Liebe auf Arabisch
jedoch von Bekannten unter der Hand getauscht werden, supergeheime Orte,wo man die Dienste einer Ausländerin in Anspruch nehmen kann, einer Philippinerin oder einer farbigen Nichtmuslimin.«
»Oh, diese Flegel«, rief Soha. »Möge Gott sie an ihrem Schniedel baumeln lassen!«
Jedes Mal, wenn Fouad seinen Lohn als »Sex-Reporter« erhielt, verprassten wir ihn in den feinsten Restaurants der Städte, in denen wir zwischenlandeten. Wir waren zu Informanten geworden, wir schmuggelten heimlich die Geschichten in ihren Harem, für die sie lebten und nach denen sie ihre Gefühlswelt ausrichteten, ihre Träume. Wir waren die Beschaffer einer verbotenen Literatur, eines neuen Genres, und wir gefielen uns in dieser Rolle, wir machten uns glauben, dass wir den Saudierinnen Steine
des Anstoßes für eine Revolte im Königreich lieferten, ohne dass es jemand mitbekam, für eine Revolte, die weitaus gefährlich war, als es westliche Verschwörungstheorien hätten beschreiben können. Eines Tages würden sie sich ihrer Gefangenschaft bewusst werden und sich dagegen auflehnen. Doch am Ende unserer Gespräche lachten wir über diese revolutionären Anwandlungen und sahen ein, dass wir unsere Energien an Plaudereien und Privatkomplotte hinter verschlossenen Türen verschwendeten.
Was ging in Fouads Kopf vor? Scheinbar glaubte er, unsere gemeinsamen Überlegungen zum Thema Sex gäben ihm das Recht, mir Avancen zu machen. Als ob durch unsere Arbeit weit weg von zu Hause und in der Anonymität fremder Länder alles erlaubt sei. Fouad wusste allerdings, dass mich noch niemand in flagranti mit einem Kollegen erwischt hatte.
An jenem Abend in Genf waren wir gerade auf dem Weg zu unseren Hotelzimmern, als wir aus dem Fahrstuhl stiegen und er meine Hand nahm:
»Und wenn wir uns noch ein bisschen Gesellschaft leisten? «
»Was redest du denn da?«
»Hast du nicht genug von der Einsamkeit?«
»Ich weiß nicht, was du meinst.«
»Bevor wir die Ware abliefern, sollten wir uns wie jeder ehrliche Kaufmann von ihrer Glaubwürdigkeit überzeugen. Ich habe einige neue Rezepte von Eros bekommen, vielleicht sollten wir sie ausprobieren, das wäre doch ganz im Sinne unserer Freundinnen.«
Ich war mir nicht sicher, ob er es ernst meinte oder Witze machte und zog mich mit einer Pirouette aus der Affäre.
»Ich glaube, du bringst gerade die Rollen durcheinander. Stell dir mal vor, Romanautoren würden plötzlich im richtigen Leben anfangen, wie ihre Protagonisten zu handeln! Komm, geh schlafen«, riet ich ihm und gab ihm einen kindlichen Kuss auf die Wange.
Und Fouad gehorchte ohne zu murren.
Im Bett des Vier-Sterne-Hotels dachte ich an eine lebhafte Diskussion, die wir bei Joumana geführt hatten. Meine Freundin gab sich ihrer feministischen Seite hin und beklagte, wie zögerlich saudische Männer den Frauen zu Hilfe kamen.
Joumana: »Wir sind immer von jemandem abhängig, von unserem Ehemann, der Familie, dem Dorf, der Sippe, dem König, nie lässt man uns in Ruhe! Irgendjemand ist immer in unserem Bett, unserem Geschlecht, unserem Kopf, ganz zu schweigen von unseren Herzen. Arabische Frauen sind niemals frei!«
Soha: »Aber auch nie einsam. Frei zu sein bedeutet doch bloß, alleine vor die Hunde zu gehen.«
Joumana: »Weil du es nicht erträgst, meine Liebe.«
Soha: »Sagen wir einfach, ich möchte nicht das Risiko eingehen, dass man mit dem Finger auf mich zeigt und mich ausgrenzt.«
Joumana: »Ich verstehe einfach nicht, warum unsere Männer, die die Welt bereisen und auf die großen westlichen Universitäten gehen, vor unseren Lebensbedingungen die Augen verschließen. Gibt es denn unter ihnen niemanden, der die Eier hat, für uns einzustehen?«
Farah: »Unsere Männer sind zu allem bereit, außer dazu, unsere Lebensumstände zu verändern. Weil sie schlicht und ergreifend die Kontrolle abgeben müssten. Versetzt euch in ihre Lage.«
Ich: »Ich kann euch beruhigen, mit den arabischen Männern ist es überall das Gleiche. Selbst die Intelligentesten unter ihnen stellen sich dumm, wenn es um Frauen geht. Sie haben dieselben Vorurteile: Nicht das junge Mädchen heiraten, mit dem man rumgemacht hat und auch nicht diejenige, die so mutig ist, sich bereits vor der Ehe zu verlieben.
Ich habe einmal auf einem Flug einen Professor einer algerischen Uni kennengelernt. Er war brillant, verteidigte die Unterdrückten der ganzen Welt, weinte um Palästina und trauerte der Sowjetunion nach. Ich nahm seine Einladung zum
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