Liebe auf den zweiten Klick
aber sie hatte für ein paar Stücke vorgesprochen und kleinere Rollen bekommen. In der Highschool war Lincoln immer mitgegangen, wenn Sam Theaterprobe hatte. Er hatte seine Hausaufgaben mitgebracht und im Zuschauerraum in der letzten Reihe gesessen. Dort konnte er wunderbar lernen. Er hatte kein Problem damit, den Lärm und die Stimmen auszublenden. Es gefiel ihm, wie Sams Stimme von Zeit zu Zeit zu seinen Chemieaufgaben durchdrang.
Lincoln hätte auch zu gerne im Uni-Theater gepaukt, während Sam Probe hatte, sie fand aber, dass er damit zu viel Aufmerksamkeit erregt hätte. »Du würdest sie nur daran erinnern, dass ich anders bin«, erklärte sie. »Dass ich neu an der Uni und nicht von hier bin. Ich will, dass sie mich ansehen und meine Rolle sehen, mein Talent und nichts anderes. Du erinnerst sie an meinen zuckersüÃen Hintergrund im Herzen Amerikas.«
»Was ist denn an dir bitte zuckersü�«
»Die Sache mit dem liebevollen teutonischen Bauernburschen.«
»Ich bin doch kein Bauernbursche.«
»Für die sind wir das«, stellte Sam klar. »Für die sind wir doch gerade erst vom Tomatenhänger gefallen. Sie finden es witzig, dass wir aus Nebraska kommen. Für sie ist sogar das Wort Nebraska witzig. Das klingt für sie nach âºTimbuktuâ¹ oder âºHobokenâ¹.«
»Wie âºPunxsutawneyâ¹?«, hatte Lincoln gefragt.
»Genau. Und sie finden es zum Totlachen, dass wir hier zusammen hergekommen sind.«
»Was ist denn daran so witzig?«
»Es ist zu niedlich«, urteilte sie. »Das ist genau das, was die Farmerskinder vom Tomatenhänger tun würden. Wenn du weiterhin zu den Proben kommst, dann kriege ich nie eine gute Rolle.«
»Vielleicht spielen sie ja irgendwann mal Wunderbare Pollyanna .«
»Lincoln, bitte.«
»Ich will bei dir sein. Wenn ich nicht ins Theater komme, dann kriege ich dich ja gar nicht mehr zu Gesicht.«
»Du wirst mich zu Gesicht bekommen.«
Doch so war es nicht.
Nur, wenn sie sich zum Frühstück in der Wohnheim-Cafeteria trafen. Nur, wenn sie nach den Proben in seinem Zimmer vorbeischaute, damit er ihr bei den Hausaufgaben half oder um sich über etwas auszuweinen, was im Theater passiert war. Sie blieb nicht über Nacht, nicht, wenn sein Zimmergenosse da war. Er sehnte sich ständig nach ihr.
»Wir waren öfter alleine, als wir noch bei unseren Eltern gewohnt haben«, beschwerte er sich schlieÃlich bei ihr, als sie an einem Freitag einen der wenigen gemeinsamen Nachmittage in seinem Zimmer verbrachten und er sie im Arm halten durfte.
»In der Highschool hatten wir ja auch alle Zeit der Welt«, entgegnete sie.
»Warum haben dann alle um uns herum so viel Zeit?«
»Wer denn?«
»Alle auÃer dir«, erklärte er. »Egal, wohin ich gehe, überall sehe ich Leute zusammen sein. In ihren Zimmern. Im Aufenthaltsraum und im Studentenwerk. Bei Spaziergängen.« Denn so hatte er es sich im College auch vorgestellt. Er hatte sich ausgemalt, wie Sam und er sich auf der schmalen Wohnheimmatratze aneinanderkuschelten, wie sie Hand in Hand zu den Veranstaltungen gingen und sich gemeinsam auf Bänke oder Sofas in Cafés quetschten. »Ich habe für so was Zeit.«
»Vielleicht solltest du dann mehr Zeit mit all den anderen verbringen«, sagte sie. Sie hatte sich von ihm gelöst, ihre schwarze Strickjacke zugeknöpft und sich eine Spange ins Haar geschoben.
»Nein, ich will aber Zeit mit dir verbringen.«
»Ich bin doch jetzt hier«, entgegnete sie.
»Und das ist einfach wunderbar. Warum kann es denn nicht öfter so sein? Wenigstens ein Mal die Woche?«
»Weil es eben nicht geht, Lincoln.«
»Warum denn nicht?« Er hasste sich selbst dafür, dass er wie ein Waschlappen klang.
»Weil ich nicht an diese Uni gekommen bin, um Zeit mit meinem Highschool-Freund zu verbringen. Ich bin hierhergekommen, um meine Karriere anzukurbeln.«
»Ich bin nicht dein Highschool-Freund«, stellte er klar, »ich bin dein Freund.«
»Es gibt mit Sicherheit allein in diesem Stockwerk ein halbes Dutzend Mädchen, die die nächsten vier Jahre nur allzu gerne damit verbringen würden, mit dir zu kuscheln. Wenn es das ist, was du willst.«
»Ich will dich.«
»Dann sei doch glücklich mit mir.«
Sam wollte in den Weihnachtsferien nicht mit nach Hause kommen. Sie wollte auf dem
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