Liebe auf eigene Gefahr Roman
den anderen süßen Typen.« Laura nickt mit dem Kopf in Richtung der männlichen
Schulprominenz, die einige Meter entfernt an einem Tisch sitzt.
Ich schiebe mir den Rest meines Käseröllchens in den Mund. »Interessiert mich nicht. Wir grüßen uns noch nicht mal.«
»Er hat dich genug interessiert, um dich auf einen Tisch zu stellen und Ansprüche auf ihn anzumelden.«
»So war es aber eigentlich nicht gedacht. Außerdem ist das schon Tage her, und ich wäre sehr dankbar, wenn wir das Thema endlich abhaken könnten. Vergiss nicht, wessen Skandal der Woche ich damit von der Hitliste verdrängt habe, Miss Malaria.«
Sie zuckt mit den Schultern und bearbeitet schon etwas gekonnter einen Apfel. »Ich dachte nur, es interessiert dich vielleicht, dass er seit deiner großen Bekanntmachung befördert wurde. Dein Auftritt war anscheinend das Sprungbrett zur Popularität.«
»Ach, deshalb fühle ich mich, als würde jemand auf mir herumhüpfen.«
Wir mampfen weiter, während um uns herum das Mittagspausengeschrei und Gekicher an den mintgrünen Wänden abprallt und zu einem ohrenbetäubenden Pegel anschwillt (unser neues Wort aus dem Wortschatzunterricht). Nachdem ich es die letzten vier Tage vermieden habe, auch nur annähernd in seine Richtung zu schauen, lasse ich meine Augen lässig nach hinten zum lautesten Tisch im Raum wandern. Und tatsächlich sitzt da der belämmerte, auf den Fluren gedankenverloren vor sich hin pfeifende Jake Sharpe zwischen Benjy Conchlin und Todd Rawley und trinkt eine silberne Capri-Sonne.
Laura kneift die Augen zusammen, während sie sorgfältig die Apfelschale aus ihrer Spange saugt. »Kann es sein, dass er einen neuen Haarschnitt hat?«
Ich werfe noch einen Blick hinüber, wobei ich meine Papiertüte
als Tarnung benutze. »Ich glaube ja, er wirkt irgendwie … irgendwie anders.« Weniger farblos. Wie der kleine Bruder von River Phoenix. »Ich weiß es nicht! Es ist ja nicht so, als würde ich ihn beobachten. Ich versuche einfach, über ihn hinwegzukommen.«
Jeanine bleibt vor unserem Tisch stehen und öffnet ihren Milchkarton, ihre Stachelfrisur sieht heute besonders igelig aus. Während die Mädchen um uns herum verstummen und von ihr zu mir schauen, hole ich Luft und versuche es mit Moms Vorschlag: »He, Jeanine, warum kommst du nicht zu uns?« Ich lege so viel echte Freundlichkeit in mein Lächeln, wie ich kann, und beobachte befriedigt, wie sich Verwirrung in ihrem Gesicht breitmacht. »Jenny und Michelle, warum rutscht ihr nicht eins rüber, damit sich Jeanine setzen kann?«
»Ich brauche … keinen Stuhl«, sagt sie matt, und es ist ein tolles Gefühl, sie so unsicher zu sehen. »He, Katie, stehst du etwa nicht mehr auf Jake Sharpe?« Ostentativ schnippt sie ein paar Krümel von ihrem Anthrax-Sweatshirt, während ich mir ein höhnisches Grinsen darüber verkneife, wie lahm ihr vorausgeplanter Einzeiler nach meiner Ghandi-Ouvertüre wirkt. »Oder sparst du dich für Laura auf?«
»Ach komm, verpiss dich, Jeanine«, sagt Laura in so gleichgültigem Tonfall, dass Jeanine tatsächlich einfach nur zwei Finger zum Gruß hebt und mit einem »Okay, wie auch immer. Bis später« das Feld räumt.
Ich schaue mich am Tisch um, wo alle trotzdem auf eine Antwort auf Jeanines Frage warten. »Natürlich stehe ich noch auf Jake Sharpe, okay?«
Laura legt ihre Hand auf meine Schulter und drückt sie leicht nach unten. »Nur für den Fall, dass du den Drang verspürst, es der ganzen Cafeteria mitzuteilen.«
Lächelnd hebe ich meine Brotscheiben, um sie ihr um die Ohren zu schlagen.
»Wie ekelig!«, weicht sie mir kichernd aus. »Ii, das ist so ekelig, jetzt hab ich überall Mayonnaise!«
»In der Seventeen steht, dass Mayo besser ist als jede Feuchtigkeitscreme«, informiert uns Jennifer-zwei und steht mit ihrem braunen Plastiktablett auf.
Ich reiche Laura eine Serviette. »Was ist denn daran so besonders? Jeder steht doch auf irgendjemanden, oder?«
Nachdenklich wischt sich Laura die Hellmann’s-Mayonnaise von den Wangen. »Aber niemand ist deswegen je auf einen Tisch geklettert.«
FÜNFTES KAPITEL
22. Dezember 2005
Als ich den Porzellanknauf der weißen Tür drehe und den Widerstand des verblichenen rosa Plüschteppichs spüre, schnuppere ich die kühle, irgendwie abgestandene Luft und den Geruch nach schimmelndem Papier und verstecktem Staub. Ich drücke die Tür ganz auf und erkenne im grellen Mondlicht, dass mein altes Zimmer bis auf ein paar Zugeständnisse an die
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