Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe in groben Zügen

Liebe in groben Zügen

Titel: Liebe in groben Zügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Kirchhoff
Vom Netzwerk:
Augen hielt wie Franz auf seinen Wegen, in der anderen Hand einen Kugelschreiber aus dem Goldenen Adler in Unterried – nein, er schenkte sich nichts. Die Geschichte von Franz und Klara, vorletzter Akt. Ein Tag im umbrischen Juni, in den Ölbäumen die Hysterie der Zikaden, an- und abschwellend mit jähen Pausen, in der Stille nur noch Franz’ und Klaras Atem, er mit Blättern auf den Augen gegen die Sonne, Klara hat ihren Arm angeboten, aber er will den Arm nicht. Wie lange kennen wir einander? Sätze, die er in einem Zug schrieb, wie ein Tauchen; das Luftholen ein Espresso, danach eine ganze Passage, die schickte er an Vila, da war es schon Abend, Zeit für das Lokal, in das sie ihn geführt hatte. Der Wirt erkannte den Gast wieder, er schlug einen Rombo vor, den Schattenfisch. Nach dem Essen dann erneut der Balkon, wieder in Gesellschaft des alten Paars, angekommen in der Hütte, sie aber auf dem Weg zu einem Bach, Wasser zu holen, er allein, Laub auf den wehen Augen, darunter die Erinnerungen, eine vor allem, zäh wie das Blut um seine Pupillen. Er und Klara am Mincio, ein noch warmer Herbsttag. Franz meint ihre Stimme von damals zu hören, seine eigenen Worte, Eile in schnellem Lauf, mit leichtem Schritt, freudig munter den Weg der Seligkeit hinauf! Die liebste Schwester, sie ist bei ihm, auch wenn sie weg ist, ein Schemen zum Anfassen, er spricht leise ihren Namen aus, Chiara, wieder und wieder. Die Sprache ist eine Haut, und er reibt sich mit seinem Geflüster an ihr; bis zur Seligkeit das Flüstern ihres schönen Namens.
    VILA – noch erschlagen von einer Nachtfahrt, aber wie durch Gebrüll auf die Beine gebracht von Musik aus einem CD-Player, Vivo e vivo, als wollte man ihr auf die Sprünge helfen, jawohl, ich lebe – ärgerte sich, wie teuer es war, in einem Betonhotel mit getönten Scheiben eine Mail auszudrucken, ein Ärger an der Rezeption, wo neben Ferrari-Modellen die Musik lief, schon vormittags mit Vivo e vivo, während sie Mühe hatte, das Geld abzuzählen. Ihre Augen brannten, auch wenn nur Renz am Steuer war, fast ohne Pause bis zur Fähre nach Sizilien, aber kurz nach dem Übersetzen hatte er am erstbesten Hotel gehalten, bei Spadafora, einem Nullort zwischen grauem Strand und der Autobahn, und nun hatten sie dort für eine Nacht ein Doppelzimmer mit quadratischem Fenster und gelblichem Vorhang. Renz war dann gleich ins Bett gegangen, sie noch in ihre Mails, in die man ja auch ging, und eine wollte sie schwarz auf weiß, zwei Blatt, und dafür vier Euro: der schon teure Anfang einer Woche, die erst noch richtig teuer würde, weil sie von unterwegs im schönsten Hotel Palermos einen Deluxe Room gebucht hatten, eine Idee aus Renz’ Größenwahn in dem Jaguar und ihrem Gefühl von Verlassenheit, nur beim Öffnen der einen Mail für Augenblicke verflogen.
    Sie nahm den Ausdruck, der auch noch blass war, und legte das Geld hin, mit Steuern sogar vier Euro achtzig, da war schon wieder ein Schein weg, und sie glaubte zu verarmen, als sie mit ihren Blättern auf die Straße vor dem Hotel trat. Eine Frau jenseits der einfachen, fließenden Jahre, zwar mit festem Vertrag, aber ohne einen Menschen, der sie festhielt, dazu mit schwankendem Gehalt; sie konnte nur noch Stunden abrechnen, Fahrten zu irgendwelchen Kandidaten, Dauer der Gespräche und das Erstellen einer Beurteilung, die dem Moderator schon alle Fragen nahelegte. Und Renz, der hatte jetzt neue Buy-out-Verträge statt Wiederholungshonorare, da kam gleich die Steuer, und die Villa Igiea in Palermo (Italien ohne Mangel an noblen Hotelvillen) war im September noch hochsaisonhaft teuer, aber es musste dieses Haus sein: Dort wird alles gut, hatte er schon vor Perugia gesagt, ohne zu wissen, was eigentlich schlecht war, und von ihr dazu kein Wort, als würde sie schlafen, Kaspers alte Hundedecke unter dem Kopf. Sie ging über den Parkplatz, in der Hand eine Stofftasche, bedruckt mit lauter Dingen, wie sie normalerweise in einer Tasche sind, Telefon, Schminkzeug, Geld, Schlüssel: das Geschenk der Wilfingers, mehr Gag als Design, nur geeignet für die zwei Blätter. Ein Pärchen kam ihr entgegen, noch keine dreißig, aber schon ältlich, müde; ein Hotel für Unbehauste, Monteure, Nordafrikaner, Liebende ohne Heim. Mit einem Arm über den Augen – sie hatte die Sonnenbrille im Zimmer vergessen – sah sie sich die Umgebung an, als müsste sie hier Urlaub machen. Das Hotel lag unterhalb eines kahlen, verbrannten Berges, schwarze Fenster zu schwarzem

Weitere Kostenlose Bücher