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Liebe, fertig, los!: Roman (German Edition)

Liebe, fertig, los!: Roman (German Edition)

Titel: Liebe, fertig, los!: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Gibson
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an, ihn k. o. zu schlagen. Sie schaute prüfend an sich hinab, und die Hitze schoss ihr ins Gesicht. Ihr weiter grüner Kimono klaffte bis zum Gürtel auf und entblößte peinlich viel Dekolleté und ihren gesamten rechten Brustansatz. Entsetzt griff sie nach dem Stoff und hielt ihn vorn zu.
    »Lass ruhig«, meinte John. »Der Anblick stimmt mich vielleicht versöhnlicher.«
    »Auf deine Versöhnlichkeit pfeif ich«, stieß sie hervor und duckte sich unter seinem Arm hindurch. »Ich ziehe mich jetzt an. Du solltest lieber gehen.«
    »Ich rühr mich nicht vom Fleck«, versprach John, drehte sich um und sah ihr nach, wie sie durch den Flur eilte. Er kniff die Augen zusammen, als er das Wiegen ihrer Hüften und das Flattern ihres Kimonosaums um ihre nackten Fußknöchel registrierte. Am liebsten hätte er sie erwürgt.
    Er durchquerte das Wohnzimmer, schob eine spießige Spitzengardine beiseite und starrte aus dem Fenster. Er hatte ein Kind. Eine Tochter, die er nicht kannte und die ihn nicht kannte. Bis zu dem Moment, als Georgeanne seinen Verdacht bestätigt hatte, war er sich nicht restlos sicher gewesen, dass Lexie von ihm war. Jetzt wusste er es, und die Erkenntnis brannte ein Loch in seine Seele.
    Seine Tochter . Er kämpfte gegen das starke Bedürfnis an, schnurstracks über die Straße zu marschieren und Lexie zurückzuholen. Er wollte einfach nur dasitzen und sie anschauen, sie beobachten und ihr Stimmchen hören. Er wollte sie berühren, wusste aber, dass er das nicht tun würde. Vorhin war er sich neben ihr grobschlächtig und unbeholfen vorgekommen, ein großer, starker Mann, der vulkanisierte Hartgummischeiben
mit hundert Sachen übers Eis schoss und seinen Körper als menschliche Dampfwalze einsetzte.
    Seine Tochter . Er hatte ein Kind. Sein Kind. Die Wut in ihm wurde größer, doch er hielt sie mit seiner strengen Selbstdisziplin in Schach.
    John drehte sich um und lief zum Backsteinkamin. Auf dem Kaminsims stand eine Reihe Fotos mit den unterschiedlichsten Rahmen. Auf dem ersten Bild saß ein kleines Mädchen im Babyalter auf einem Hocker, klemmte sich den Saum seines T-Shirts unters Kinn und suchte mit seinem plumpen Zeigefingerchen seinen Bauchnabel. Er betrachtete das Bild genau und wandte seine Aufmerksamkeit den anderen Aufnahmen aus verschiedenen Lebensphasen Lexies zu.
    Fasziniert von der Ähnlichkeit mit ihm griff er nach einem Bild, auf dem sie noch ein Kleinkind mit blauen Augen und rosigen Pausbacken war. Das dunkle Haar stand oben am Kopf ab wie ein Staubwedel, und die kleinen Lippen waren gespitzt, als wollte sie dem Fotografen ein Küsschen geben.
    Eine Tür am Ende des Flurs klappte. Er ließ das Foto mit dem schmalen Rahmen in die Tasche gleiten, drehte sich um und wartete auf Georgeanne. Als sie den Raum betrat, fiel ihm auf, dass sie sich die Haare zu einem glatten Pferdeschwanz zurückgebunden hatte und einen weißen Sommerpulli trug. Ein hauchzarter Rock hing bis zu ihren Knöcheln herab und schmiegte sich an ihre langen Beine. Sie trug weiße Sandalen mit Bändern, die kreuz und quer über ihre Waden geschnürt waren. Ihre Fußnägel waren dunkelviolett lackiert.
    »Möchtest du einen Eistee?«, fragte sie, als sie mitten im Raum stehen blieb.
    Unter den gegenwärtigen Umständen überraschte ihn ihre Gastfreundschaft. »Nein, keinen Eistee«, lehnte er ab und hob
den Blick zu ihrem Gesicht. Er hatte eine Menge Fragen, auf die er Antworten brauchte.
    »Setz dich doch«, bot sie an und machte eine einladende Handbewegung zu einem weißen Korbsessel, der mit weichen Rüschenkissen übersät war.
    »Ich stehe lieber.«
    »Nun, mir wäre lieber, wenn ich nicht zu dir aufschauen müsste. Entweder setzen wir uns und reden darüber, oder wir besprechen es überhaupt nicht.«
    Sie war knallhart. In seiner Erinnerung war sie nicht so. Die Georgeanne in seiner Erinnerung war eine Quasselstrippe, die gezielt Männer aufgeilte. »Na schön«, gab er nach und ließ sich lieber auf der Couch nieder als auf dem Sessel, dessen Stabilität er nicht traute. »Was hast du Lexie über mich erzählt?«
    Sie nahm den Korbsessel. »Nichts«, antwortete sie mit ihrem texanischen Akzent, der nicht ganz so stark war wie in seiner Erinnerung.
    »Hat sie denn nie nach ihrem Vater gefragt?«
    »Ach das.« Georgeanne lehnte sich in die Blümchenkissen und schlug die Beine übereinander. »Sie glaubt, dass du gestorben bist, als sie noch ein Baby war.«
    Diese Antwort ärgerte John, überraschte ihn aber nicht.

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