Liebe ahoi
Moment war sie traurig, dass sie nicht dabei gewesen war.
Das einzige Licht im Raum kam durch den Spalt zwischen den zugezogenen Vorhängen. Es reichte, um zu erkennen, dass auf der Empore jemand im Bett lag. Sarah schlief also noch.
Beth rechnete kurz nach. Sie waren erst nach zwei Uhr in die Kabine zurückgekehrt. Wenn Sarah anschließend noch eine Party gefeiert hatte, war sie vermutlich erst seit wenigen Stunden im Bett.
»Soll ich lieber wieder gehen? Ich möchte sie nicht wecken. Ich kann genausogut hiermit nach oben aufs Deck gehen.« Sie zeigte auf den Kaffeebecher in ihrer Hand.
David schüttelte den Kopf. »Nein, ist schon okay. Sarah würde auch bei einem Erdbeben weiterschlafen. Wir gehen einfach raus auf den Balkon.«
Geräuschlos gingen sie hinaus in die Sonne und schlossen die Tür hinter sich. Erst als sie es sich auf den Stühlen bequem gemacht hatten und zusahen, wie sich das atemberaubende Panorama Monte Carlos langsam näherte, fiel es Beth auf einmal wieder ein …
»David! Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Es tut mir so leid – bei all der Aufregung habe ich das ganz vergessen.«
»Oh, danke! Kein Problem. Ich war froh, dass mich bisher noch keiner daran erinnert hat, dass ich jetzt fünfzig bin.«
»O ja, das klingt so uralt. Steinalt, um genau zu sein. Ich bin mir sicher, dass du spätestens heute Abend Arthritis haben wirst und dir die Haare aus den Ohren sprießen.«
Es tat gut, ihn lachen zu hören. Beth hatte auf dieser Reise nicht viel Zeit mit David verbracht, aber jedes Mal, wenn sie ihn gesehen hatte, wirkte er, als trüge er die Last der ganzen Welt auf seinen Schultern.
»Mir fehlt das hier, Beth.«
»Was? Monte Carlo?«
»Nein. Du und ich, dass wir einfach mal nur so reden. Du fehlst mir.«
Überrascht sah sie ihn an. »Was? David, wir sind seit Ewigkeiten geschieden. Wie kann ich dir da fehlen? Liegt es daran, dass du fünfzig geworden bist? Steckst du plötzlich in einer Midlife-Crisis?«
Humor war ihr einziges Mittel in diesem Gespräch, das gerade ziemlich unangenehm wurde.
»Nein. Mir ist nur in letzter Zeit klar geworden, dass ich einen Fehler gemacht habe. Einen ganz großen Fehler. Ich hätte nie eine Affäre mit Mona anfangen dürfen …«
»Da stimme ich dir allerdings zu. Sie ist eine fürchterliche Zicke.«
Es dauerte einen Moment, ehe er langsam nickte. »Du hast recht. Aber tief im Innern ist sie ein guter Mensch.«
»David, rede nicht so einen Unsinn. Ich glaube, es ist einfacher, sich bis zum Kern der Erde vorzugraben, als Monas versteckte Güte zu finden.«
»Schon gut, schon gut. Tatsache ist jedenfalls, ich hätte nichts mit ihr anfangen sollen.«
»Nein, das hättest du nicht tun dürfen. Du hast unsere Familie zerstört.« Dieses Mal war sämtlicher Humor aus ihrer Stimme verschwunden.
»Es war ein Fehler.«
»Ja.«
Sie waren ungefähr hundert Meter von einer der romantischsten Städte der Welt entfernt, aber Beth verspürte alles andere als Liebe. Warum riss er plötzlich alte Wunden auf? Warum erinnerte er sie an diesen schrecklichen Verlust damals?
»Ich schätze, das ist der Grund, weshalb ich Sarah geheiratet habe.«
»Wie meinst du das?« Beth sah ihn erstaunt an.
»Ich habe lange gebraucht, um es zu verstehen, aber ich glaube, sie erinnert mich an dich. Ihr seid euch in so vieler Hinsicht ähnlich. Wahrscheinlich wollte ich gern wiederhaben, was wir hatten, als wir Anfang zwanzig waren.«
»Und? Hat es funktioniert?«
»Nein. Weil ich inzwischen fünfzig bin. Ich liebe Sarah, aber zwischen uns besteht einfach ein sehr großer Altersunterschied, der von Jahr zu Jahr problematischer wird. Sie will noch was vom Leben haben, während ich am liebsten langsam einen Gang runterschalten würde. Mir ist nun auch klar, wieso es mir so wichtig war, dass du mit auf diese Reise kommst. Ich wusste, dass wir sie auf die gleiche Weise genießen würden.«
Ihr Kinn wäre auf den Boden geklappt, wenn es nicht damit beschäftigt gewesen wäre, auf das zu antworten, was er gerade gesagt hatte.
»Du bist ein Idiot«, sagte sie ruhig. »Du kannst dich so glücklich schätzen, sie zu haben. Sie ist wirklich etwas ganz Besonderes.«
»Ich weiß. Aber …«
Beth wurde nun wütend. »Es gibt kein Aber.«
Er passte sich ihrer Emotion an, seine kühle, gefasste Art verwandelte sich in einen leidenschaftlichen Ausbruch. »Sag mir nicht, dass du nicht auch so denkst. Erzähl mir nicht, dass du dich nicht auch manchmal gefragt hast, ob wir nicht
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