Liebe braucht keinen Ort
Aufnahmeprozedur gemacht. Aber den Datenschutz bei den Patientenangaben kann man ohne die PIN eines Arztes nicht knacken.«
Rani grinste. »Kein Problem. Wir haben in der Abteilung einen neuen Arzt im Praktikum, und der behauptet, er würde alles tun, damit ich mich mit ihm verabrede. Das soll er mir mal beweisen.«
»Das macht dir nichts aus? Dich mit diesem Typen zu verabreden, nur um mir Davids Adresse zu besorgen?«
»Oh, ich wollte sowieso mit ihm ausgehen«, antwortete Rani leichthin. »Das alles macht es für ihn nur noch zu was Besonderem.«
»Wäre es nicht besser für ihn, wenn er wüsste, dass du mit ihm ausgehst, weil du ihn magst?«
Rani seufzte leicht verzweifelt. »Du weißt wirklich rein gar nichts über Männer, was, Liza?«
Innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden hatte Rani die Adresse herausgefunden, und Liza verbrachte in den Tagen danach jede freie Minute damit, ein unscheinbares Gebäude in einer ziemlich geschäftigen Straße im Norden Londons zu beobachten. Zum Glück war direkt gegenüber eine Bushaltestelle, sodass sie sich in der Warteschlange verstecken konnte. Erst am frühen Abend des dritten Tages erblickte sie Mia, die rasch die Straße herunterging, unverwechselbar durch ihre schnellen Schritte und den Wasserfall glänzender Haare. Liza rannte hinüber, um sie zu erwischen, ehe sie in dem Gebäude verschwand.
»Mia? Bitte, ich muss mir dir reden.«
Mia drehte sich um. Sie war Liza einige Stufen auf der Eingangstreppe voraus und schaute daher aus ehrfurchtgebietender Höhe auf sie herab. Ein bisschen wie ein Falke, dachte Liza, oder wie ein Habicht. Von Kopf bis Fuß in schwarzes Leder gekleidet.
»Ich bin Liza, erinnerst du dich noch an mich?«
»Natürlich. Sonst hat kaum jemand auf meine besten Wildlederstiefel von Jinx und Jeremiah geblutet.«
»Tut mir leid. Kann ich dich kurz sprechen?« Selbst als Mia die Stufen heruntergekommen war, überragte sie Liza immer noch weit. »Ich muss David unbedingt sehen.«
»Diese Meinung teilt er offensichtlich nicht.«
»Ich weiß. Aber ich muss ihn sehen. Nur noch ein einziges Mal. Bitte, wo immer er ist, sag es mir. Ganz gleich, wo er ist.«
»Sie haben ein neues Forschungsteam zusammengestellt und er hat sich freiwillig gemeldet.«
»Wo?«
»Er hat mich gebeten, es dir nicht zu sagen.«
»Nur weil er glaubt, dass das für mich gefährlich ist. Du weißt, das ist der einzige Grund.«
So rasch, als griffe sie nach einer Schusswaffe, fuhr Mia mit der Hand in die Tasche ihrer Lederjacke, zog einen Stift und einen Block heraus und schrieb etwas auf. »Ich mache das nur, weil ich weiß, dass es ihm ohne dich sehr schlecht geht. David ist für mich wie mein Bruder. Wenn du ihn irgendwie in Gefahr bringst oder ihm wehtust – und dazu gehört bei mir auch ein gebrochenes Herz –, dann spüre ich dich auf und tu dir auch weh. Nur, dass du es weißt.«
»Ich würde David niemals wehtun«, antwortete Liza. »Ich liebe ihn.« Sie nahm den Zettel, den Mia ihr reichte. »Prambanan? Wo ist das denn?«
»Auf Java, Indonesien. Da findet gerade so etwas wie ein Religionskrieg statt. Hindus gegen Moslems. Dürfte lustig werden. Und du fährst trotzdem hin, nicht wahr?«
Liza nickte.
»Ihr zwei und eure Liebe«, sagte Mia und drehte sich um, um die Treppe wieder hinaufzugehen. »Ihr schafft es noch, dass wir alle getötet werden.«
Kapitel 13
Zuhause
Liza hörte den Ratschlägen der Stewardess gar nicht mehr zu, die erzählte, was im Falle eines »unvorhergesehenen strukturellen Bruchs« während des Flugs unterhalb der Umlaufbahn zu tun sei. In einer Atmosphäre von .01 konnte man eigentlich wirklich nicht mehr viel machen, was sollte also das Gerede? Außerdem war die Reise viel schneller möglich geworden, als Liza erwartet hatte. Sie hatte also jede Menge andere Dinge zu bedenken. Zum Beispiel, was sie zu David sagen würde, wenn sie ihn sah? Was war, wenn er sie wirklich nicht sehen wollte? Was war, wenn er seine Forschungen abgeschlossen hatte, ehe sie dort ankam, und wieder nach Omura zurückgekehrt war, wie Mia es angedeutet hatte?
Diese Möglichkeiten ließen einen bloßen strukturellen Bruch im Flugzeug zu einer trivialen Kleinigkeit schrumpfen. Um sich zu beruhigen, berührte Liza die Goldkette, die sie um den Hals trug und die mit drei perfekten Diamanten geschmückt war. Oder, genauer gesagt, mit drei perfekten Diamantimitaten.
Liza war zur Planung ihrer Reise zunächst zu ihrer Beraterin gegangen. Da sehr
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