Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe auf krummen Beinen

Liebe auf krummen Beinen

Titel: Liebe auf krummen Beinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
Vom Netzwerk:
Eva und Dan. Sie sprachen über das Fest.
    Fast alle Türen standen offen. Die übliche Neugierde erfaßte mich. Evas Wohnung hatte ich noch nicht besichtigt. Jetzt war eine Gelegenheit da.
    Ich fand das Atelier wieder, in dem sie uns geknipst hatte und in dem ich so brav auf dem Tisch Männchen gemacht hatte. In der Dunkelkammer roch es feucht und scharf. Ich schlenderte am Wohnzimmer vorbei nach hinten und stand gleich darauf in Evas Schlafgemach.
    Sehr nett. Das Bett war breiter als unseres. Schöne Daunendecke. Ringsherum lagen weiche Läufer. Die Gardinen waren hell und lustig.
    Ich lief um das Bett herum zum Fenster und wieder zurück. Eine Frechheit, im Schlafzimmer einer Dame herumzuschnüffeln. Ich konnte mir das erlauben, im Gegensatz zu Dan. Dennoch war ich gerade dabei, mich unauffällig wieder zu verdrücken, als ich innehielt. Irgend etwas fiel mir auf. Ich wußte nur nicht, was. Ich setzte mich und dachte nach.
    Das Zimmer paßte gut zu Eva, unzweifelhaft. Die Farben, die Ordnung, die geschmackvolle Einrichtung. Und wie es nach ihr roch! So deutlich, wie in keinem der anderen Räume. Ich hätte den Geruch im Schlaf unter zwanzig Parfumsorten herausgefunden.
    Plötzlich wußte ich, was nicht in Ordnung war.
    Der Geruch!
    Es war der von Eva, aber irgend etwas anderes war dabei, ein fremder Duft, der nicht zu ihr paßte.
    Ich stand auf und hielt meine Nase in die Höhe. Wo kam der fremde Geruch her?
    Ich fand es nicht heraus.
    Ich kroch unter das Bett, bis auf die andere Seite, wo der große dreiteilige Frisierspiegel stand. Vorsichtig stützte ich mich mit den Pfoten auf die Platte. Ein Haufen Flakons, Fläschchen, Quasten, Büchsen und Scheren standen und lagen darauf. Nichts. Roch alles nach Eva. Auch am Nachttisch fand ich nichts Auffälliges. Ich kehrte wieder um. Am Fußende des Bettes stand ein großer weißer Kleiderschrank. Die Tür war nur angelehnt. Ich hielt die Nase in den Spalt.
    Da war es wieder! Mit einem Schlag wußte ich, was für ein Geruch es war.
    Sumpfblüten! Eine Spur zu weich, um zu erfrischen, und eine Spur zu schwer, um nicht lästig zu sein.
    Ritas Parfüm.
    Wie vor einer Woche beim Anblick des Kaninchens überkam mich das Jagdfieber. Etwas war nicht in Ordnung. Wie kam dieser Geruch in Evas Schrank?
    Ich stemmte mit den Pfoten die Tür weiter auf. Wenn ich mich auf die Hinterbeine stellte, langte ich bequem auf den unteren Absatz. Junge, Junge, brauchten die Frauen einen Haufen Sachen! Oben hingen Kleider in allen Ausführungen. Unten lagen Wäscheberge, massenhaft Strümpfe, Schals, Pullover, Handschuhe, ein halbes Warenhaus. Dan würde Augen machen, wenn er das in Zukunft alles bezahlen sollte.
    Ich schob den Kopf in einen Berg von schwarzer Seide. Raffiniert war sie schon, das mußte man sagen. Der Geruch wurde stärker. Ich wühlte in Seide und Spitzen, als wäre es eine Kaninchenröhre, bis mir der Duft stechend und betäubend in die Nasenlöcher drang.
    Dann passierte es.
    Ich stieß an glatte, kühle Glasperlen. Ich faßte mit den Zähnen und zog zu. Der Wäschestapel geriet ins Wanken und fiel herunter. Eine Puderdose aus Porzellan knallte neben mir auf den Boden und zerbrach. Die Wäschestücke folgten. Ein Unterrock legte sich sacht über meinen Rücken.
    Das Gespräch im Wohnzimmer verstummte. Dann kam Dans Stimme: «Was hat er jetzt wieder angestellt?»
    Ich blieb sitzen. Flucht war zwecklos. Die Tür flog auf, und Eva stand im Zimmer. Sie sah mich, fuhr zusammen und preßte ihre Hand auf den Mund. Dan blickte ihr über die Schulter. Sein Gesicht erstarrte.
    Ich saß vor dem Schrank. Eine rosa Puderwolke umwehte mich. Zwischen den Zähnen hielt ich Ritas Smaragdschmuck.
    Dan bewegte sich als erster. Er ging einen Schritt auf mich zu.
    « Blasi ! Komm her!»
    Ich zögerte, weil ich noch nicht ganz erfaßt hatte, was geschehen war.
    «Komm her!» brüllte er. Noch nie hatte ich ihn mit einem so bösen Gesicht gesehen.
    Ich schüttelte den Unterrock ab und schlich zaghaft näher. Dan faßte zu und nahm mir die Steine weg. Er legte sie auf die flache Hand. Sein Atem ging laut und rauh. Keiner von uns bewegte sich. Mir sträubten sich die Haare, so unheimlich war mir zumute.
    Dan drehte sich langsam zu Eva herum und sah ihr wortlos ins Gesicht. Sie starrte auf die Kette, als verstünde sie nicht, was vorgegangen war. Ihre Haut wurde weiß, und ihre Lippen zitterten.
    Dans Stimme vibrierte.
    «Möchtest du mir erklären, wie das in deinen Schrank kommt?»
    O Dan, dachte

Weitere Kostenlose Bücher