerin zu Ohren kommt? Wenn wir ihr wieder in die Hände fallen, wird sie uns nicht bloß auspeitschen wie entlaufene Sklavinnen sonst!«
Tara blieb zitternd mitten im Zimmer stehen. Shanna lehnte ihren Krückstock an die Wand, nahm ihr den Korb ab, faßte sie dann an beiden Schultern und hielt sie fest, bis sie sich wieder beruhigt hatte.
»Die Kerle waren betrunken. Denen verbietet doch schon der Stolz, die Wahrheit zu erzählen. O nein … sie werden sagen, wir seien Lockvögel von Straßenräubern gewesen. Wir sind hier sicher! Die Aberaisi glauben bestimmt, wir hätten die Stadt verlassen. «
Da legte Tara den Kopf an ihre Schulter, und Shanna massierte ihr Nacken und Rücken und spürte auch bald, wie sich all ihre Knoten und Verspannungen zu lösen begannen. Aber bei dem Gedanken an die Flüche Lady Amnisets, damals, als sie Tara vom Altar der Dunklen Mutter befreit hatte, und bei dem Gedanken an das böse Aufglühen des Rubinrings, den sie der Lady samt Finger abgeschlagen hatte, mußte sie sich eingestehen, daß sie nicht die Wahrheit gesprochen hatte.
Tara hatte eine Haut so zart wie eine Hofdame, und ihr Haar roch fein nach Kräutern. Shanna liebkoste sie mit einem Genuß, den sie früher nur beim Streicheln ihrer so weich gefiederten Falkin oder ihrer seidenfelligen Stute verspürt hatte … aber auch mit einem wilden und ihr ganz neuen Schutzinstinkt, so als ob nur ihre Arme sie vor dem Rest der Welt beschirmen könnten, und Tara klammerte sich an sie, ganz als ob das wirklich wahr sei. »Tara, du solltest aus Bindir weggehen …«, sagte Shanna endlich. »Du brauchst deine Arbeit nicht so im verborgenen zu tun … wie eine Ratte in ihrem Loch. Die Mondmütter können dir doch in ihrem Tempel Schutz bieten.«
»Und ich soll dich Hungers sterben lassen? Glaubst du, ich könnte dich vergessen? Wo du auch deinen Bruder, den du doch eigentlich suchen solltest, nicht vergessen kannst, obwohl du ihn seit fünf Jahren nicht mehr gesehen hast …«
Tara lachte unsicher und löste sich von ihr. Dann zündete sie die kleine Lampe an, sortierte den Inhalt ihres Korbes und legte dies und jenes beiseite. Shanna sah ihr stirnrunzelnd zu, schleuderte dann ihre Schuhe von sich und zerrte wütend an ihren Rockbän dern, die wieder mal nicht aufgehen wollten. Früher, als Prinzessin von Sharteyn, hatte sie Kleider und Schleier getragen. Und dann, als ihr Bruder nicht von seiner Antrittsreise an den Hof des Kaisers zurückgekehrt war, hatte sie das Gewand einer Kriegerin angelegt und geschworen, ihn nach Hause zurückzubringen. Im fleckigen Wandspiegel sah sie Tara im Zimmer hin und her gehen - eine schimmernde Gestalt im Lampenschein. Das Haus war Teil des Palasts gewesen, den ein Reeder bewohnt hatte … damals, ehe der Kaiser all den Adelsfamilien die zweifelhafte Ehre gewährt hatte, unter seinen Augen droben in der Zitadelle zu leben. Es war noch im alten Stil erbaut, mit Balkonen und Treppen, die sich wie Efeu an die Mauern schmiegten, und von seiner einstigen Pracht zeugten noch einige Deckenfriese, Spiegel und andere Dinge, die dem Zahn der Zeit widerstanden hatten. »Wenn du die Rockbänder abreißt, muß ich sie nur wieder annähen. Laß mich mal versuchen …sagte Tara und trat, wieder gefaßten Gesichts, auf sie zu.
Shanna stand ganz still, als Tara sich mit gebeugtem Kopf an den Bändern zu schaffen machte. Aber plötzlich pochte ihr das Herz in der Brust. Sie spürte die Wärme des nahen Körpers, sah den zarten Nacken, der ihr blondes Haar teilte. Dann gab der widerspenstige Stoff nach, und in diesem Moment der Erleichterung küßte Shanna den zarten Nacken und legte Tara ihr die Arme sacht um die Hüften und hielt sie fest umschlossen.
Ihr weiches Bett stand unweit hinter ihnen, aber es dauerte eine Ewigkeit, bis sie es erreicht hatten, entledigten sie sich doch bei jedem Schritt eines Kleidungsstücks, bis es für sie nur noch die süße Empfindung von nackter Haut auf nackter Haut gab. »Laß mich nicht gehen«, flüsterte Tara, als sie endlich unter der Decke lagen.
Da umschlang Shanna ihre kleine Geliebte. Als deren Lieb-kosungen aber sicherer wurden, war sie es, deren Geist frei auf der steigenden Flut schwamm.
Als Shanna wieder zu sich kam, verlieh das Frühlicht ihrem Zimmer trügerische Schönheit. Sie lagen nackt und bloß auf dem Bett, die Decke zurückgestreift, und im alten Spiegel sah sie ihre einander
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