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Lieber Onkel Ömer

Titel: Lieber Onkel Ömer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Haken.
    Ich verstand das alles nicht im Geringsten und war sehr verärgert! Ich war doch so vornehm angezogen, aber die Frauen gingen
     die ganze Zeit trotzdem zu den dreckigen Jungs mit kaputten Hosen und Lederjacken!
    Aber dann geschah doch noch ein Wunder. Allah erhörte endlich mein Flehen und schickte mir eine wunderhübsche Frau! Auf einmal
     stürzte sich nämlich eine Hell-Anglerin mit einem Lederrock und Sicherheitsnadel im Ohr voller Elan auf mich und zerriss meinen
     schönen Anzug blitzschnell in tausend Stücke. Diese hübsche Frau konnte anscheinend keine Sekunde mehr warten, mich nackt
     zu sehen. Plötzlich eilte ihr auch noch ein männlicher Hell-Angler zu Hilfe, und die beiden machten meinen schönen Nadelstreifenanzug
     total kaputt. Nach einer Minute sah ich schlimmer aus als alle hellen Angler im Raum zusammen. So als hätte mich eine wilde
     Kamelherde zertrampelt. Wenn meine Frau Eminanim mich so gesehen hätte, hätte sie garantiert gedacht, dass ich einen längeren
     Dialog mit den lieben Skinhääds am Hauptbahnhof gehabt hätte.
    |47| Ich konnte mich nicht mal rächen, weil diese beiden Kreaturen sowieso schon wie Penner aussahen. Es war ein Ding der Unmöglichkeit,
     deren Fetzen noch mehr zu zerreißen.
    Bevor ich fragen konnte, warum sie mich zur Sau gemacht hatten, was ich denn so Schlimmes verbrochen hätte, klopfte mir der
     männliche Hell-Angler auf die Schulter und knurrte:
    »So, Alta, nun versuch doch mal dein Glück bei den Frauen. In dieser Aufmachung könnte es vielleicht klappen!«
    Mit hängenden Schultern und hängender Brusttasche stotterte ich völlig verwirrt:
    »Danke für deine Mühe, mein Junge. Das wäre doch wirklich nicht nötig gewesen. Wie heißt du denn?«
    Während er und das Mädchen sich langsam wieder zu ihren Saufbrüdern in die Pfütze legten, lallte er auf Türkisch:
    »Mustafa heiße ich, Opa, Mustafa. Hävy-Metäl-Mustafa!«
    In dem Moment kam Nedim wieder und bekam einen Schock:
    »Osman, wer hat dir das denn angetan? Wer hat dich so erbarmungslos zugerichtet?«, fragte er besorgt.
    »Nedim, du Kulturbanause«, habe ich ihn ausgelacht. »Du hast ja wirklich von nichts ’ne Ahnung! Das ist ein ganz altes Ritual
     hier am Rhein. Im Karneval reißen die Frauen den Männern die Anzüge vom Leib, weil sie so wild auf sie sind. Was meinst du
     wohl, warum hier alle Männer nur in Lumpen rumlaufen.«
    »Soviel ich weiß, schneiden die Elses beim Karneval den |48| Männern nur ihre alten Schlipse ab, und das auch nur am Donnerstag«, stotterte er verwirrt.
    »Das stimmt, aber das machen nur diejenigen Elses, die während des Karnevals mit mehreren Männern gleichzeitig in die Kiste
     gehüpft sind. Sie sammeln diese abgeschnittenen Krawatten und nehmen sie mit nach Hause, um anhand der DNA-Spuren später den
     Vater des Kindes ausfindig zu machen. So doof sind sie nämlich auch nicht!«, klärte ich Nedim über den Karneval auf.
    »Hilft das denn wirklich?«, fragte Nedim erstaunt.
    »Ja. Aber nur, wenn die Frau aus Versehen mit ihrem eigenen Ehemann in die Kiste gesprungen ist«, meinte ich.
    Plötzlich hob mein neuer Freund Hävy-Metäl-Mustafa den Kopf und sagte:
    »Moruks, ich will euch ja nicht enttäuschen, aber das hier ist nicht der Karneval, sondern ein Hävy-Metäl-Festival! Und ihr
     seid auch nicht in Köln, sondern fast in Dortmund!«
    »Danke, mein Junge, ich hab mir schon fast gedacht, dass wir etwas zu weit gefahren sind und bei einem Hävy-Metäl-Festival
     gelandet sind, also so einem Karneval für Minderjährige«, sagte Nedim kopfschüttelnd, »ich frage mich nämlich seit Stunden,
     warum wir dieses Mal nicht ständig von besoffenen alten Omas abgeknutscht werden und woher die ganzen hässlichen Mannsweiber
     mit ihren billigen Tatuus kommen, die einem ihre ungewaschenen Haare ins Gesicht schleudern! Aber die Musik ist genauso bescheuert,
     nur noch lauter!«
     
    Lieber Onkel Ömer, zu allem Überfluss habe ich dort auch noch meinen Ehering verloren. Ich hoffe, dass ich Dir |49| nächstes Mal von meiner jährlichen Studienreise zum Karneval bessere Nachrichten übermitteln kann.
    Ich küsse Dir, Tante Ülkü und allen Älteren in unserem schönen Dorf ganz herzlich mit großem Respekt die erfahrenen Hände
     und allen Jüngeren mit viel Liebe die hübschen, unschuldigen Augen.
    Eminanim und die Kinder grüßen Euch selbstverständlich auch und küssen den Älteren mit viel Respekt die Hände und den Jüngeren
     mit viel Liebe die

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