Liebes Glück - Ein Ashley Stockingdale Roman (German Edition)
so, als würden sie mich Gliedmaße für Gliedmaße auseinanderreißen. Und im Unterschied zu den Berglöwen von Palo Alto wird keine Umweltaktivistengruppe kommen, um mich zu retten. Meine Mutter sagte immer: „Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst.“ Sicher. Und sie sagte auch: „Liebe ist nicht blind – sie ist taub, stumm und dämlich.“ Heißt das also, dass ich Augen und Ohren vor Kevins Familie verschließen und meinen Mund halten soll? Oder heißt das, dass es eine große Dummheit von mir wäre, mich vor Gott und der Menschheit mit ihnen für immer zu verbinden? Schwer zu sagen.
Ich lege einen Schritt zu, bevor ich mich noch dazu verleiten lasse, einfach anzuhalten und meine Verpflichtungen zu vergessen. Wenn ich mich doch nur auf die Suche nach neuen Handtaschen begeben und den ganzen Rest einfach hinter mir lassen könnte. Meine Probleme würden sich augenblicklich auflösen – in Handtaschen, auf denen der Name Michael Kors aufgedruckt ist, oder solchen aus Nappaleder von Cole Haan . Ich seufze verträumt. Ich hasse es, pleite zu sein.
Als ich bei Kevin ankomme, sehe ich seine Schwester in Matt Callaways Mazda Miata einsteigen und mit einem unverkennbaren Grinsen in meine Richtung davonfahren. Bei dem Anblick wird mir ganz flau im Magen und ich muss an Kay denken, die jetzt zu Hause fröhlich durch die Küche tanzt, nach ihrem ersten Date seit-ich-weiß-auch-nicht-mehr wie lange. Ich ziehe die Handbremse an, greife meine Prada -Handtasche (ahh, die guten alten Zeiten) und gehe die Vordertreppe hoch. Kevin ist nirgends zu sehen, also gehe ich einfach rein und beschließe, Kay anzurufen und zu bitten, mich nach Hause zu fahren, falls er schon schlafen sollte.
Als ich die Wohnung betrete, sehe ich, dass Emily eindeutig Spuren hinterlassen hat. An der Wand hängen neue Bilder: eins von Atlantas rötlichen Berglandschaften und ein Gemälde, das wohl die Heimstätte seiner Familie darstellen soll. Ich betrachte das Bild etwas genauer und ein Schmerz wie von stechenden Dornen überkommt mich plötzlich. Was mache ich hier bloß? Ich denke darüber nach, meinen Job aufzugeben; mein Bankkonto ist auf ein Nichts zusammengeschrumpft – und das alles für eine Familie, die alles hasst, was mich ausmacht. Sie hassen meinen Glauben, mein unberührtes Gesicht, meine kollagenfreien Lippen. Laut Emily hätte ich mich inzwischen wenigstens mit Botox behandeln lassen sollen. Aber ein Gift in der Nähe meines Gehirns könnte nur noch mehr Schaden anrichten.
Ts, ich hatte noch nicht einmal eine Laseroperation. Ich bin eine Jungfrau, was Schönheitsoperationen betrifft – und ich hoffe, dass es auch so bleibt! Ich trage immer noch eine Brille, wenn ich am Computer arbeite, wie die schiefzahnige Siebtklässlerin, die noch immer in mir schlummert. Kevin mag ja reines kalifornisches Gold sein, aber seine Familie ist nur Silikon, und Silikon verliert irgendwann an Wert – und Elastizität, wurde mir gesagt. Aber man hat es die gesamte Halbwertszeit am Hals, und die dauert eine Milliarde Jahre. Welch eine Freude!
„Da ist ja mein Mädchen.“ Kevin lehnt sich an den Türpfosten im Flur. Er trägt seinen grünen Arztkittel und strahlt mich verführerischer an als ein Limetteneis am Stiel. Aber das sind nur meine Hormone, die sich in den Vordergrund drängen. Ich muss warten, bis sie sich zurückziehen und die Realität mich wiederhat. Man heiratet die Familie mit.
„Ich dachte, du würdest schlafen“, sage ich zu Kevin, dessen Haare wirr und zerzaust sind.
„Meine Schwester und ich hatten einen Streit. Ich bin viel zu überdreht, um zu schlafen.“ Kevin schüttelt den Kopf und sieht zu Boden. „Ich glaube nicht, dass ich jemals verstehen werde, was sie überhaupt will. Ich weiß, was sie braucht, aber da ist nur wenig, was ich dafür tun könnte. Ich habe Angst, dass sie weiterhin kämpft wie ein Fisch, der nutzlos im Boot hin und her zappelt.“
„Das mit Emily tut mir wirklich leid. Ich habe die ganze Sache nicht besser gemacht.“ Ich konzentriere mich auf das neue Gemälde. „Das mit den Hochzeitsplänen tut mir auch leid, und dass nichts so gelaufen ist, wie es hätte laufen sollen. Dieses Ereignis hat sich als totales Fiasko entpuppt. Ich nehme an, das war zu erwarten. Ich lebe nicht gerade ein bezauberndes Leben.“ Ich konzentriere mich auf Kevins grüne Augen und mein Herz pocht, aber ich muss es einfach aussprechen. „Vielleicht bin ich ja zu alt, um zu heiraten. Vielleicht ist das dafür
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