Liebe klopft nicht an
Abend spielte.
Ein Blick zum Zeltausgang verriet Amy, dass die Sonne bald untergehen würde.
»Möchtest du auch ins andere Zelt, oder wollen wir vorher unsere Wünsche in den Himmel schicken?«, erkundigte sich Cole.
»Wünsche in den Himmel schicken?«, wiederholte sie verwirrt.
»Die chinesischen Laternen am Strand«, antwortete er. Amy schüttelte den Kopf.
»Ich habe keine Ahnung, was du mir damit sagen willst«, gestand sie.
»Dort wo die Klippen immer flacher werden, befindet sich ein wunderschöner Strand. Man hat eine kleine Bar aufgebaut und die Gäste können chinesische Laternen in die Luft steigen lassen, mit denen sie dem Brautpaar Glück wünschen.«
Jetzt verstand Amy endlich, was er meinte. Sie hatte schon öfter Berichte über diese Art von Laternen gesehen, aber nie eine zu Gesicht bekommen. Soviel sie wusste, funktionierten diese nach dem Prinzip eines Heißluftballons. Eine unten geöffnete Reispapiertüte, die mit hauchdünnen Drähten zu einem hohen Zylinder aufgespannt war, wurde mithilfe eines mit Wachs überzogenes Stück Stoffs in den Himmel geschickt. Das entzündete Wachs ließ diese Art von Ballons bis zu 400 Meter in den Himmel steigen.
Es war sicher ein Spektakel, mehrere dieser Laternen in den Nachthimmel aufsteigen zu sehen. Amy nickte zustimmend.
»Ich bin dabei«, sagte sie lächelnd. Cole erwiderte ihr Lächeln und erst jetzt fielen ihr die tiefen Grübchen in seinen Wangen auf, die sich dabei bildeten.
Amy musste zugeben, dass auch Cole sehr gut aussah. Völlig anders als Taylor, aber nicht weniger attraktiv. Seine goldblonden Haare trug er heute offen und sie fielen ihm fast bis auf die Schultern.
Der Tag am See hatte ihm eine dezente Bräune verliehen, die seine aquamarinblauen Augen noch kräftiger leuchten ließen. Seine hohen Wangenknochen und das kantige Kinn gaben ihm ein sehr maskulines Aussehen.
»Wir sollten aber noch etwas warten, bis es dunkler ist«, stellte er fest, während sie ihn eingehend musterte. »Hast du Lust das Tanzbein zu schwingen?«
»Das Tanzbein schwingen?« Amy lachte. »Ich glaube, wir waren zu lange am Tisch mit diesen alten Leuten, denn du hörst dich mittlerweile genau wie sie an.«
Er grinste und knuffte sie leicht in die Schulter.
»Möchtest du tanzen?«, formulierte er seine Frage neu.
Amys Lächeln verblasste und sie sah erschrocken auf. Sie tanzte wirklich gerne, wenn man planloses Rumzappeln so nennen konnte. Wenn es jedoch um Standardtänze ging, war sie eine absolute Niete. Sie brachte gerade einmal einen Foxtrott zustande, das war es aber auch schon.
Cole schien ihre Gedanken zu lesen und grinste.
»Die Band muss wirklich gut sein, wie ich gehört habe. Die spielen fast ausschließlich poppige Songs«, beruhigte er sie. Amy nickte unsicher. Vielleicht würde es ja doch noch ein lustiger Abend werden.
Gerade als sie aufstehen und sich auf den Weg ins Tanzzelt nebenan machen wollten, kam einer der Securitymänner auf Amy zugeeilt.
Er bellte Befehle in sein Mikrofon und hatte den Blick starr auf sie gerichtet, während er immer näherkam.
»Ms Garner?« Der große, muskulöse Mann blieb direkt vor ihr stehen und sah fragend auf sie herab.
»Ja?«, krächzte Amy eingeschüchtert und fragte sich, was er von ihr wollte.
»Ein gewisser Mr Silver hat sich Zutritt auf das Gelände verschafft und besteht darauf, sie zu sprechen. Er sagt, er wäre ihr Lebensgefährte und es sei dringend.«
Amys Herz setzte für einen Schlag aus. Dylan war hier? Aber wie war das möglich? Woher wusste er, wo er sie finden konnte? Amy hatte ihm nicht gesagt, dass sie verreisen würde und außer Jessica wusste niemand, wo sie war. Nicht einmal ihrem Chef hatte sie verraten, wohin sie fahren würde.
Als sie nicht sofort antwortete, fuhr der Sicherheitsmann fort: »Möchten sie mit ihm sprechen, oder sollen wir ihn vom Gelände entfernen?«
Während sie angestrengt überlegte, was sie jetzt tun sollte, bemerkte sie, wie Cole sie neugierig von der Seite musterte.
»Ms Garner?« Der Securitymitarbeiter schien angesichts ihres Schweigens unruhig zu werden.
»Ja, ich ... also ... ich werde mit ihm reden«, antwortete sie schließlich. Der Mann nickte zufrieden.
»Wenn Sie mir bitte folgen wollen.«
»Ich bin gleich wieder zurück«, sagte sie an Cole gewandt, auf dessen Stirn sich eine tiefe Falte gebildet hatte. Dann folgte sie dem Mann nach draußen. Einige Gäste sahen ihr neugierig nach und manche von ihnen tuschelten geheimnisvoll
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