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Liebe in groben Zügen

Liebe in groben Zügen

Titel: Liebe in groben Zügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Kirchhoff
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Knacken, ein Fiepen – nur junge Hunde, die nicht weiterwissen, die am Ende sind, stoßen solche Töne aus, und sie machte, dass sie auf die Beine kam, ihre hellen schweißnassen Beine. Mit den Schuhen in der Hand lief sie vor dem Jaulen davon, erst über scharfe Kiesel, dann weichen Asphalt, an den Füßen ein Brennen wie in den Augen – Klara mit Mail in der Tasche und Teer an den Sohlen, ihr Eindruck von sich.
    In der Hotelhalle dann schon Mittagsstille, nur eine Afrikanerin, die den Boden feucht wischte, ein schläfriges Tun, und auf einem weißen Kunstledersofa zwei Kinder in Skatermontur mit einer Playstation, die Blicke Momente lang bei der Frau, die nicht ins ruhige Mittagsbild passte; vor der offenen Fahrstuhltür der Wischwassereimer. Und in der Spiegelwand der Kabine ein nahezu fremdes Gesicht, kleine, vom Weinen verfärbte Augen, ein enger Mund, fettiges Haar.
    Warme Luft zog durch das gekippte Fenster ins Zimmer, als Vila hereintrat, der Vorhang über die eigene Mitte geneigt. Renz schlief. Er lag nackt auf dem Bett, Kingsize wie das Bett, in dem sich Katrin von der Abtreibung erholt hatte. Sie zog den einzigen Stuhl, eine Metallkonstruktion, an das Bett und setzte sich, eine Angehörige im Krankenzimmer, wenn das Kind, der Mann, der Bruder flach atmend zwischen Leben und Tod schwebt. Renz lag auf dem Rücken, die Arme ausgebreitet, wie ein einziger stummer Anspruch, seidustetsfürmichda – wie viel von Franz oder Klara in einem braucht es, um mit dem anderen alt werden zu wollen? Sie stand auf und ging duschen. Als sie zurückkam, nur flüchtig angezogen, lag Renz auf der Seite, mit einem Bein ins Laken verwühlt, und sie befreite das Bein und bedeckte die helle Hüfte, das Geschlecht im grauen Haarkranz. Bist du wach, ich will dir etwas erzählen, sagte sie wie zur Probe, und er griff nach ihrem Arm, Wo warst du? Renz wollte sie aufs Bett ziehen, aber sie trat ans Fenster, und er drehte sich wieder auf den Rücken, fast erschöpft von dem bisschen Bewegung, er würde lange vor ihr sterben, keine Frage, und doch wäre sie dann schon aus jedem Rennen, eine Unbeachtete. Ich war draußen vor dem Hotel und habe eine Mail gelesen, die man mir an der Rezeption ausgedruckt hat, viel zu teuer. Zwei Seiten von unserem Mieter.
    Und was will er, fragte Renz.
    Er will nichts, er hat nur etwas über Franz und Klara geschrieben. Soll ich es vorlesen? Sie holte die Blätter aus der Gagtasche, doch Renz schien schon wieder zu schlafen, einen Arm über den Augen, der Atem leise pfeifend, also legte sie sich zu ihm, auch auf den Rücken – in der Zimmerdecke feine Risse, der Ätna war nicht weit, die ganze Gegend eine Unruheregion. Sie schloss die Augen, die Blätter jetzt auf dem Bauch. Unten vor dem Fenster Telefonklingeln, dann eine Männerstimme, konspirativ, und plötzlich Wörter, die ihr entgegenkamen, Come si chiama Sua moglie? Frage an einen Mann im Bett, sein Kopf weiß verbunden, und er nur: Monica, ein Sekundentraum. Liebe war so einfach, wenn die Voraussetzungen stimmten. Sie nahm die beiden Blätter und fächelte damit. Dieser stille, labyrinthische Mittag – Schläfst du? Sie sah zu Renz, er kaute seine Lippen, und sie holte ihre Lesebrille und zog den Vorhang auf und trat mit den Blättern neben das getönte Fenster. Überschrift: Die Geschichte von Franz und Klara, vorletzter Akt. Franz, nur noch Haut und Knochen, in einer Hütte aus Zweigen und Laub, versorgt von seiner Lieblingsschwester, damit er noch einmal auf die Beine kommt. Aber du kannst es auch selbst lesen.
    Wieso ging das an dich? Renz schirmte die Augen ab gegen das Licht. Er hätte es auch mir schicken können, ich habe ihm geschrieben, nicht du. Dass er wieder ins Haus kann und wir nach Sizilien fahren, von dort zurück nach Frankfurt.
    Warum hast du ihm das geschrieben? Vila sah durch die getönte Scheibe. Die zwei Kinder mit der Playstation standen vor dem Hotel, daneben die junge Mutter. Es geht ihn nichts an, wo wir hinfahren. Ich lese es jetzt vor, hörst du zu? Sie lehnte den Kopf an die Scheibe und las die Seiten, wie Renz ihr manchmal Drehbuchstellen vorlas, sachlich, ohne Schauspielerei; nur einmal blickte sie auf und sah, dass er sich mit dem Laken zugedeckt hatte. Den letzten Satz kannte sie auswendig, aber schaute aufs Blatt – wir beide sind das, sagte sie: das Kästlein, das besser zubleibt, sind wir. Stell dir vor, wir wüssten plötzlich alles vom anderen, wir könnten uns nur auf der Stelle trennen, nicht wahr? Sie

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